Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken
die die Menschen haben, und solchen Dingen. Was interessiert dich denn?«
»Och, eine ganze Menge«, meinte Tobias gedehnt.
»Das muss ich schon genauer wissen. Fangen wir mit einer Sache an. Also, entscheide dich für was.«
Tobias kam sich komisch vor, eine präzise Frage an die Karten stellen zu sollen. »Wie … wie wäre es mit der Zukunft?«, schlug er dann vor.
»Die Zukunft ganz allgemein?«, wollte Jana wissen. »Oder irgendetwas Bestimmtes davon?«
»Nein, nein, lassen wir es lieber allgemein«, wehrte er schnell ab.
»Dann sprich die Frage, die dir die Karten beantworten sollen, genau aus«, forderte sie ihn auf.
Er holte Atem, dachte an den Ballon und Paris und fragte dann: »Was wird mir die Zukunft in den nächsten Monaten bringen?«
»Ja, damit kann ich etwas anfangen.« Sie glättete ihre Bettdecke. »Leg den Stoß hier hin und hebe mit der linken Hand einen Packen nach links ab und dann von diesem Packen einen weiteren nach links, sodass drei Stöße daliegen.«
»Ist das so wichtig, die Hand und die Richtung?«
»Das ist Tarot-Tradition. Damit rufen wir die Macht der Herrscherin, der Dreifach-Göttin, an«, erwiderte Jana und legte die drei Stöße mit der linken Hand nun so wieder zusammen, dass der unterste Packen zuoberst lag.
»Dreifach-Göttin?«, wiederholte Tobias spöttisch. »Göttin ist ja schön und gut, aber warum muss es gleich eine Dreifach-Göttin sein?«
»Drei ist das Symbol für die Natur!«, belehrte sie ihn. »Sie besteht aus Eins und Zwei, den Polen des Lebens, aus denen alles besteht. Eins und Zwei – das sind Mann und Frau. Und Drei ist die Summe von beidem, nämlich die Geburt, die Mutterschaft. Drei umschließt alles. Daher Dreifach-Göttin.«
»So gesehen klingt das natürlich schon anders«, räumte er ein.
»Du darfst den Namen einer jeden Karte nicht wörtlich nehmen, Tobias. Es sind zumeist Symbole, die gedeutet werden müssen.«
»Na, dann fang doch mal damit an!«, forderte er sie auf.
Jana blickte einen Moment nachdenklich auf den Kartenstoß. »Ich glaube, ich mache bei dir eine Befragung mit elf Karten.«
»Warum ausgerechnet elf?«
Sie nahm ihm seine vielen Fragen nicht übel. Es war ja das erste Mal, dass er sich die Karten legen ließ. Sie lächelte daher nur über seine Unwissenheit. »Jeder, der die Karten befragt, hat seine eigene Methode und irgendwelche Legebilder, die er bevorzugt, weil sie ihm zusagen. Aber alle richten sich letztlich doch nach den magischen Zahlen und einer Verbindung solcher Zahlen. So ist ein Legebild mit sieben Karten die Verbindung aus den heiligen Zahlen Drei und Vier – und ergeben eine weitere heilige Zahl, nämlich Sieben.«
»Und elf ist die Kombination aus vier und sieben«, folgerte Tobias.
»Richtig. Vier und Sieben sind die Zahlen, mit denen ich am liebsten arbeite«, sagte sie und ahnte schon sein »Warum?«, denn sie fuhr erklärend fort: »Vier bedeutet im Okkulten das göttliche Gesetz und die vier Welten der Schöpfung.«
»Du meinst die vier Elemente: Feuer, Wasser, Himmel und Erde?«
»Genau. Daher trägt die Karte des Herrschers auch die Zahl Vier. Aber nicht nur da kommt die Vier vor. Auch beim kopfunter Gehängten wirst du die Vier entdecken. Seine Beine sind nämlich so über Kreuz geschlagen, dass sie diese Zahl bilden.«
»Der kopfunter Gehängte? Das ist aber eine grausige Karte! Was hat die denn mit göttlichem Gesetz und Schöpfung zu tun?«, fragte er verständnislos.
Sie lachte. »Ach, das ist gar keine so schlimme Karte, wie sie einem Laien auf den ersten Blick erscheint. Der Gehängte zeigt nämlich einen strahlenden Ausdruck.«
Tobias verzog das Gesicht. »Na, ich würde bestimmt nicht strahlen, wenn man mich aufhängen würde!«
»Der Heilige Petrus wurde mit dem Kopf nach unten gekreuzigt, weil er sich nicht für würdig hielt, denselben Tod zu sterben wie Jesus Christus. Hier hast du die Verbindung zur Schöpfung und zum Göttlichen. Der Tod ist eben nicht nur etwas Schreckliches, Dunkles, sondern auch die Erlösung.«
Tobias spürte, wie ihn die Welt des Okkulten mit ihren merkwürdigen Verbindungen und Deutungen in ihren Bann zog. »Und was ist mit der Sieben?«
»Das ist die Zahl des Wagens, einer Karte, die Sieg und Triumph darstellt. Denn sie ergibt sich aus der Verbindung von Drei, der Karte der Göttin und Herrscherin, und Vier, der Karte des Herrschers. Sieben weist aber auch auf die sieben Planeten hin: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Daher
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