Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
schönes Gasthaus. Man hatte es mit viel Liebe hergerichtet und achtete darauf, dass es in einem guten Zustand blieb. Das war an den frischen Holzbalken zu sehen, mit denen man vermutlich marodes Holz ausgewechselt hatte. Jenna fand, dass es mit seinen blauen Fensterläden und dem hellen Anstrich das schönste Haus des ganzen Städtchens war. Nur den Bergsee dazu hatte sie noch nicht entdecken können, auch nicht als sie direkt vor dem Haus stand und sich genau umsah.
Was sollte sie jetzt tun? Einfach hineingehen und sich nach Leon umsehen? Oder besser gleich nach ihm fragen? Wie war noch gleich, der Name seines Freundes gewesen? Fural … oder so. Mist! Warum konnte sie sich Namen nur so schlecht merken? Sie schüttelte den Kopf, straffte die Schultern und ging beherzt auf die Tür zu. Der Mann war der Besitzer des Gasthauses – wie schwer sollte es da sein, ihn zu finden?
Sie streckte bereits ihre Hand nach der Türklinke aus, als sich die Tür auf einmal von ganz allein nach innen öffnete. Jenna hielt etwas erschrocken inne. Eine junge Frau trat, tief in Gedanken versunken, über die Türschwelle. Sie schleppte einen schweren Eimer mit sich und war gerade in Begriff, diesen mit Schwung auszukippen, als sie Jenna bemerkte. Sie stoppte mitten in der Bewegung, konnte aber nicht mehr verhindern, dass sich zumindest ein Teil des Wassers ab Oberschenkelhöhe über den unteren Teil von Jennas Kleid ergoss.
„Großer Gott!“ stieß die junge Frau entsetzt aus, ließ den Eimer fallen und schlug sich die Hände vor den Mund, während Jenna nach Luft japste. Das Wasser war nicht nur dreckig, sondern auch eiskalt.
Die junge Frau löste sich aus ihrer Starre und machte einen großen Schritt auf sie zu, das hübsche Gesicht zu einer entschuldigenden Miene verzogen.
„Das tut mir so furchtbar leid“, jammerte sie, packte die überraschte Jenna resolut am Arm und zog sie mit sich, hinein ins Wirtshaus.
„Kommt! Ich mache das wieder gut … ich gebe euch ein neues, warmes Kleid“, stammelte sie weiter und steuerte auf eine Treppe zu, die ins obere Geschoss des Hauses führen musste. „Das ist mir ja so peinlich.“
Endlich fand Jenna ihre Sprache wieder. „Ist ja nicht so schlimm“, meinte sie und sah sich rasch um, während sie hinter dem Mädchen her stolperte. Die nassen Beinkleider und der nun sehr schwer gewordene Rock waren schon lästig, allerdings war es zurzeit sehr viel wichtiger, herauszufinden, ob sie sich im richtigen Haus befand und ob sich Leon irgendwo hier herumtrieb. „Ich würde nur gern …“
„Cilai!“ schnitt eine kräftige Männerstimme ihr das Wort ab. „Was genau machst du da?“
Das Mädchen blieb stehen und drehte sich zusammen mit Jenna um. Der Mann, der mit rügender Miene auf sie zukam, war nicht allzu groß, dafür aber kräftig, und hatte ein sympathisches Gesicht, das durch einen dunklen, von grauen Haaren durchsetzten Vollbart beinahe vollständig verdeckt wurde. Warum nur hatten die Männer hier so einen Faible für Bärte? Oder waren sie nur zu beschäftigt, um sich zu rasieren? Nun, was auch immer der Fall war – er wirkte auf Jenna alles andere als bedrohlich und deswegen lächelte sie ihn freundlich an. Er erinnerte sie an einen Lehrer aus ihrer Schulzeit, den sie sehr gemocht hatte.
„Wir hatten einen kleinen Unfall“, gestand Cilai mit sichtbaren Unbehagen. „Ich wollte nur den Schaden wiedergutmachen.“
Der Mann runzelte die Stirn, besann sich dann jedoch schnell wieder und erwiderte Jennas Lächeln. „Ihr müsst entschuldigen, aber ich sehe es nicht gerne, wenn meine Kinder fremde Menschen mit in unsere privaten Gemächer nehmen. Die Treppe zu den Gästezimmern befindet sich nämlich dort drüben.“ Er wies auf eine weitere Treppe gegenüber von der, auf die sie zugesteuert hatten.
„Natürlich“, lenkte Jenna sofort ein und befreite sich von dem Griff des Mädchens. „Es war auch nicht mein Anliegen, ohne zu fragen in Euer Haus einzudringen.“
„Ich wollte ihr eines meiner Kleider anbieten, Vater“, erklärte Cilai nun etwas verärgert. „Weil mir das alles sehr peinlich ist.“
Der Mann musterte Jenna knapp. „Du hast Wasser über ihr Kleid geschüttet? Ich hoffe nicht das, das du zum Wischen des Bodens benutzt hast.“
Oh – Wasser vom Boden. Das wurde ja immer besser. Jenna unterdrückte ihren wachsenden Ekel und zwang sich, weiter zu lächeln. Sie wollte nicht, dass das Mädchen Ärger bekam. Sie sah schon bedrückt genug aus und
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