Falken: Roman (German Edition)
Prinzessinnen in Liebe zu Ihnen entflammen lässt?«
»Das ist er, und wenn ein Bote ihn dabeihat, lassen Sie ihn herein.«
Als er an diesem Abend die Augen schließt, erhebt sich ein Gewölbe über ihm, die geschnitzte Decke der Kirche in Kimbolton. Ein Mann läutet die Altarschellen. Ein Schwan, ein Lamm, ein Krüppel mit einem Stock, die verschlungenen Herzen zweier Liebender. Und ein Granatapfelbaum. Katherines Zeichen. Der müsste wohl weichen. Er gähnt. Meißel sie zu normalen Äpfeln, das löst das Problem. Ich bin zu müde für unnötige Mühen. Er erinnert sich an die Frau im Gasthaus und empfindet Schuld. Er zieht das Kissen an sich: Nur ein Kissen, Edmund.
Als sie die Pferde bestiegen, hatte die Frau des Wirtes gesagt: »Schicken Sie mir ein Geschenk. Schicken Sie mir ein Geschenk aus London. Etwas, das es hier nicht gibt.« Es wird etwas sein müssen, das sie auf dem Rücken tragen kann, sonst entwendet es ihr ein fingerfertiger Reisender. Er wird diese Verpflichtung nicht vergessen, wobei er sich bei seiner Rückkehr nach London wahrscheinlich nicht mehr daran erinnert, wie sie aussah. Er hat sie bei Kerzenlicht gesehen, und dann war die Kerze aus. Die Frau, die er bei Tage sah, hätte auch eine andere sein können. Vielleicht war es ja so.
Später träumt er von der Frucht im Garten Eden, in Evas ausgestreckter, fülliger Hand. Er wacht sofort auf: Wenn die Frucht reif ist, wann haben die Blüten dann geblüht? In welchem möglichen Monat, und in welchem möglichen Frühling? Scholastiker werden sich mit dieser Frage beschäftigt haben. Ein Dutzend nachdenklicher Generationen. Gebeugte, tonsurierte Köpfe, die mit von Frostbeulen überzogenen Händen mit Schriftrollen hantieren. Es ist die Art dumme Frage, für die Mönche gemacht sind. Ich werde Cranmer fragen, denkt er, meinen Erzbischof. Warum fragt Henry Cranmer nicht um Rat, wenn er Anne loswerden will? Es war Cranmer, der ihn von Katherine geschieden hat. Cranmer würde ihm nie sagen, dass er zurück in ihr fades Bett muss.
Aber nein, Henry kann ihm gegenüber nicht von seinen Zweifeln reden. Cranmer liebt Anne, er hält sie für das Musterbeispiel einer christlichen Frau, die Hoffnung guter Bibelleser in ganz Europa.
Er schläft wieder ein und träumt von den Blumen, die vor Anbruch der Welt gemacht wurden. Sie sind aus weißer Seide. Es gibt keinen Busch oder Stamm, von dem sie gepflückt werden können. Sie liegen auf der nackten, unbearbeiteten Erde.
An dem Tag, an dem er Bericht erstattet, sieht er Anne, die Königin, genau an. Sie wirkt gesund und zufrieden, und der freundlich häusliche Klang ihrer Stimmen sagt ihm, während er näher kommt, dass Henry und sie im Einklang miteinander sind. Sie sind geschäftig, stecken die Köpfe zusammen. Der König hat seine Zeicheninstrumente bei der Hand: seine Zirkel und Stifte, seine Lineale, Tinten und Federmesser. Der Tisch ist voller aufgerollter Pläne, voller Schablonen und Stäbe eines Baumeisters.
Er bezeugt ihnen seine Ehrerbietung und kommt gleich auf den Punkt: »Es geht ihr nicht gut, ich glaube, es wäre ein Akt der Güte, ihr einen Besuch von Botschafter Chapuys zu erlauben.«
Anne schießt von ihrem Stuhl hoch. »Was, damit er besser mit ihr Ränke schmieden kann?«
»Ihr Arzt deutete an, Madam, dass sie bald im Grab liegen wird und Ihnen kein Missvergnügen mehr bereiten kann.«
»Daraus aufsteigen würde sie, im flatternden Leichentuch, wenn sie die Möglichkeit sähe, mir einen Strich durch die Rechnung zu machen.«
Henry streckt die Hand aus: »Liebste, Chapuys hat dich nie anerkannt. Aber wenn Katherine nicht mehr ist und uns keinen Ärger mehr machen kann, werde ich dafür sorgen, dass er das Knie vor dir beugt.«
»Trotzdem, ich denke nicht, dass er London verlassen sollte. Er ermutigt Katherine nur in ihrer Verderbtheit, und sie ermutigt ihre Tochter.« Sie wirft ihm einen Blick zu. »Cremuel, Sie stimmen mir doch zu, oder? Mary sollte vor Gericht gebracht und gezwungen werden, vor ihrem Vater niederzuknien und den Eid zu schwören. Dort auf den Knien sollte sie sich für ihren verräterischen Eigensinn entschuldigen und anerkennen, dass meine Tochter und nicht sie die Erbin Englands ist.«
Er deutet auf die Pläne. »Sie wollen doch nicht bauen, Sir?«
Henry sieht aus wie ein Kind, das mit den Fingern in der Zuckerdose erwischt wurde. Er schiebt einen der Pläne in seine Richtung. Die Entwürfe, für das englische Auge immer noch ungewohnt, sind ihm aus Italien
Weitere Kostenlose Bücher