Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
ausgehen würde.
„Wenn sich jedoch in deiner Welt ein paar magische Energien zusammenschließen und eventuell durch ein ebenfalls magisches Objekt noch verstärkt werden würden, könnte man den Durchgang über längere Zeit relativ stabil halten und das Risiko minimieren. So könnte man sogar mehrere Menschen hindurchschicken. Das würde eine Invasion aus anderen Welten ermöglichen, was in unserer schwierigen politischen Lage prekär wäre.“
„Invasion?“ wiederholte Jenna mit Unbehagen.
„Das muss nicht passieren“, lenkte Kychona sofort ein. „Wir haben solche Unruhen im Energiefeld alle zehn Jahre und meist passiert gar nichts, außer dass die Tiere durchdrehen oder mal ein oder zwei Verlorene durch das Tor stolpern und nicht wissen, wie ihnen geschehen ist. Die wenigsten von ihnen überleben die erste Woche.“
Jenna fasste sich sofort ans Herz. Das war ja schrecklich!
„Ja, du hast schon viel Glück gehabt“, stimmte Kychona ihrer Geste zu. „Oder deine magischen Fähigkeiten haben dich geleitet.“
„Ich hatte den Stein ja nicht gleich“, wandte Jenna ein.
Kychona ließ ihr einen kritischen Blick zukommen. „Liebes Kind, versuche mich nicht für dumm zu verkaufen. Ganz tief in deinem Inneren weißt du genau, wovon ich rede.“
Jenna wollte den Kopf schütteln, doch sie konnte es nicht. Kychona hatte Recht – mittlerweile fühlte auch sie, dass da etwas in ihr war … etwas, das sie von anderen Menschen unterschied … das ihr angeboren war.
„Es ist schwer, zu akzeptieren, dass man anders ist, dass da etwas in einem schlummert, das man sich nicht erklären kann“, sagte die alte Zauberin nun etwas sanfter. „Aber es ist etwas Gutes! Es kann anderen Menschen und auch dir selbst helfen, wenn du lernst es auf die richtige Art und Weise zu nutzen. Und nach dem, was du mir erzählt hast, solltest du das unbedingt tun.“
Jenna öffnete den Mund, doch sie brachte keinen Ton heraus. Es war so schwer, etwas auszusprechen, dass man eigentlich nicht so recht sagen wollte. Kychona lächelte und legte sanft eine Hand auf ihren Fuß.
„Es ist ganz normal, dass du Angst davor hast“, sagte sie verständnisvoll. „Diese Angst wird jedoch verschwinden, wenn du anfängst deine Kräfte zu verstehen und wertzuschätzen.“
Jenna versuchte zuversichtlich zu nicken, doch es misslang ihr gänzlich. Allein darüber zu sprechen, fühlte sich schon befremdlich an.
„Schließ deine Augen“, forderte Kychona sie auf.
Jenna zögerte erneut, doch dann tat sie, was die Alte von ihr verlangte.
„Ich möchte, dass du dir deinen Zeh vorstellst, so wie er jetzt aussieht.“
Jenna runzelte die Stirn, doch schließlich folgte sie Kychonas Anweisung, ließ ein Bild von ihrem kaputten Zeh vor ihrem inneren Auge erscheinen. Sie konnte sich noch gut daran erinnern. Gruselig! Er sah scheußlich aus.
„Gut … und jetzt tauche in ihn hinein, dringe vorsichtig durch das Fleisch, durch Sehnen und Muskeln bis zum Knochen …“
Das wurde ja immer besser! Wieso nur hatte sie eine so bildliche Vorstellungsgabe? Sie konnte in der Tat alles genau sehen. Da war er ja, der Knochen, in der Mitte entzwei gebrochen.
„Wir können das gemeinsam wieder richten“, drang Kychonas Stimme nun wie aus weiter Ferne zu ihr vor, während die vertraute Wärme des Steins in ihre Brust drang, wie ein wohltemperierter Lavastrom durch ihre Adern zu fließen schien.
„Wir können ihn zusammenwachsen lassen … ganz langsam. Stell dir vor, wie er wächst, wie die Enden der Bruchstelle wieder ineinandergreifen … ja, so ist es gut … Siehst du, wie es sich verbindet?“
Ja. Sie konnte es sehen. Vor ihrem inneren Auge verband sich der Knochen ganz langsam. Es war merkwürdig. Ihr echter Zeh hatte begonnen zu kribbeln und zu prickeln und er wurde so seltsam warm. Vielleicht war das ja auch nicht weiter verwunderlich, denn er befand sich unter Kychonas Hand, war zuvor mit einer heilenden Salbe eingeschmiert worden, die das Kribbeln auslösen konnte. Seltsamerweise hatte sich auch Jennas Atmung und Puls beschleunigt und sie fühlte, dass ihr der Schweiß aus allen Poren brach.
„Gut … gut“, hörte sie Kychona keuchen. „Noch ein wenig mehr …“
Was mehr? Was war hier los? Das Bild ihres zusammenwachsenden Knochens verpuffte und Jenna riss die Augen auf, tief Luft holend, weil ihr auf einmal der Sauerstoff fehlte.
Kychona tat dasselbe. Ihr Oberkörper wankte dabei ein wenig zurück und Jenna hielt sie reflexartig am Arm
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