Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
in die Gebiete zurückgezogen, die Nadir gehören und verhalten sich zurzeit sehr ruhig.“
„Sie haben endlich gelernt, dass auch mit den Truppen des Königs nicht zu spaßen ist“, behauptete die Schenkin kühn. „Sie werden sich noch wundern, wie schnell man sie zurück nach Allgrizia treiben wird. Von mir aus, können sie alle verrecken.“
„Madela!“ mahnte der Wirt seine Frau und sah sie eindringlich an. „Hüte deine Zunge, solange der Krieg noch nicht gewonnen ist.“
Die Frau lächelte nur und verabschiedete sich dann, um den Abwasch zu machen. Auch der Hausherr wollte gehen, doch Leon konnte das noch nicht zulassen.
„Woher wisst Ihr von dem Kampf in der Harak-Ebene?“ erkundigte er sich rasch.
„Hier kam vorgestern ein junger Soldat vorbei, der offenbar Botschaften von einem Kriegslager zum anderen bringen sollte“, erklärte der Wirt nun etwas leiser als zuvor und sah ebenfalls argwöhnisch zu den anderen Männern hinüber, die immer noch vor sich hin schlummerten. „Er war noch recht jung und unerfahren und ließ sich mehr aus der Nase ziehen, als eigentlich gut für ihn war. Er berichtete uns von den Kämpfen.“
„Wisst ihr, wo er genau hin wollte?“ fragte Leon geradeheraus.
„In welche Gegend? Nein. Er war schlau genug, uns das nicht zu erzählen – nicht dass wir weitergeben würden, wo das Lager der Renon ist, aber es ist besser, solche Dinge für sich zu behalten.“ Er sah Leon prüfend an. „Es könnte ja jemand kommen und neugierig danach fragen.“
„ Ich bin bestimmt kein Feind“, erwiderte Leon mit einem kleinen Lächeln. „Aber ihr habt Recht – solche Informationen gibt man besser nicht heraus. Ich danke trotzdem für alle anderen Auskünfte.“
Der Schenk nickte verhalten und ließ ihn allein. Leon sah erneut aus dem Fenster – dieses Mal jedoch weniger sorgenvoll als grüblerisch. Die neuen Entwicklungen kamen sehr ungelegen, vor allem, da er Jenna verloren hatte und deswegen diesen Ort nicht verlassen konnte. Er musste hier im Wald bleiben, obwohl eine innere Stimme ihm ganz deutlich befahl, loszureiten und sich mit Renons Truppen in Verbindung zu setzen.
Es gab nur wenige Menschen aus dem alten Heer, mit denen Leon sich ab und an traf und von denen er wusste, dass es ihnen möglich war, jemanden aus dem Führungsstab König Renons zu kontaktieren. Eine Person lebte in Xadred, eine andere in Vaylacia und die letzte in Ritvak, einer kleinen Stadt an der südlichen Grenze zwischen Piladoma und Allgrizia. Xadred und Vaylacia waren zu weit entfernt, Ritvak war allerdings in weniger als sechs Stunden zu erreichen, wenn er ein schnelles und ausgeruhtes Pferd besaß – aus diesem Grund hatten er und Jenna diese Stadt ja auch als Treffpunkt gewählt, falls sie sich verloren. Dummerweise gab es einen Haken an dieser Überlegung: Leons Pferd war zwar schnell, aber alles andere als ausgeruht, was die ganze Sache ziemlich erschwerte, denn er war keiner dieser Männer, die sich nicht scheuten, ein Pferd zu Tode zu reiten. So etwas brachte er nicht übers Herz. Davon abgesehen, konnte er Jenna wohl kaum hier in dieser Wildnis allein zurücklassen – ganz gleich, wie sehr die Zeit drängte, mit König Renon in Kontakt zu treten. Sie konnte sich zwar mit Sicherheit noch an den Namen ihres Treffpunktes erinnern, doch wie er sie kannte, würde sie noch eine ganze Weile hier nach ihm suchen.
Was die Geschichten über Mareks Tod anging, wagte er nicht so ganz, diesen zu trauen. In der Zeit, die er bisher in Falaysia verbracht hatte, war es schon oft vorgekommen, dass mächtige Menschen für tot gehalten wurden und dann wieder überraschend aufgetaucht waren. Auch König Renon war einer von diesen Vom-Tode-Auferstandenen. In seinem Fall hatte sich Leon jedoch darüber gefreut, dass das Gerücht nur ein Gerücht geblieben war. Es war dennoch denkbar, dass Marek seinen Verletzungen erlegen war. Es gab bisher keinen Fall, in dem ein Mensch den Angriff eines Drachen überlebt hatte, und soweit Leon Jenna verstanden hatte, war Marek sehr schwer verletzt worden. Sie hatte nicht viel darüber erzählt … eigentlich auffallend wenig …
Wenn er genauer darüber nachdachte, war das schon etwas seltsam. Sie musste nahe bei ihm gewesen sein, um so eine Aussage machen zu können. Aber wann sollte das gewesen sein? War sie nach Ende des Kampfes etwa zurück in das Kriegslager der Bakitarer gekehrt? Immerhin hatte es sehr lange gedauert, bis man Leon zu ihr geführt hatte. Stunden.
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