Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
hatte stundenlang nach Jenna gesucht, war den Weg, auf dem er sie verloren hatte, immer wieder auf und ab geritten und hatte sich und sein Pferd an den Rand ihrer Kräfte gebracht. Als die Nacht hereingebrochen war und die Chancen, Jenna zu finden, für den Moment aussichtslos geworden waren, war er frustriert in das erstbeste Dorf geritten, das er hatte finden können, und hatte sich in dem einzigen Wirtshaus dort ein kleines Zimmer gemietet.
Nun saß er unten in der Stube, direkt am Fenster vor einem Teller warmer Suppe, die er kaum herunter bekam, und starrte immer wieder angespannt hinaus in die Dunkelheit. Er wollte die Hoffnung, dass Jenna eventuell ebenfalls hier auftauchen würde, noch nicht aufgeben. Er wusste zwar, dass sie vom Pferd gestürzt war, weil er dieses im Dorf gefunden hatte, doch ihm war auch klar, dass sie nicht tot oder schwer verletzt sein konnte. Sie trug das Amulett bei sich und dieses hatte sie sicherlich beschützt. Schließlich war doch genau das seine Funktion.
Inzwischen bereute Leon seine harschen an Jenna gerichteten Worte zutiefst. Er hätte sich zusammenreißen und seine dummen Gefühle und Gedanken unter Kontrolle bringen müssen. Sie hatten jeder Logik entbehrt und waren völlig ungerechtfertigt gewesen. Warum nur musste er immer wieder zurück in seine alten Verhaltensmuster fallen, sobald er in Stress geriet? Sie vergraulten doch nur die Menschen um ihn herum und stießen so gute Freunde wie Jenna unnötig vor den Kopf. Nein. Er hatte sie nicht nur vor den Kopf gestoßen, sondern sie zutiefst verletzt. Er hatte das in ihren Augen gelesen, bevor sie davon galoppiert war. Zweifelsohne war auch ihr Verhalten kindisch und unreif gewesen und sie trug selbst einen großen Teil Schuld an dem, was ihr passiert war, aber er war nun einmal der Auslöser für ihr Verhalten gewesen. Das ließ sich nicht leugnen und es tat ihm unendlich leid, sie nun in eine solch dumme und unangenehme Situation gebracht zu haben. Allein, draußen in diesem dunklen, wilden Wald übernachten zu müssen ... Wie sollte er das je wiedergutmachen?
Leon seufzte resigniert und rieb sich die müden Augen. Er war so erschöpft und brauchte eigentlich dringend Schlaf. Nur ausgeruht und versorgt mit ausreichend Nahrung hatte er eine Chance, seine Freundin in dieser Wildnis zu finden. Doch seine Sorgen um Jenna und seine Schuldgefühle ließen ihn nicht zur Ruhe kommen. Er nahm aus dem Augenwinkel wahr, dass jemand an ihn herantrat, und sah auf, in das müde Gesicht der Wirtin.
„Schmeckt es nicht?“ erkundigte sie sich gefällig und wies auf den noch gut gefüllten Teller nunmehr kalter Suppe.
„Doch, doch“, beteuerte Leon und zwang sich ebenfalls zu einem Lächeln. „Mir geht es nicht so gut – aber ich werde das bestimmt noch aufessen.“
Ihr war anzusehen, dass sie ihm das nicht abnahm. Sie sagte jedoch nichts mehr dazu und stellte ihm stattdessen einen weiteren Krug mit frischem Wasser auf den Tisch.
„Darf ich fragen, woher Ihr kommt?“ sprach sie ihn an, als er sich schon wieder von ihr abgewandt hatte und sorgenvoll aus dem Fenster sah.
Er schenkte ihr einen irritierten Blick. „Warum wollt ihr da wissen?“
„Nun, Ihr seht weder aus wie ein Tagelöhner noch wie ein Kaufmann“, erklärte die Hausherrin freundlich, „was die meisten unserer Gäste sind.“
„Wie sehe ich dann aus?“ wollte Leon wissen.
„Eher wie ein Krieger, der gerade nicht im Einsatz ist. Aber Ihr seid auch kein Bakitarer, was mich zu dem Schluss führt, dass Ihr eventuell zu …“ Sie sah sich kurz um, als befürchtete sie, dass man sie belauschen könne. Doch die beiden anderen Gäste, zwei sehr viel zerlumpter aussehende Männer, die zwei Tische von ihnen entfernt auf ihren Stühlen saßen, machten nicht gerade den Eindruck, als wären sie auch nur an irgend jemanden hier interessiert. Einer von ihnen lag bereits halbwegs auf dem Tisch und schlief, den Bierkrug mit einer Hand immer noch festhaltend, und der andere machte auch keinen sehr viel wacheren Eindruck.
„… zu der anderen Seite gehört“, hauchte die Wirtin nun.
Leon stieß ein verärgertes Lachen aus. „So kann man sich irren!“ spöttelte er, obwohl die Frau ja eigentlich gar nicht so falsch gelegen hatte. Immerhin hatte er ja einst zu den Truppen Renons gehört. Jedoch war eine solche Äußerung nicht ungefährlich und konnte ihn in Zeiten wie diesen, in denen die ‚Rebellen‘ verfolgt wurden und man keiner Menschenseele vertrauen konnte,
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