Falken: Roman (German Edition)
breitet sich am Tisch aus. Er betrachtet Nennt-Mich, der einmal der Schützling von Stephen Gardiner gewesen war, aber er scheint so gut gelaunt wie der Rest. Richard Riche läuft rot an, steht auf und ringt die Hände.
»Soll er fahren«, sagt Rafe, »und wegbleiben. Gardiner ist nicht zu trauen, er wechselt die Seiten nach Belieben.«
»Und gleich wieder«, sagt er. »Er hat eine Zunge wie ein dreizackiger Aalspeer. Erst ist er für den Papst, dann für Henry und demnächst wieder, denkt an meine Worte, für den Papst.«
»Können wir ihm im Ausland trauen?«, fragt Riche.
»Wir können allein darauf vertrauen, dass er wissen wird, wo sein persönlicher Vorteil liegt: im Moment beim König. Und wir können ein Auge auf ihn haben und ein paar von unseren Männern in seinem Tross unterbringen. Master Wriothesley, das können Sie veranlassen, nehme ich an?«
Allein Gregory scheint seine Zweifel zu haben. »Mylord Winchester ein Botschafter? Fitzwilliam sagt, die erste Pflicht eines Botschafters sei, jeden Affront zu vermeiden.«
Er nickt. »Und Stephen tut genau das Gegenteil, richtig?«
»Sollte ein Botschafter nicht ein heiterer, umgänglicher Mann sein? So sagt es Fitzwilliam. Ein angenehmer Gesellschafter sollte er sein, gesprächig und ungezwungen, und die Zuneigung seiner Gastgeber gewinnen. Damit er die Chance bekommt, sie zu Hause zu besuchen, an ihren Tischen zu sitzen, sich mit ihren Frauen und Erben anzufreunden und ihre Haushalte für sich zu korrumpieren.«
Rafes Brauen schießen in die Höhe. »Und das bringt dir Fitz bei?« Die Jungen lachen.
»Es stimmt«, sagt er. »Das ist die Aufgabe eines Botschafters. Ich hoffe, Chapuys korrumpiert dich nicht, Gregory? Wenn ich eine Frau hätte, würde er ihr heimlich Sonette zustecken, ich weiß, und Knochen für die Hunde mitbringen. Nun ja … mit Chapuys ist angenehm zu reden. Er ist nicht wie Stephen Gardiner. Die Wahrheit ist jedoch, Gregory, bei den Franzosen brauchen wir einen entschlossenen Mann, einen Botschafter voller Wut und Tücke. Und Stephen war schon dort und hat sich verdient gemacht. Die Franzosen sind Heuchler, geben sich als Freunde und wollen Geld dafür. Weißt du«, sagt er und schlüpft in die Rolle des Lehrers seines Sohnes, »im Moment haben die Franzosen den Plan, dem Kaiser das Herzogtum Mailand wegzunehmen, und wollen das von uns bezuschusst haben. Und wir müssen ihnen entgegenkommen oder zumindest den Anschein erwecken, sonst besteht die Gefahr, dass sie den Kurs ändern, sich mit dem Kaiser verbünden und uns überwältigen. Wenn also der Tag kommt, an dem sie sagen: ›Liefert das Gold, das ihr versprochen habt‹, brauchen wir einen Botschafter wie Stephen, der dem dreist entgegensetzt: ›Oh, das Gold? Nehmt es von dem, was ihr König Henry bereits schuldet.‹ König François wird Feuer spucken, und doch werden wir auf unsere Weise unser Wort gehalten haben. Verstehst du? Wir sparen uns unsere leidenschaftlichsten Streiter für den französischen Hof auf. Erinnere dich, dass auch Mylord Norfolk dort schon Botschafter war.«
Gregory senkt den Kopf. »Jeder Ausländer würde Norfolk fürchten.«
»Wie jeder Engländer. Mit gutem Grund. Wobei der Herzog einer der riesigen Kanonen der Türken gleicht. Die Explosion ist furchterregend, nur braucht er drei Stunden zum Abkühlen, bevor er erneut feuern kann. Bischof Gardiner dagegen explodiert alle zehn Minuten, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.«
»Aber, Sir«, bricht es aus Gregory heraus, »wenn wir ihnen Geld versprechen und es nicht schicken, was werden sie dann tun?«
»Bis dahin, hoffe ich, sind wir wieder die besten Freunde des Kaisers.« Er seufzt. »Es ist ein altes Spiel, und es sieht so aus, als müssten wir es weiterspielen, bis mir oder dem König etwas Besseres einfällt. Hast du vom letzten Sieg des Kaisers in Tunis gehört?«
»Die ganze Welt spricht davon«, sagt Gregory. »Jeder Christ wünscht, er wäre dabei gewesen.«
Er zuckt mit den Schultern. »Die Zeit wird erweisen, wie glorreich dieser Sieg war. Barbarossa wird bald schon eine neue Basis für seine Piraterie finden, doch mit solch einem Sieg im Rücken und für den Moment ruhigen Türken könnte der Kaiser sich gegen uns wenden und in unser Land eindringen.«
»Aber wie halten wir ihn auf?« Gregory wirkt verzweifelt. »Müssen wir nicht Königin Katherine zurückholen?«
Nennt-Mich lacht. »Gregory beginnt die Schwierigkeiten unseres Geschäfts zu begreifen, Sir.«
»Das Gespräch
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