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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Sadik schon aus dem Zimmer eilte. »Eine Stütze kann ich jetzt in jeder Beziehung gut gebrauchen.«
    Tobias konnte sich nicht erinnern, jemals wirklich zornig auf seinen Onkel gewesen zu sein. Doch jetzt war er es. Es ging ihm einfach nicht in den Kopf, dass er Sadiks wahnwitzigen Plan tatsächlich gutgeheißen und abgesegnet hatte. Waren sie denn alle mit Blindheit geschlagen? Sein Onkel hatte doch sonst einen so scharfen, nüchternen Verstand! Saß ihm nach dem Verrat von Nagelbrecht, dem schmerzhaften Schulterdurchschuss und angesichts des drohenden Kerkers der Schock so tief in den Gliedern, dass er vorübergehend sein gesundes Urteilsvermögen verloren hatte? So musste es sein. Denn eine andere Erklärung konnte es nicht geben.
    Tobias gab sich keine Mühe, seinen Zorn vor ihm zu verbergen, als er ihn auf dem Weg zu seinem Studierzimmer stützte.
    Als die Tür hinter ihnen zufiel, sagte Heinrich Heller belustigt: »Du schneidest ein Gesicht, als wolltest du mich am liebsten fressen.«
    »Ich verstehe nicht, wie du darüber noch witzeln kannst!«, erwiderte Tobias hitzig. »Wie könnt ihr beide bloß so verbohrt sein und glauben, irgendjemand könnte aus Falkenhof zu Pferd entkommen!«
    »Sadik …«
    Doch Tobias war jetzt nicht zu bremsen. Diesmal ließ er sich nicht zum Schweigen verdonnern. »Sadik muss nicht mehr ganz bei Verstand sein! Und du auch nicht, dass du seinem Plan zugestimmt hast! Er wird nie und nimmer den Wald erreichen. Zeppenfeld wird ihm Sultan mit einer schnellen Schrotladung unter dem Hintern wegschießen, bevor er auch nur ein Drittel der Strecke hinter sich gebracht hat. Mein Gott, er wartet doch bloß darauf, dass einer von uns so einen sinnlosen Verzweiflungsausbruch versucht. Dann hat er die Geisel, die er braucht, um hier einzudringen und uns den Spazierstock abzunehmen! Dabei haben wir doch den Ballon, Onkel Heinrich! Und es herrscht heute kräftiger Wind. Ehe sie begreifen, was da in den Himmel steigt, sind wir schon aus der Reichweite ihrer Pistolen und Schrotflinten. Aber auch mit ein paar Löchern in der Hülle könnten wir immer noch schneller und weiter fliegen als sie uns zu Pferd bei Nacht querfeldein folgen könnten. Deshalb begreife ich nicht, wieso du Sadik in sein Verderben reiten lässt! Das ergibt keinen Sinn!«
    Heinrich Heller sank mit einem unterdrückten Stöhnen auf seinen Schreibtischstuhl. »Das hat er wirklich«, murmelte er und holte aus der Tabaksdose den Schlüssel für die Schublade, in der er seine brisanten politischen Aufzeichnungen aufbewahrte.
    Tobias runzelte die Stirn. »Wer hat was?«
    »Na, Sadik, den Verstand verloren«, pflichtete ihm sein Onkel bei, als wären sie nie gegenteiliger Meinung gewesen. »Diese Idee mit dem Teufelsritt ist geradezu lachhaft. Sultan ist ein gutes Pferd, aber doch kein fliegender Teppich.«
    Jetzt verstand Tobias gar nichts mehr. »Du – du findest also auch, dass der Plan keine Aussicht auf Erfolg hat?«, vergewisserte er sich.
    »Er könnte genauso gut versuchen, im Handstand flüchten zu wollen«, versicherte Heinrich Heller mit beißendem Spott und zog die Schublade auf.
    »Ja, aber – warum hast du dann zugestimmt, Onkel?«
    »Hast du nicht gesehen, in welch panische Angst es ihn versetzt hat, als ich vorschlug, mit dem Ballon zu flüchten?«
    »Ja, schon.«
    »Von diesem Augenblick an war er wie verwandelt. Keinen noch so logischen Einwand hätte er gelten lassen. Nicht mit tausend Engelszungen hätten wir ihn bereden können, mein Junge. Sein Mut und seine Tapferkeit sind über alle Zweifel erhaben. Doch auch der Heldenhafteste hat seine große Schwäche, seine Achillesferse! Offenbar ist das bei Sadik die Höhenangst oder etwas in der Art«, erklärte Heinrich Heller. »Auf jeden Fall hat da bei ihm der Verstand ausgesetzt. Deshalb habe ich nicht mehr versucht, ihn überreden und von der Aussichtslosigkeit seines Planes überzeugen zu wollen. Weil ihn Worte nicht erreicht hätten.«
    »Panische Angst, das muss es sein. Anders kann ich mir sein Verhalten auch nicht erklären«, pflichtete Tobias ihm bei. »Aber gerade weil Sadik nicht ganz bei Verstand ist, dürfen wir nicht zulassen, dass er sich ins Unglück stürzt. Er ist unser Freund! Ich kann ihn da nicht einfach hinausreiten lassen!«
    Heinrich Heller nickte nachdrücklich. »Das wird auch nicht geschehen. Es ist unsere Pflicht, auf ihn aufzupassen, wenn er vorübergehend nicht selber dazu in der Lage ist. Dafür sind Freunde da. Es wird keinen

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