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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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etwas zu Mittag zu sich genommen hätten, was der Stallknecht bejahte. Pagenstecher hatte ihnen Brote und eine Kanne Kaffee bringen lassen.
    »Was wird mit Schwitzing?«, wollte Tobias wissen, als sein Onkel sich von Pagenstecher verabschiedet hatte und zu ihm zur Kutsche zurückkehrte.
    »Was soll mit ihm sein? Du hast doch gehört, dass er wieder wohlauf ist.«
    »Wäre es nicht besser, er würde noch eine Weile zu Hause bleiben und sich richtig erholen?«, fragte Tobias nicht ohne eigennützige Hintergedanken. Karl Maria Schwitzing hatte das Angebot, auf Falkenhof zu wohnen, von Anfang an abgelehnt und zog es vor, morgens und abends eine Stunde mit der Kutsche unterwegs zu sein und mit seiner jungen Frau in Mainz wohnen zu bleiben. Im Winter war das beschwerlich, aber das nahm er offenbar gern in Kauf.
    »Nach so einer Erkältung muss man vorsichtig sein, und die Fahrt täglich von Mainz zum Falkenhof und am Nachmittag zurück … ich meine, da kann er sich bei dem kalten Wetter doch einen Rückfall holen. Außerdem, da wir doch jetzt den Ballon haben und du davon noch nichts in die Öffentlichkeit dringen lassen möchtest …« Er ließ den Satz offen.
    »Wie besorgt du bist, Tobias«, zog sein Onkel ihn auf. »Doch ich glaube fast, dir liegt noch mehr an ein paar unterrichtsfreien Wochen, nicht wahr?«
    »Und wennschon! Würde das meiner Bildung einen so schweren Schlag versetzen?«, entgegnete Tobias. »Und du hast mir doch versprochen, dass ich bei all den Vorbereitungen und den Experimenten dabei sein kann … Bitte, Onkel Heinrich. Wenn ich doch schon nicht nach Paris gehe … vorläufig«, setzte er vorsichtshalber hinzu.
    Heinrich Heller lachte. »Also gut, fahren wir bei Schwitzing vorbei und informieren ihn, dass er sich erst einmal seiner Gesundheit und seiner jungen Familie widmen kann – bei vollen Bezügen! Du bist mir wahrlich ein teurer Junge, weißt du das?«
    »Fällt das bei so viel teurer Seide und Taft überhaupt noch ins Gewicht, Onkel?«, fragte Tobias spitzbübisch zurück.
    »Ab in die Kutsche mit dir, du Naseweis!«, befahl Heinrich Heller, doch seine Augen blitzten vergnügt.
    Sie fuhren bei Schwitzing vorbei, dessen Nase noch immer triefte und der nur zu dankbar war, die nächste Zeit nicht nach Falkenhof zu müssen, ohne dadurch finanzielle Einbußen zu erleiden.
    Dann beeilten sie sich, dass sie aus Mainz und auf die Landstraße kamen. Heinrich Heller war wieder bester Dinge und schien den Zwischenfall mit Riebels Verhaftung und Pizalla Drohgebärde vergessen zu haben. In angeregtem Gespräch ging die Zeit dahin, während Sadik darauf achtete, dass Jakob Weinroth mit dem schwer beladenen Fuhrwerk den Anschluss nicht verlor.
    Sie waren kurz vor Marienborn, als es passierte: der entsetzliche Unfall.
     

 
     
     

     
ZWEITES BUCH
 
Jana
 
März 1830
     

 
Ein entsetzlicher Unfall
     
    Den Rotfuchs zog es in den heimatlichen Stall und Sadik musste ihn an die Zügel nehmen. Hätte er ihm seinen Willen gelassen, wäre Jakob Weinroth die Kutsche in Minutenschnelle aus den Augen geraten. Doch er nahm ihn nur sehr ungern an die Kandare, denn es war bald Zeit für die rituellen Waschungen und die Nachmittagsgebete, die acht raktas, auf seinem Gebetsteppich. Sie mussten in Richtung der Kaaba in Mekka ausgeführt werden, die vom Falkenhof weit, sehr weit im Südosten lag.
    Doch Sadik übte sich in Geduld und beruhigte sich mit dem Gedanken, dass Allah es ihm in seiner Barmherzigkeit und Güte schon nachsehen werde. In der Welt der Ungläubigen fand er nun mal nicht immer zu den vorbestimmten Zeiten die Gelegenheit, das salat, das rituelle Gebet zum Lobe Allahs, zu sprechen.
    Um Abbitte zu leisten für diese Pflichtversäumnisse und um wenigstens ein klein wenig zum Wohlgefallen Allahs zu tun, sprach er schon mal die Al-Fatiha, die erste Sure des Korans, die den Anfang eines jeden Gebets bestimmte.
    »Bismil-la-hir-rah-ma-nir-ra-him. Al-ham-du lil-la-hi rab-bil-ala-min …«, murmelte er in einem leisen Singsang, während der Rotfuchs durch eine lang gezogene Kurve trottete, die zu beiden Seiten von Bäumen und dichtem Gestrüpp gesäumt war. »Im Namen Allahs, des Allbarmherzigen! Lob und Preis sei Allah, dem Herrn aller Weltenbewohner, dem gnädigen Allerbarmer, der am Tage des Gerichtes herrscht. Dir allein wollen wir dienen …«
    Sadik gelangte nur bis zum fünften Vers der ersten Sure. Denn als die Kutsche die scharfe Biegung hinter sich gelassen hatte und die Landstraße wieder ein

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