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Falkengrund Nr. 30

Falkengrund Nr. 30

Titel: Falkengrund Nr. 30 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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doch zurück in die Pasewalk Clinic. Ich zeige dir, welche Fortschritte unsere Kampagne gemacht hat. Das wird deinen grauen Zellen Flügel verleihen. Du wirst sehen, wir können gar nicht verlieren.“
    „Wir?“
    „Pardon, du , meine ich natürlich. Schließlich bin ich nur ein unbedeutender Stratege.“ Der Feldherr vollführte eine übertriebene Verbeugung. „Aber nicht der schlechteste, wie du zugeben musst.“
    Gemeinsam erklommen sie die Treppe ins Erdgeschoss. Sir Darren fragte sich, was geschehen würde, wenn sie dem wahnsinnigen Mediziner begegneten. Auf irgendeine schwer zu verstehende Weise schien Napoleon auf Sir Darrens Seite zu stehen. Es war die Rede von einer gemeinsamen Kampagne gewesen. Kampagne bedeutete Feldzug, aber es gab auch Werbekampagnen. Würde er ihm beistehen gegen den Psychopathen mit dem Gesicht Adolf Hitlers?
    Sie kamen an der Rezeption vorüber, und Napoleon nahm einen Schlüsselbund aus der Tasche. Fasziniert beobachtete der Dozent, wie der Kleinwüchsige die erste Tür zur Linken aufschloss.
    „Man kann nicht vorsichtig genug sein“, erklärte Napoleon. „Lässt man die Tür eine Minute offen stehen, fallen sie ein wie die Vandalen, schlagen alles kurz und klein – ist mir passiert, erst letzte Woche. War das eine Maloche, bis es wieder wie ein Werbebüro aussah.“
    „Ein Werbebüro“, echote Sir Darren.
    „Agentur Bonaparte. What we begin we win. Ich habe mehr britische Kunden, seit ich den englischsprachigen Slogan verwende.“
    Schweigend trat der Dozent hinter Napoleon in den Raum. Er war tatsächlich eingerichtet wie ein Werbebüro, allerdings nicht wie eines, das in Napoleons Zeit passte – es gab Schreibtische mit Computern und Druckern, einen Flipchart. Auf einer weinroten Couch lagen Designerzeitschriften herum, darunter ein Aktmagazin mit dem Titel La Femme Petite . An einer der Wände hing ein Poster. Sir Darren erkannte sofort, dass es sich um jenes handelte, das überall im Haus heruntergerissen worden war.
    An den Ecken war es blau, denn es zeigte ein Foto vom Meer, aus der Luft geschossen. Auf den Wellen tanzte ein helles Schiff, das er sofort erkannte. Der Fliegende Holländer, das Geisterschiff, auf dem er selbst um die halbe Welt gereist war.
    Aber das war noch nicht alles. In einer geschickten Fotomontage war neben dem Schiff sein eigenes Porträt zu sehen, teilweise transparent, so dass es aussah, als spiegle sich sein Gesicht auf dem bewegten Wasser. Sir Darren blickte auf dem Foto ernst und entschlossen. So mochte er ausgesehen haben, als er auf Kapitän Fokkes Schiff an der Reling stand.
    Am unteren Rand war in auffälligen Lettern zu lesen: BLAUES BLUT FÜR DIE HÖLLE! WÄHLT SIR DARREN EDGAR ZUM NEUEN FÜRSTEN DER FINSTERNIS!
    Eine kleine Ewigkeit stand der Brite vor dem Poster, sein Kopf leer, nicht den geringsten Ansatzpunkt, was er damit anfangen sollte.
    „Du musst mir alles erklären“, sagte er dann tonlos. „Ich verstehe überhaupt nichts.“
    Napoleon stemmte die Hände in die Hüften. „Moment! So geht das nicht! Es war alles abgemacht. Wenn dir der Slogan nicht gefällt, hättest du dir das früher überlegen müssen. Du machst dir keine Vorstellung, welche Auslagen ich hatte. Außerdem …“
    „Halt“, unterbrach ihn der Dozent. „Ich meine es, wie ich es sagte. Erkläre mir alles! Wie dieses Plakat entstanden ist. Was wir hier tun. Einfach alles.“
    „Alles?“, fragte Napoleon zweifelnd.
    „Alles“, bekräftigte Sir Darren.

8
    „Ich nehme an, du erinnerst dich noch an den Abend, an dem wir uns bei einem Gläschen Roten über Satan und die Welt unterhielten. Nein? Alors , wir waren einer Meinung, dass Luzifer allmählich abgesägt gehört. Ich vermute, wir hassen ihn aus unterschiedlichen Gründen, aber nach dem dritten Glas kamen uns die Unterschiede wohl nicht mehr so bedeutsam vor. Ich war gleich Feuer und Flamme für die Idee, und du meintest, du würdest dich höchstpersönlich um seine Beseitigung kümmern, und ich solle dann für den freigewordenen Posten des Höllenherrschers kandidieren. Es war an sich ein guter Einfall, zugegeben, nur hatte er einen entscheidenden Fehler: So gerne ich Fürst der Hölle geworden wäre – wer hätte mich gewählt? Was habe ich schon vorzuweisen, das mich zu Monsieur Böse schlechthin machen würde? Ein paar Schlachten, schätzungsweise vier Millionen Tote? Ich bitte dich, was ist das schon im Vergleich zu dem, was andere anzubieten haben? Den Marx hätte ich schlagen können,

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