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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Unterricht statt? Sind das nicht sehr wenige Studenten?“
    „Wir machen keinen Unterricht mehr“, erklärte Angelika.
    „Das stimmt“, pflichtete Melanie ihr bei, als Werner die Gelegenheit verstreichen ließ, etwas zu sagen. Ihm war anzusehen, dass er nach einem guten Anfang suchte, und das konnte bei ihm eine Weile dauern. „Hier auf Falkengrund geht seit geraumer Zeit einiges den Bach runter.“
    „Man könnte sagen, es löst sich alles auf“, packte Isabel noch ihre Extraportion dunkler Dramatik obendrauf.
    Sir Darrens Miene wurde bitter. „Die Schatten“, flüsterte er. Carnacki, der neben ihm saß und dem Mineralwasser in seinem Glas beim Sprudeln zusah, zuckte zusammen. Die Vokabel schien er zu verstehen.
    Nun ergriff Werner das Wort. „Ich fürchte, die Schatten sind momentan unser geringstes Problem. Bis jetzt wissen wir nur aus Berichten von ihnen. Auf Falkengrund hat sich noch keiner blicken lassen. Wenn ich wüsste, womit ich anfangen soll …“
    „Fang mit den Finanzen an“, riet Melanie.
    „Du hast recht. Ich versuche es kurz zu machen. Falkengrund steckt wegen des Absprungs eines wichtigen Sponsors in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Aber das ist eigentlich auch nur nebensächlich …“
    Angelika stupste ihn an.
    „Richtig. Angelika befand sich vor zwei Wochen in der Macht eines gefährlichen Entführers, aber zum Glück ist ihr nichts passiert.“
    „Nichts passiert?“ Sie wurde rot. „Und meine Albträume? Wen interessiert es schon, wie es in mir drin aussieht?“
    „Angie, beruhige dich. Ich muss doch von Margarete berichten und von …“
    „Margarete?“, fuhr Sir Darren ernst dazwischen. „Was ist mit ihr? Ich dachte, sie macht einen Spaziergang.“
    „Das tut sie auch. Aber …“
    „Margarete ist erblindet“, sprach Melanie es aus. „Sie hat ihr Augenlicht zu hundert Prozent verloren. Und bis jetzt sieht es nicht so aus, als würde sie es jemals zurückbekommen.“
    „Erblindet! Wie ist das passiert?“
    „Tja, sie hatte auf magischem Wege versucht …“
    „Es war ein Unfall“, unterbrach Werner. „Über die genauen Umstände können wir später reden.“
    „Raus mit der Wahrheit!“, zischte Sir Darren. „Ihr verbergt etwas vor mir.“
    Isabel, die Gnadenlose, sah Werner an und hob die Schultern, als wollte sie sagen: Es nützt ja doch nichts, es ihm schonend beizubringen. Machen wir es lieber kurz und schmerz-, äh, -haft. „Margarete hat einen Zauber eingesetzt, und dabei ist etwas schiefgegangen. Der Zweck des Zaubers war, Ihren Aufenthaltsort zu finden.“
    „Margarete ist jetzt blind, weil sie mich gesucht hat?“ Sir Darren starrte zwischen ihnen hindurch ins Leere.
    „So ist es.“
    Sir Darren Lippen verschwanden fast, so hart und dünn wurde sein Mund. „Das ist ein Schock. Gibt es … noch mehr schlechte Nachrichten?“
    „Ja“, hauchte Werner hilflos. „Und ob es die gibt.“
    „Und? Habt ihr vor, mich hier noch eine Stunde über einem Glas Sprudelwasser sitzen zu lassen, bevor ihr mir das Schlimmste verratet? Je früher ich es weiß, desto länger werde ich noch leben, um damit fertigzuwerden. Ich nehme an, Lorenz von Adlerbrunn ist ausgebrochen. Nun, wir haben ihn einmal gebannt, uns wird es auch ein zweites Mal gelingen.“
    Werner schüttelte den Kopf. „Ich glaube, was passiert ist, ist schlimmer als das. Wir hatten einen Todesfall.“
    „Doktor Konzelmann?“ Es kam spontan. Offenbar hatte Sir Darren kein großes Vertrauen in die Gesundheit des ungekämmten, düsteren, schüchternen Wissenschaftlers.
    „Es gab einen Unfall in der Asservatenkammer in Karlsruhe“, ergriff Melanie wieder das Wort, weil sie nicht länger mit ansehen konnte, wie die beiden Männer sich mit Zögern und Vermutungen gegenseitig quälten. „Etwas Übernatürliches war im Spiel. Und elektrischer Strom. Eine Studentin ist ums Leben gekommen. Sanjay Munda.“
    „Sanjay … Sanjay …“ Sir Darren spielte eine halbe Minute lang mit dem Namen, bis er plötzlich die Augen aufriss. „Die Halbinderin! Sanjay ist … tot?“
    „Ja. Tot und beigesetzt. Sie wurde nur vierundzwanzig Jahre alt.“
    Sir Darren vergrub sein Gesicht in den schmalen, knorrigen Händen. Die Anwesenden starrten ihn an, nur Thomas Carnacki blickte betreten zur Seite. Es musste ein hässliches Gefühl sein, diese Menschen trauern und verzweifeln zu sehen und nicht einmal zu verstehen, wovon sie sprachen. Nach einer Weile war Sie Darrens Schluchzen zu hören. „Wir hätten … diese

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