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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Werner. „Sie ist …“ Sie ist jetzt blind , wollte er sagen. Erschrecken Sie nicht. Erschrick nicht, Darren . „Sie ist spazieren gegangen“, sagte er stattdessen. „Sie wird sicher bald zurück sein.“
    „Dann werde ich mir rasch die Augen trocknen, wie man in meiner Muttersprache sagt. Es wäre mir unangenehm, wenn sie sehen würde, dass ich … geweint habe. Man muss sich einen Hauch Würde bewahren, auch in solchen Momenten, nicht wahr?“
    „Keine Sorge“, meinte Angelika. „Sie wird es nicht sehen.“
    „Oh, da wäre ich nicht sicher, junge Dame. Frauen sind aufmerksame Beobachter.“ Das sagte er gerade der rechten, die ja den lieben langen Tag wenig anderes tat als zu beobachten und ihre Fantasien zu spinnen. Sir Darren fuhr fort: „Ach ja, ich habe doch tatsächlich versäumt, meinen lieben Begleiter vorzustellen. Thomas, you’ve heard their names. This gentlemen here is the school director, and these are four of the thirteen students. Freunde, dieser junge Mann hier ist nicht irgendjemand. So unglaublich es klingen mag, vor euch steht niemand anderes als Thomas Carnacki. Ich betone: Es handelt sich nicht um eine zufällige Namensgleichheit, er ist es höchstpersönlich in Fleisch und Blut. Was sagt ihr dazu?“
    Zunächst sagte niemand irgendetwas. Werner kam der Name bekannt vor, aber er konnte ihn nicht zuordnen, und den jungen Leuten schien es ähnlich zu ergehen. Nur Angelikas Gesicht verriet, dass es in ihr arbeitete. Die Leseratte und Hobby-Schriftstellerin platzte heraus: „Der Geisterfinder.“
    Carnackis Miene hellte sich auf. „Gysterfeender – that must be German for ‚ghost finder‘. The young lady has read about me. I am deeply honoured indeed.“
    „An seinem Deutsch arbeiten wir noch“, bemerkte Sir Darren mit einem leichten Schmunzeln. „Unglücklicherweise hat er die letzten hundert Jahre nicht dafür genutzt, Kenntnisse in Fremdsprachen zu erwerben.“
    „Kommen Sie … kommt doch herein!“, lud Werner ein. „Ich habe das Gefühl, wir haben einander viel zu erzählen.“
    Das stimmte zweifellos. Und in der Aufregung vergaßen Werner und die Studenten völlig den Spuk, den Constanze und Clemens gesehen haben wollten. Doch das Gespenst, das Falkengrund besucht hatte, würde schon bald einen neuen Versuch unternehmen, sich auf dem Schloss zu materialisieren. Es hatte gar keine andere Wahl: Die Pein, die man ihm im Jenseits zufügte, trieb es in diese Welt. Die Pein und eine grausame Mission:
    Töte Sir Darren!

4
    Eilig hatten die Studenten Gläser, Wasser und Saft aus der Küche geholt und unten in der Halle auf einem der Tische verteilt, an denen die gemeinsamen Essen stattfanden. Die Köchin Ekaterini war für Besorgungen in den Ort oder wohin auch immer gefahren. Melanie fand ganz hinten im Küchenschrank sogar noch eine verstaubte Dose mit Sir Darrens Lieblings-Teemischung, eigentlich ein bewegender Moment, aber sie wagte es nicht, ihm das alte Zeug aufzutischen.
    „Ich nehme an, als ich ein paar Tage nichts von mir hören ließ, habt ihr umgehend meinen legendären Weinkeller leergetrunken“, meinte Sir Darren. In seinem Blick blitzte neben Schalk auch eine Messerspitze echter Schärfe.
    „Aber nicht doch!“, beteuerte Werner. „Wir haben alles, was Ihnen … was dir gehört, die ganzen Monate über in Ehren gehalten.“ Was im Prinzip stimmte, hätte er nicht Traude Gunkel das Zimmer des Dozenten und Vize-Rektors überlassen – und gerade eben sogar versucht, dasselbige an unsägliche Leute zu vermieten.
    „Gut. Dann reden wir erst ein wenig, und gegen später grabe ich meinen besten Tropfen aus. Wann soll ich ihn trinken, wenn nicht heute?“
    Ein, zwei Minuten waren sie damit beschäftigt, sich gegenseitig einzuschenken, dann, als sie ihre Plätze gefunden und sich an ihre Gläser geklammert hatten, stellte sich ein Gefühl der Unwirklichkeit ein, als schwebten sie irgendwo zwischen den Welten. Sir Darrens plötzliche Rückkehr hätte ihnen eigentlich Mut machen müssen, umso mehr, als er sich stark zu seinem und ihrem Vorteil verändert zu haben schien, zugänglicher geworden war. Doch die Bewohner von Falkengrund hatten ebenfalls eine Veränderung durchgemacht – in die andere Richtung, hin zu Vorsicht und Skepsis. Vorschneller Optimismus gelang nur Melanie, die anderen hielten sich zurück. Sir Darren spürte diese misstrauische Stimmung.
    „Ist etwas nicht in Ordnung?“, erkundigte er sich. Seine Augen wurden schmal. „Findet heute kein

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