Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
hatte es nicht gewagt, sie anzusprechen. Als Sara damals gestorben war, hatte er mit niemandem reden, niemanden um sich haben wollen und Cilai hatte das verstanden. Sie verdiente nun dasselbe Verständnis, denselben Respekt vor ihren Gefühlen und Bedürfnissen. Nun, da es ihr besser ging, konnte er sich ihr durchaus wieder nähern, doch aus einem ihm unerfindlichen Grund brachte er es nicht über sich, beobachtete sie nur vom Weiten und schenkte ihr ein Lächeln, wenn sich ihre Blicke kreuzten.
Sie war kein Kind mehr, wie er erneut feststellte, als er sie dabei beobachtete, wie sie mit Rian spielte. Sie war irgendwann und ohne dass er es bemerkt hatte, zu einer hübschen Frau gereift, die durchaus das Interesse der Männer um sie herum auf sich ziehen konnte. Leon hatte es bei seiner Wiederbegegnung mit ihr nicht wahrhaben wollen, aber auch er fühlte sich auf ganz natürliche Weise zu ihr hingezogen. Er würde deswegen niemals die Grenzen ihrer Freundschaft überschreiten, so viel war sicher, aber die Beziehung zwischen ihnen hatte sich dennoch ein wenig verändert. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er so lange Zeit den Kontakt zu ihr und ihrer Familie gemieden hatte, um die so schreckliche gemeinsame Vergangenheit hinter sich zu lassen. Manchmal brauchte es nur ein paar Jahre, um sich einer anderen Person zu entfremden, sie mit anderen Augen zu sehen …
Leon schüttelte innerlich den Kopf über sich selbst. Nein, er würde Cilai nicht mit anderen Augen sehen. Das war er nicht nur ihr sondern auch Sara schuldig. Sara … Was hätte sie zu der Situation gesagt, in die sie alle nun geraten waren? Sie hätte sicherlich mit Feuereifer mitgekämpft und Pläne entworfen, um den Feind endgültig zu besiegen. Sie war immer so energiegeladen, so voller Tatendrang gewesen und mit ihr hätte er sich auch als erstes über diese seltsame Geschichte bezüglich Tibalt und seiner Freunde ausgetauscht. Sie hätte bestimmt ein paar gute Ideen dazu gehabt, ihm dabei geholfen mehr über den Zirkel und seine Machenschaften herauszufinden, zumal sie ja auch damals bereits darin aktiver gewesen war, hinter die Geheimnisse um das Tor und das Spiel zu kommen. Sie hatte selbst in den schlimmsten, kriegerischsten Zeiten weiter nachgeforscht und Leon aufgesucht, um ihn über ihre neusten Entdeckungen zu unterrichten. Er konnte sie beinahe vor sich sehen, die vor Aufregung roten Wangen, die großen funkelnden Augen in diesem puppenhaften Gesicht …
„Ich weiß, dass das ein gänzlich schlechter Zeitpunkt ist, aber ich muss dir das unbedingt erzählen!“ Sara sah sich kurz in dem Zelt um, in dem sich Leon und einige seiner Freunde gerade ihre Rüstungen anlegten. Sie waren erschrocken zusammengezuckt, als die junge Frau mit wehendem Haar und vor Aufregung leuchtenden Augen ohne Ankündigung ins Zelt gestürzt war. Lelan hatte sich sogar scheu sein Hemd vor die nackte Brust gehalten, so als gäbe es da etwas, das er vor den Augen einer Frau zu verbergen hatte.
„Hat das nicht Zeit bis später?“ fragte Leon verwirrt, ließ sich jedoch bereits an der Hand von Sara mitziehen, hinaus aus dem Zelt.
„Nein!“ gab sie energisch zurück und zog ihn weiter mit sich mit, zwischen zwei Zelten hindurch, auf den Rand des Waldes zu, an den ihr Lager grenzte. „Nachher schlägt dir noch jemand beim Training auf den Kopf und du kannst dich dann noch nicht einmal mehr daran erinnern, wie ich heiße.“
Sie lachte, doch er bedachte sie mit einem gespielt vorwurfsvollen Blick. „Sag so etwas nicht“, mahnte er sie. „Das bringt Pech.“
„Ooooh, mein armer, kleiner, abergläubischer Leon“, erwiderte Sara mitleidig und nahm liebevoll sein Gesicht in ihre Hände. „Du weißt doch, dass ich nur Spaß mache.“
„Und du weißt, dass ich deinen Namen nie vergessen könnte“, gab er zurück, umfasste ihre Taille und zog sie dichter zu sich heran. Sie erhob sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn sanft.
„Natürlich nicht – wer könnte das schon?“ grinste sie.
Er lachte und wollte sie wieder küssen, doch sie wand sich rasch aus seiner Umarmung und lief vor ihm weg, in den Wald hinein.
„Komm schon!“ hörte er sie rufen, als er ihr nicht sofort folgte. „Wir sind schließlich nicht hierhergekommen um rumzumachen.“
Leon verdrehte die Augen und setzte sich in Bewegung. „Ganz bestimmt nicht!“ rief er zurück. „Aber können wir das nicht hier klären? Die anderen warten auf mich.“
Sie antwortete nicht, sondern
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