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Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Offenbar hat sie sich vom Kindbett erhoben, und es heißt, sie sitzt in ihrem Gemach und röstet Haselnüsse über dem Feuer. Sie schwenkt sie in einer Blechpfanne, um vergiftete Süßigkeiten für Lady Mary herzustellen.«
    »Die Blechpfanne wird jemand anderer geschwenkt haben«, sagt er lächelnd. »Dieser Speichellecker. Weston. Der kleine Mark.«
    Gregory bleibt stur bei seiner Version: »Es war sie selbst. Sie hat die Nüsse geröstet, und der König kam herein und zog die Brauen zusammen, denn er wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Er war argwöhnisch, wissen Sie. Was machen Sie da?, hat er gefragt, und Anne, die Königin, sagte: Oh, Mylord, ich mache Süßigkeiten, um ein paar der armen Frauen zu belohnen, die am Tor stehen und ihre Grüße zu mir heraufrufen. Worauf der König sagte: Wenn es so ist, Liebes, segne Sie Gott. Sie hat ihn völlig in die Irre geführt.«
    »Und wo soll das gewesen sein, Gregory? Sie ist in Greenwich und er in Whitehall.«
    »Egal«, sagt Gregory leichthin. »In Frankreich können Hexen fliegen, mit Blechpfannen, Haselnüssen und allem, und da hat sie es gelernt. Tatsächlich hat sich die ganze Boleyn-Verwandtschaft in Hexen verwandelt, um einen Jungen für sie herbeizuzaubern, weil der König fürchtet, dass sie ihm keinen schenken kann.«
    Sein Lächeln wird schmerzlich. »Verbreite das bitte nicht hier im Haus.«
    Gregory sagt freudig: »Zu spät; was glauben Sie, woher ich es habe?«
    Er erinnert sich, wie Jane Rochford, das muss jetzt zwei Jahre her sein, zu ihm gesagt hat: »Die Königin hat damit angegeben, dass sie Katherines Tochter ein Frühstück bereiten wird, von dem sie sich nie erholt.«
    Gut aufgelegt gefrühstückt, mittags tot. Das haben sie über das Schweißfieber gesagt, das seine Frau und seine Töchter getötet hat. Und unnatürliche Tode gehen noch schneller. Da fällt man mit einem Schlag.
    »Ich gehe in mein Arbeitszimmer«, sagt er. »Ich muss ein Papier aufsetzen. Sorge bitte dafür, dass ich nicht gestört werde. Richard kann zu mir, wenn er will.«
    »Was ist mit mir, darf ich auch kommen? Zum Beispiel, falls es brennt, würden Sie das nicht gern erfahren?«
    »Nicht von dir. Warum sollte ich dir glauben?« Er tätschelt seinem Sohn die Schulter, eilt in sein Arbeitszimmer und schließt die Tür.
    Das Essen mit Norfolk hat sich, oberflächlich betrachtet, nicht ausgezahlt. Aber. Er nimmt ein Blatt. Schreibt:
    THOMAS BOLEYN
    Das ist der Vater der Lady. Er ruft sich sein Bild vor Augen. Ein aufrechter Mann, immer noch schlank, der auf sein Aussehen stolz ist, gerade so wie sein Sohn George: ein Mann, der die Erfindungsgabe der Londoner Goldschmiede erschöpft und Schmuck an seinen Fingern dreht, den er, wie er sagt, von ausländischen Herrschern bekommen hat. All die Jahre hat er Henry als Diplomat gedient, wozu er sich durch seine kalte Versöhnlichkeit bestens eignet. Boleyn ist kein Mann, der die Dinge selbst in die Hand nimmt, sondern eher einer, der zusieht und sich grienend den Bart streicht. Er glaubt, er wirke hintergründig, dabei sieht er aus wie einer, der sich selbst befriedigt.
    Trotzdem wusste er, was zu tun war, als sich die Chance bot, wusste, wie er mit seiner Familie aufsteigen konnte, hoch und höher, bis in die höchsten Äste des Baumes. Es ist kalt dort oben, wenn der Wind weht, der schneidende Wind des Jahres 1536.
    Wie wir wissen, erscheint ihm sein Titel, der des Earls of Wiltshire, nicht ausreichend, um seiner besonderen Stellung Ausdruck zu geben, und so hat er sich einen eigenen, französischen Titel gegeben: Monseigneur. Es gefällt ihm, so angesprochen zu werden. Er lässt wissen, dass dieser Titel allgemein benutzt werden sollte. Daran, wie die Höflinge dem Folge leisten, lässt sich erkennen, wo sie stehen.
    Er schreibt:
     
    Monseigneur: Alle Boleyns. Ihre Frauen. Ihre Kaplane. Ihre Bediensteten.
    Alle, die sich bei den Boleyns in Annes Gemächern einschleimen, also:
    Henry Norris
    Francis Weston
    William Brereton usw.
     
    Einfach nur »Wiltshire«, in barschem Ton:
    Der Herzog von Norfolk.
    Sir Nicholas Carew (Kammerherr), der Cousin von Edward Seymour und verheiratet mit der Schwester von:
    Sir Francis Bryan, Cousin der Boleyns, aber auch der Seymours, und Freund von:
    Mr   Kämmerer, William Fitzwilliam.
    Er sieht auf seine Liste und fügt die Namen von zwei Granden hinzu:
     
    Der Marquis von Exeter, Henry Courtenay.
    Henry Pole, Lord Montague.
    Das sind die alten englischen Familien, die ihre Ansprüche aus

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