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Falkengrund Nr. 30

Falkengrund Nr. 30

Titel: Falkengrund Nr. 30 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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nach zur Verfügung gestellt, und sie nutzen sie alle, als wären sie damit auf die Welt gekommen. Zwischen ihnen ist etwas entstanden, ein unsichtbares Netz, und es wird täglich dichter … und fester.“
    Edeltraud zuckte und schirmte ihr Gesicht mit der Hand gegen Speicheltropfen ab, die die Projektion von Samuel in ihre Richtung hustete. „Dieses … Netz“, brachte sie hervor, „versperrt ihnen den Blick auf die Realität.“
    Erwin hob die Schultern. „Schon möglich. Alles hat seinen Preis. Aber woher willst du wissen, ob es die Realität ist, die sie möchten? Es verlangt sie nach Magie. Konrad wollte die echte Magie hinter den Zaubertricks kennenlernen – jetzt hat er sie kennengelernt und praktiziert sie selbst. Mehr noch: Er lebt jetzt in der Magie. Er weiß jetzt, Magie ist kein Herumfuchteln mit dem Zauberstab, Magie ist Verbindung. Magie entsteht in der geistigen Kommunikation zwischen Mensch und Mensch. Magie ist im Äther, nicht in der Materie. Magie ist die Macht, über das Körperliche hinauszuwachsen, und diese Macht besitzen sie jetzt. Auch du lernst sie gerade.“
    „Und wenn ich sie nicht lernen will?“ Hass durchströmte sie und Angst. Angst, den Kontakt zur Wirklichkeit zu verlieren. Sie wünschte, sie hätte ihr Messer noch, dann hätte sie ihm drohen können. Zumindest solange sie ihn hinter den Bildern, die ihr Geist unablässig produzierte, noch ausmachen konnte.
    „Wollen oder nicht wollen verliert seine Bedeutung, wenn man erst Teil des Netzes ist. Statt zu wollen, reagiert man. Das ist einfacher und befriedigender. Die Maschinen und Apparate helfen einem dabei. Anstatt frommen Wünschen nachzujagen, bleibt man bei dem, was schon ist, und teilt es untereinander.“
    „Reden wir Klartext: Wie willst du damit die Welt beherrschen?“
    Wenn sie erwartet hatte, Erwin würde an dieser Stelle in irres Gelächter ausbrechen, hatte sie sich getäuscht. Er wurde im Gegenteil sehr ernst, kniff die Augen und den Mund zusammen und wirkte außergewöhnlich konzentriert, als er antwortete: „Magie ist anfangs schwach, aber ihre Macht wächst ganz von alleine. Falkengrund ist nur der Anfangspunkt des Netzes. In den nächsten Tagen, Wochen und Monaten wird es sich ausbreiten. Das wird weitgehend von alleine geschehen. Es wird nicht an den Landesgrenzen haltmachen. Die Fotografien, die Filme, die internationalen Morsecodes werden es früher oder später über die ganze Welt verbreiten. Ich werde es kontrollieren.“
    „Das ist lächerlich!“, rief Edeltraud. „Du kannst vielleicht drei Menschen einsperren, aber nicht Millionen davon.“
    „Das Netz ist bereits jetzt stark genug, um Menschen zu erreichen, die Kilometer entfernt wohnen und nicht eingesperrt sind.“
    „Unmöglich!“
    „So? Warum bist du dann hier? Warum siehst du dann, was du siehst, hörst, was du hörst? Warum bist du bereits ein Teil des Netzes, obwohl du vor wenigen Stunden noch ahnungslos deiner Arbeit nachgingst?“
    Edeltrauds Körper versteifte sich. „Die Botschaft – Samuel schickte mir eine … einen Hilferuf …“
    „Oder ich schickte den Hilferuf, wie man es nimmt. Momentan muss man die Käfer noch selbst auf den richtigen Weg bringen, aber Charmaine kontrolliert sie immer besser. Ich war gerade eben unterwegs, um eine Handvoll davon in den Ort zu bringen und dort auf ihre Mission zu schicken. Einige Menschen haben schon abgebissen. Nach und nach werden sie auf Falkengrund eintreffen und sich in das Netz eingliedern. Als ich zurückkehrte, war ich sehr erfreut zu hören, dass du dich bereits im Haus umtatst. Ich hatte die Tür absichtlich offengelassen, um Besucher wie dich nicht zur Umkehr zu bewegen. Dann schloss ich sie für einige Minuten von außen ab, damit du nicht etwa überhastet die Flucht ergreifen würdest. Jetzt, wo du im Netz bist, wirst du mir nicht mehr weglaufen.“
    Edeltraud hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. „Die Käfer …“
    „Sie sind das Blut des Lorenz von Adlerbrunn. Und gleichzeitig die Energie, die das hier alles am Laufen hält. Sie mögen etwas … rustikal wirken, das gebe ich zu, aber unter dem Strich sind sie effektiver als jedes Gas, jedes Öl und jeder elektrische Strom. Noch brauche ich Öl für die Lampen und Elektrizität für einige der Maschinen, klobige Tanks und Generatoren, doch eines Tages werde ich dafür nur noch Käfer einsetzen.“
    „Sie gehorchen dir?“
    „Das brauchen sie nicht. Muss einem das Öl gehorchen, damit man es einsetzen

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