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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 9 Der Pfad des Schmerzes

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 9 Der Pfad des Schmerzes

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 9 Der Pfad des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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grausamer.“
    „Bitte bleiben Sie sitzen!“ Fachinger zupfte sich am Bart, unablässig und immer kräftiger. „Beruhigen Sie sich. Es wird nicht nötig sein, Anna zu befragen. Wir kennen den Mörder.“
    „Ach?“ Sir Darren sah auf. Er wirkte nicht erleichtert. Seine Menschenkenntnis sagte ihm, dass es noch zu früh war, um aufzuatmen.
    „Ja, wir haben einen Tatverdächtigen, und die Umstände sprechen eine deutliche Sprache. Er hat kein Alibi für den Zeitpunkt des Mordes, vor allem aber ist er seit vier Tagen verschwunden. Auf der Flucht, würde ich sagen. Er hat seiner Frau einen Abschiedsbrief hinterlassen, nur eine Zeile: ‚Verzeih mir, was ich mir selbst nicht verzeihen kann.’ Ziemlich eindeutig, finden Sie nicht?“
    „Verraten Sie mir endlich, wozu Sie mich brauchen?“
    „Was ich Ihnen jetzt sage, bleibt unter uns. Wir sind noch nicht so weit, dass wir die Öffentlichkeit informieren können. Der Mann ist Annas Onkel. Sein Name ist Ulrich Schenks. Hier sind Fotos von ihm.“
    Sir Darren betrachtete die Bilder, die der Hauptkommissar vor ihm auffächerte – einige Schnappschüsse, einmal in einem Vergnügungspark mit einem kleinen, etwas pummeligen Mädchen, in dem er das ermordete Kind erkannte. Ulrich Schenks hatte weiche, feminine Züge, denen auch der dünne Schnurrbart kaum Männlichkeit zu verleihen vermochte. Wenn er gerade keine Grimassen schnitt, dann lachte er ausgelassen. Auch auf dem Hochzeitsfoto, das auf die unerträglich fröhlichen Schnappschüsse folgte, strahlte er vor Freude.
    „Wir haben nicht die geringste Spur, wo er sich zurzeit aufhalten könnte“, erklärte Fachinger.
    „Fahnden Sie“, meinte Sir Darren knapp.
    „Das sagt sich leicht dahin, Herr Edgar. Aber wenn wir ihn nicht sofort finden, könnten unangenehme Dinge geschehen. Er könnte außer Landes fliehen – das wäre noch die harmloseste Möglichkeit. Es ist auch denkbar, dass er weitere Morde an unschuldigen Kindern begeht oder sich selbst tötet. Sie könnten uns helfen, all das zu verhindern.“
    „Wie sollte ich das anstellen? Ich pflege nicht in die Kristallkugel zu schauen.“
    Fachinger zog ein Buch aus der obersten Schreibtischschublade und klatschte es neben die Fotos. Es war ein Taschenbuch aus einem großen deutschen Verlag. Auf dem schwarzen Umschlag prangten die knalligen Lettern: Die Macht des Jenseits – wie die Toten den Lebenden helfen können!
    „Hier steht, dass Tote Dinge sehen, die lebenden Menschen verborgen bleiben. Dass sie verschwundene Gegenstände finden oder verschollene Personen aufspüren können. Und dass sie spüren, wo sich die Menschen befinden, die ihnen in ihrem Leben nahe standen.“
    „Ich habe diesen Schmöker nicht geschrieben“, sagte Sir Darren und weigerte sich, das Buch aufzuschlagen. „Und ich darf hinzufügen, dass sein Verfasser nicht zu den Forschern gehört, für deren Aussagen ich mich verbürgen würde. Streng genommen würde ich mich bei diesem Verlag nicht einmal dafür verbürgen, dass der angegebene Autor wirklich der Verfasser ist.“
    „Sie weichen aus, Herr Edgar! Sind die Seelen der Toten zu solchen Dingen fähig, oder sind sie es nicht?“
    „Mitunter“, erwiderte Sir Darren.
    „Also formuliere ich die Frage anders: Müsste es für die Seele der kleinen Anna nicht ein Leichtes sein, uns zu ihrem Onkel zu führen?“
    Der Brite schwieg. Er schwieg nicht aus Trotz, sondern weil er nachdachte.
    „Wollen Sie mir nicht antworten?“, zischte Fachinger.
    „Nicht, wenn es sich vermeiden lässt.“ Sir Darren presste die Zähne aufeinander, und seine Lippen wurden dünn wie zwei blassrote Fäden.
    „Und warum nicht?“
    „Weil ich so etwas wie Respekt habe, auch oder gerade gegenüber den Toten. Was Sie von diesem Mädchen verlangen, ist ungeheuerlich. Es wird sie zerstören.“
    „Sie soll uns nur zu ihrem Onkel führen.“
    „Zu ihrem Mörder.“
    „Und? Wir geben ihr damit gewissermaßen eine Möglichkeit, ihren Mörder zu entlarven. Welches Opfer bekommt schon eine solche Chance?“
    „Die meisten Opfer würden so etwas nicht wollen. Auf keinen Fall will ein zwölfjähriges Mädchen jemals herausfinden, dass ihr Onkel sie getötet hat.“
    „Das verstehe ich zwar nicht. Ich würde meinen Mörder finden wollen. Aber falls Sie recht haben, brauchen Sie nur dafür zu sorgen, dass sie es nicht erfährt. Sagen Sie ihr, ihr Onkel Ulrich sei verschwunden. Dann wird sie Ihnen bestimmt helfen, ihn zu finden.“
    „Und wenn sie die Wahrheit

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