Falken: Roman (German Edition)
würden wir gern wissen.«
»Wahrscheinlich schon. Als ich jung war. Ich sage Ihnen das nur für den Fall, dass es Ihre Brüder nicht über sich bringen, es Ihnen zu erklären. Es ist nicht unbedingt schön für einen Mann, das seiner Schwester gestehen zu müssen.«
»Du siehst also«, sagt Edward, »du darfst dem König nicht nachgeben.«
Jane sagt: »Warum sollte ich das tun?«
»Wegen seiner honigsüßen Worte …«, fängt Edward an.
»Seiner was?«
Der Botschafter des Kaisers ist in seinem Haus herumgeschlichen und wollte nicht herauskommen, um Thomas Cromwell zu sprechen. Erst wollte er nicht nach Peterborough zu Katherines Beerdigung, weil sie nicht als Königin beerdigt wurde, und dann ließ er ausrichten, er müsse die Trauerzeit einhalten. Endlich wird ein Treffen arrangiert: Der Botschafter wird zufällig aus der Messe in der Kirche von Austin Friars zurückkommen, während Thomas Cromwell, der im Moment im Rolls House an der Chancery Lane residiert, in Austin Friars ist, um sich über den Fortgang der Bauarbeiten zu informieren: Anbauten an das Haupthaus. »Botschafter!«, ruft er, als wäre er völlig überrascht.
Die Ziegel, die heute verbaut werden sollen, sind im letzten Sommer gebrannt worden, als der König auf seiner Reise durch die westlichen Counties war. Der Lehm für sie wurde im Winter zuvor gestochen, und Frost brach die Klumpen auf, während er, Cromwell, versuchte, Thomas More zu brechen. Bevor Chapuys kommt, bedenkt er den Vorarbeiter des Ziegelmachers mit einer Tirade, weil er unbedingt vermeiden will, dass Wasser in den Einbau dringt. Jetzt nimmt er Chapuys beim Arm und zieht ihn weg von all dem Lärm und Staub der Sägegrube. Eustace läuft über vor Fragen, du kannst spüren, wie sie in den Muskeln seines Oberarms zucken und im Gewebe seiner Kleider summen. »Dieses Semer-Mädchen …«
Es ist ein Tag ohne Licht, und die Luft ist noch kalt. »Heute wäre ein guter Tag, um auf Hechte zu gehen«, sagt er.
Der Botschafter müht sich, sein Entsetzen zu kontrollieren. »Ihre Bediensteten werden doch sicher … Wenn Sie diesen Fisch haben wollen …«
»Ah, Eustace, ich sehe, Sie verstehen den Sport nicht. Haben Sie keine Angst, ich werde es Ihnen beibringen. Was könnte besser für die Gesundheit sein, als sich von morgens bis abends draußen aufzuhalten? Stunden um Stunden an einem schlickigen Ufer, es tropft von den Bäumen, und Sie betrachten Ihren eigenen Atem in der Luft, allein oder mit einem guten Kameraden?«
Widerstreitende Gedanken ringen im Kopf des Botschafters. Auf der einen Seite Stunden um Stunden mit Cromwell: während derer er seine Deckung aufgeben und etwas sagen könnte. Andererseits: Von welchem Nutzen bin ich meinem kaiserlichen Master noch, wenn meine Knie völlig versteifen und ich auf einer Trage zum Hof getragen werden muss? »Könnten wir nicht im Sommer angeln gehen?«, fragt er ohne große Hoffnung.
»Dem Risiko darf ich Sie nicht aussetzen. Ein Sommer-Hecht könnte Sie ins Wasser ziehen.« Er lenkt ein. »Die Lady, die Sie meinen, heißt Seymour. Auch wenn es ein paar alte Leute ›Semer‹ aussprechen.«
»Ich mache keine Fortschritte in dieser Sprache«, klagt der Botschafter. »Jeder kann seinen Namen aussprechen, wie er will, und je nach Tag und Laune verschieden. Was ich gehört habe, ist, dass es sich um eine alte Familie handelt und auch die Frau selbst nicht mehr die Jüngste ist.«
»Sie hat der verwitweten Prinzessin gedient. Sie mochte Katherine und bejammert jetzt ihr Los. Heute sorgt sie sich um Lady Mary, und es heißt, sie hat ihr Botschaften geschickt, um sie aufzuheitern. Wenn der König ihr weiter seine Gunst schenkt, mag sie Gutes für Mary tun können.«
»Hmm.« Der Botschafter scheint skeptisch. »Das habe ich gehört und auch, dass sie eine sehr sanftmütige, fromme Person ist. Allerdings fürchte ich, da könnte ein Skorpion unter dem Honig lauern. Ich würde Mistress Semer gerne einmal sehen, könnten Sie das arrangieren? Nicht um sie kennenzulernen, ich möchte nur einen Blick auf sie werfen.«
»Ich bin überrascht, dass Sie da so interessiert sind. Ich hätte gedacht, es würde Sie mehr interessieren, welche französische Prinzessin Henry heiraten wird, sollte er seine derzeitigen Arrangements auflösen.«
Damit liegt der Botschafter ganz auf der Streckbank des Entsetzens. Lieber der Teufel, den du kennst? Lieber Anne Boleyn als eine neue Bedrohung, ein neuer Vertrag, eine neue Allianz zwischen Frankreich und
Weitere Kostenlose Bücher