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Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Launen Gedanken gemacht hast. Wenn er eine neue Frau will, besorge ihm eine. Ich habe es nicht getan, und ich bin tot.
    Thurstons Kuchen muss eine Pleite gewesen sein, denn er steht nicht auf der abendlichen Tafel, aber es gibt eine sehr gute Götterspeise in Form einer Burg. »Thurston ist der perfekte Zinnenbauer«, sagt Richard und tritt gleich in einen Disput mit einem Italiener gegenüber am Tisch ein: Was ist die beste Form für eine Festung, rund oder sternenförmig?
    Die Burg besteht aus roten und weißen Streifen, das Rot ein tiefes Purpur und das Weiß völlig klar, sodass die Wände zu schweben scheinen. Es gibt essbare Bogenschützen, die aus den Mauern linsen und kandierte Pfeile abschießen. Das lässt den zweiten Kronanwalt lächeln. »Ich wünschte, meine kleinen Mädchen könnten das sehen.«
    »Ich schicke Ihnen die Formen nach Hause. Obwohl, vielleicht nicht von einer Festung. Von einem Blumengarten?« Was gefällt kleinen Mädchen? Er hat es vergessen.
    Wenn nach dem Essen keine Boten gegen die Tür hämmern, stiehlt er sich oft eine Stunde, um unter seinen Büchern zu sein. Er hat in allen seinen Häusern welche: in Austin Friars, im Rolls House an der Chancery Lane, in Stepney und in Hackney. Es sind Bücher über alle möglichen Themen. Bücher mit Ratschlägen, was dich zu einem guten Fürsten macht oder zu einem schlechten. Bücher mit Gedichten und andere, die dir erklären, wie du Konten führst, Bücher mit Sätzen für die Verständigung im Ausland, Wörterbücher und Bücher darüber, wie du dich von deinen Sünden reinwäschst, Bücher mit Anleitungen zur Haltbarmachung von Fischen. Sein Freund Andrew Boorde, der Arzt, schreibt eines über Bärte, er ist gegen sie. Er, Cromwell, denkt daran, was Gardiner gesagt hat: Sie sollten selbst ein Buch schreiben, das würde interessant werden.
    Wenn er es täte, würde er es »Das Buch mit Namen Henry« nennen: Wie man ihn liest, wie man ihm dient und wie man ihn am besten schützt. Im Kopf schreibt er eine Einleitung: »Wer soll die öffentlichen wie die persönlichen Qualitäten dieses gesegnetsten aller Männer aufzählen? Unter Priestern ist er gottesfürchtig; unter Soldaten heldenhaft; unter Gelehrten gebildet; unter Höflingen einfühlsam und kultiviert: All diese Eigenschaften besitzt König Henry in einem so bemerkenswerten Ausmaß, wie es seit Anbeginn der Welt nicht gesehen wurde.«
    Erasmus sagt, du sollst einen Herrscher selbst noch für Vorzüge preisen, die er nicht hat. Denn die Schmeichelei gibt ihm zu denken. Und was ihm heute noch fehlt, versucht er sich womöglich zu erarbeiten.
    Er blickt auf, als sich die Tür öffnet. Es ist sein kleiner walisischer Junge, der sich hereinschiebt: »Bereit für Ihre Kerzen, Master?«
    »Ja, mehr als bereit.« Das Licht flackert und legt sich aufs dunkle Holz wie von einer Perle geschält. »Sieh den Hocker da«, sagt er. »Setz dich.«
    Der Junge plumpst auf den Sitz. Die Erfordernisse des Haushalts halten ihn seit dem frühen Morgen auf den Beinen. Warum sind es immer die kleinen Beine, welche die großen schonen müssen? Lauf schnell nach oben und hol mir … Es hat dir geschmeichelt, als du jung warst. Du dachtest, du seist wichtig, ja notwendig. Er ist durch Putney geflitzt und hat alles Mögliche für Walter erledigt. Was für ein Idiot er doch war. Jetzt gefällt es ihm, dem Jungen zu sagen: Ruhe dich aus. »Als Junge konnte ich ein paar Brocken Walisisch, heute nicht mehr.«
    Er denkt, das ist das Geblöke eines Mannes von fünfzig: Walisisch, Tennis, früher konnte ich, jetzt nicht mehr. Es gibt Entschädigungen: Der Kopf ist besser mit Informationen versorgt, das Herz besser vor Verletzungen gefeit. Im Augenblick macht er eine Aufstellung der walisischen Besitzungen der Königin. Aus diesem und gewichtigeren Gründen hat er ein genaues Auge auf das Fürstentum. »Erzähl mir dein Leben«, sagt er zu dem Kind. »Erzähl mir, wie du hergekommen bist.« Die paar Brocken Englisch des Jungen lassen die Geschichte vor seinen Augen entstehen: Brandstiftung, Angriffe auf das Vieh, die gewohnten Grenzgeschichten, ein Ende in Armut, zurückbleibende Waisen.
    »Kannst du das Paternoster aufsagen«, fragt er.
    »Paternoster«, sagt der Junge. »Das Vaterunser.«
    »Auf Walisisch?«
    »Nein, Sir. Auf Walisisch gibt es keine Gebete.«
    »Lieber Gott. Darum soll sich jemand kümmern.«
    »Genau, Sir. Dann kann ich für meinen Vater und meine Mutter beten.«
    »Kennst du John ap Rice? Er hat heute

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