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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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„Das schöne hüllenlose Gespenst wird … enthüllt.“
    Geschlossen eilten sie nach unten. Auf dem Weg stieß Angelika zu ihnen, die sich nach ihrer Entführung noch häufiger als sonst in ihrem Zimmer verkroch und manchmal den halben Tag im Bett verbrachte. Sie sah blass und verwirrt aus. Wahrscheinlich hatte sie geschlafen.
    Harald erreichte als Erster die Tür und öffnete sie.
    Und dann stießen sie alle fünf simultan einen Schrei aus.
    Es waren zwei Besucher, ja, aber es handelte sich keineswegs um die beiden jungen Leute, die das Zimmer besichtigt hatten. Die waren über alle Berge.
    Zwei Männer standen vor der Tür von Schloss Falkengrund. Einen davon, den jüngeren, kannten sie nicht. Er hatte lockiges, halblanges Haar, ein feines, hübsches Gesicht und helle, intelligente Augen. Seine Gegenwart war es nicht, die die Bewohner von Falkengrund so erschreckte. Aber der Fremde befand sich in der Gesellschaft eines älteren Mannes, und diesen kannten sie alle sehr gut. Sie hatten eben erst von ihm gesprochen.
    „Sir Darren!“ Melanie rief es.
    „Guten Tag“, erwiderte der hagere Mann mit den strengen Zügen. Im ersten Moment wirkte seine Stimme so kühl, wie sie es immer gewesen war, und seine Miene schien dieselbe hochnäsige Distanz aufzuweisen, die ihn zu dem Sir Darren gemacht hatte, den sie kannten. Doch dann schlich sich eine Sanftheit auf sein Gesicht, die sie dort nie gesehen hatten, und er unternahm einen zweiten Anlauf. „Guten Tag, meine … lieben Freunde.“
    Melanie wollte ihm die Hand reichen, doch anstatt ihr die seine entgegenzustrecken, breitete er die Arme ein wenig aus, und ehe sie wusste, wie ihr geschah, hatte sie sich in seine Arme geworfen und weinte hemmungslos. Sie war nie ein Freund von Sir Darren gewesen, aber in den letzten Monaten war so vieles schiefgelaufen, sie hatten so vieles verloren – Melanie war einfach überglücklich, dass dieser Mann nicht tot war, dass er lebte und lächelte (das wievielte Mal in seinem Leben mochte das passieren?) und ihnen wieder zur Seite stehen konnte bei den vielen Problemen, die sie hatten. Der Optimismus, der der Mittelpunkt ihres Lebens gewesen war und der in diesen Monaten viele tiefe Schrammen abbekommen hatte, gesundete in diesem Augenblick, indem sie diesen arroganten alten Knochen umarmte, den sie viel, viel mehr vermisst hatte, als sie es sich jemals hatte vorstellen können.
    „Sie leben“, hauchte Werner. Seit beinahe dreißig Jahren siezten sie sich und waren sich nie näher gekommen als bei ihrer ersten Begegnung.
    „Ich lebe“, sagte Sir Darren. Seine Stimme war belegt, aber sein Blick fest. Während er Melanie drückte, sah er Werner an. „Ich habe zweihundert Jahre auf diesen Moment gewartet, und jetzt ist er da. Verzeihung, ich … das …“
    Er kramte in der Hosentasche nach einem Taschentuch, zog den karierten Lappen heraus und wischte sich die Augen, in denen es feucht zu schimmern begonnen hatte. Er wandte den Kopf peinlich berührt ab, doch er stieß Melanie nicht von sich, sondern presste sie immer noch mit der freien Hand an sich. „Kinder“, krächzte er. „Ich glaube, ich habe einige eurer Namen vergessen.“
    „Zweihundert Jahre?“, fragte Isabel nach. „Sprechen wir von gefühlten zweihundert Jahren, oder ist das wörtlich gemeint?“
    „So wörtlich, wie es nur gemeint sein kann“, erwiderte Sir Darren. Er kniff die Augen zusammen, wie um sie deutlicher wahrzunehmen. „Du bist … Annabel, nicht wahr?“
    „Knapp daneben. Isabel. Isabel Holzapfel.“
    Auch Melanie, Harald und Angelika stellten sich vor. Zum Schluss sagte Werner mit komplizierter Miene: „Hotten, Werner Hotten.“
    Sir Darren schmunzelte bitter und glücklich zugleich. „Deinen Namen würde ich nie vergessen, Werner, und wenn ich tausend Jahre durch die Zeit gereist wäre.“
    „Das ist … nett von Ihnen, Sir.“
    „Sir? Das will ich aus deinem Mund nicht mehr hören. Für dich bin ich Darren, verstanden?“
    „Aber …“
    „Ich weiß, ich weiß! Es war vieles anders, damals. Aber wenn man so lange Zeit zum Nachdenken hat, verändert sich selbst ein Mensch wie ich. Ich habe viel erlebt und bin mindestens ein Dutzend Mal dem Tod von der Schippe gesprungen. So etwas schleift einem die Kanten ab, das könnt ihr mir glauben. Wenn ihr wüsstet, wie froh ich bin, euch wiederzusehen, nach all der Zeit.“ Plötzlich versteifte er sich und blickte an den anderen vorbei. „Wo ist Margarete?“
    „Spazieren“, antwortete

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