Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
dass er sie an ihr Ziel bringen konnte.
„Warte! Nicht!“ rief sie laut und versuchte ihn einzuholen, doch der kleine Kerl war erstaunlich flink, bewegte sich sehr viel geschickter und schneller durch das dichte Buschwerk als sie.
„Ich bin keine Gefahr für sie!“ rief sie so laut wie möglich. „Für niemanden!“
Der Abstand zwischen ihm und ihr wurde immer größer. Er konnte sie doch nicht so einfach hier zurücklassen, jetzt, wo die Dämmerung anbrach und Leon weit und breit nicht zu sehen war!
„Jedenfalls nicht, solange man mich nicht wütend macht!“ schrie sie weiter und blieb keuchend stehen. Ihre Seiten schmerzten und sie bekam kaum noch richtig Luft. „Aber wenn du abhaust … verhexe ich dich! Ich bin … nämlich auch … eine große Hexe!“
Ihre Worte verhallten – wahrscheinlich ungehört – im Wald. Dann war es wieder still und sie war mutterseelenallein.
„Verdammter Bockmist!“ fluchte sie und trat mit Schwung gegen einen Ast. Nur leider war es keiner, sondern eine tief im Boden vergrabene Wurzel. Der Schmerz schoss heiß durch ihre Zehen, hinauf bis zum Knie und sie ließ sich mit einem Aufschrei zu Boden fallen, um sich den Fuß zu halten. Übelkeit stieg in ihr auf und ihre Ohren begannen zu summen, während sie, sich vor und zurückwiegend, darauf wartete, dass der pochende Schmerz wieder abnahm.
Das Leben war nicht fair – schon gar nicht zu ihr. Am liebsten wäre sie in Tränen ausgebrochen. Aber was brachte das schon, außer weitere Kopfschmerzen. Nein, sie musste sich jetzt zusammenreißen, wieder aufstehen und nun doch noch versuchen, zurück zu dem Weg zu finden, von dem sie gekommen war. Wenn Leon nach ihr suchte – und das tat er ganz bestimmt – dann würde er auch auf demselben zurückkommen und sie würden zwangsläufig aufeinander treffen. Und wenn nicht, würde sie irgendwann ganz bestimmt zu einem Dorf kommen, in dem sie übernachten konnte. Wohin sollte ein Weg sonst führen, wenn nicht in ein Dorf oder eine Stadt? Sie waren doch dafür angelegt worden, die Dörfer zu vernetzen. Das war ein guter Plan. Sie würde dann noch einen weiteren Tag warten und sich erst übermorgen auf den Weg nach Ritvak machen. Das war die Stadt, die sie als Treffpunkt ausgemacht hatten, falls sie sich verloren. Sie musste das ‚Gasthaus zum Bergsee‘ aufsuchen und nach Foralt fragen. Leon würde dann bestimmt auch bald dort auftauchen.
Jenna erhob sich wieder und musste die Zähne fest zusammenbeißen, um nicht zu stöhnen, als sie auf ihren verletzten Fuß auftrat. Es tat höllisch weh. Wahrscheinlich hatte sie sich einen oder bei ihrem Glück sogar gleich mehrere Zehen gebrochen. Ihr blieb aber auch nichts erspart. Sie humpelte ein paar Schritte vorwärts und musste schließlich stehenbleiben, weil ihr Zeh so unerträglich pochte, dass ihr erneut ganz übel wurde. So ging das nicht. Sie brauchte eine Krücke.
Jenna sah sich kurz um. In ihrer Nähe lagen ein paar längere Äste, von denen ein paar recht stabil aussahen und auch eine Gabel besaßen, die ganz gut in ihre Axelhöhle passte. Sie hüpfte zu ihnen hinüber, packte sich einen davon und hatte dieses Mal sogar Glück. Er hatte exakt die richtige Länge. Jenna wagte ein paar Schritte mit ihrer ‚Krücke‘ und atmete schließlich erleichtert auf. Der Ast war stabil genug, um ihr Gewicht zu tragen. Das war ja schon mal etwas.
Jenna machte sich erneut auf den Weg, doch auch mit der Krücke war es immer noch furchtbar schwer, sich durch das Unterholz und die üppige Vegetation in diesem Teil des Waldes zu kämpfen. Nach einer Weile war sie in Schweiß gebadet, die Hand, die die Krücke umklammerte, wund gescheuert und die Muskulatur ihres stärker belasteten Beins so überfordert, dass es langsam zu zittern begann. Sie konnte nicht mehr. Schon nach so kurzer Zeit. Sie konnte ohne Hilfe nicht weitergehen und schon gar nicht den Hang hinaufklettern.
Da waren sie, die Tränen, die sie nicht hatte vergießen wollen. Sie stiegen viel zu rasch in ihren Augen und ließen ihre Umgebung verschwimmen und als nun auch noch die ersten Mücken um sie herum schwirrten und sie stachen, fingen sie an zu laufen.
„Verschwindet ihr Scheißviecher!“ brüllte sie die Insekten an und schlug mit ihrer freien Hand um sich. Es half nicht wirklich, sorgte nur dafür, dass sie das Gleichgewicht verlor und sich unsanft auf den Boden setzte. Toll! Damit ging es ihr doch gleich viel besser! Und der verfluchte Zauberstein war auch keine
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