Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken
niemandem darüber zu sprechen, weil die Geheimhaltung des Ballons für seine Versuche von größter Bedeutung ist. Und hättest du an meiner Stelle dein Wort gebrochen?«
Jana sah ihn mit skeptischer Miene an. »Ist das jetzt die Wahrheit?«
Er hob die Hand zum Schwur. »Ich schwöre es, Jana! Bei allem, was mir teuer ist! Ich hätte wirklich nichts lieber getan, als dir alles vom Ballon und unserem ersten Aufstieg zu erzählen. Aber ich war an mein Wort gebunden.«
Ihr Gesicht wurde weich. »Warum hast du mir das nicht gleich gesagt?«
»Weil du dann doch gewusst hättest, dass ich dir etwas Wichtiges verschweige.«
»Das habe ich auch so gewusst!«
Sie sahen sich an, und dann löste sich die ganze Verstimmung zwischen ihnen in einem befreienden Lachen auf.
»Ich bin richtig froh«, sagte Tobias erleichtert, »dass Sadik dir die Krücken ausgerechnet heute Abend gebracht hat und nicht erst morgen. Sonst wärst du uns bestimmt nicht auf die Schliche gekommen und mir immer noch gram gewesen, weil ich dich angeblich belogen habe.«
»Jetzt bekommt Sadik von deinem Onkel bestimmt einiges zu hören, und dabei hat er es doch nur gut gemeint, der Arme.«
»Ach was! Da kennst du meinen Onkel schlecht. Er trägt es mit Fassung, und er hat gesagt, er wird dir auch nicht den Kopf abreißen, weil du auf den Flur geschlichen bist. Du hast ja von seinem geheimen Projekt nichts wissen können und somit auch nichts getan, was er rügen könnte«, beruhigte er sie. »Und Sadik tut sowieso, was er für richtig hält. Mein Onkel hat ihm nichts zu befehlen. Ich glaube, er ist auch nur wegen mir auf Falkenhof geblieben – wohl weil mein Vater und mein Onkel ihn darum gebeten haben.«
»Da bin ich ja beruhigt.«
»Onkel Heinrich wird aber noch mit dir sprechen und von dir verlangen, dass du kein Wort über den Ballon verlierst, wenn du Falkenhof verlässt.«
»Das Versprechen gebe ich ihm gern. Mit wem sollte ich auch darüber reden? Meinst du, er erlaubt mir, dass ich bei eurem nächsten Aufstieg zuschauen kann?«
»Sicher, warum denn auch nicht? Jetzt gibt es doch nichts mehr geheim zu halten«, sagte Tobias zuversichtlich. »Wie lange hast du denn am Fenster gestanden?«
»Nur ein paar Minuten. Ich hab dich noch in die Gondel klettern sehen. Doch als Unsinn dann am Seil hochgeturnt ist, bin ich schnell vom Fenster weg und ins Zimmer zurückgehumpelt. Aber er sah so prächtig aus, euer Ballon.«
Tobias fühlte Stolz. »Ja, findest du?«, fragte er nach. Ihr Urteil bedeutete ihm viel.
Sie nickte eifrig. »Ganz wunderschön! Dieser rote Vogelkopf auf dem schwarzen Stoff und dazu die beiden goldenen Buchstaben! So einen schönen Ballon habe ich noch nicht gesehen, und dabei habe ich schon einige aufsteigen sehen, in Berlin und in Frankreich. Aber keiner könnte eurem das Wasser reichen.«
»Mein Onkel hat ihm den Namen Falke gegeben und wir sind schon bis auf hundert Meter aufgestiegen«, berichtete er ihr und kam sich dabei sehr erwachsen und mutig vor.
Jana wollte nun alles über den Ballon und ihre beiden Fesselaufstiege wissen und Tobias stillte ihre Neugier nur zu gern. Endlich konnte er ihr erzählen, wie es war, wenn der Ballon anruckte und die Welt unter einem zurückblieb und ganz klein wurde, während man höher und höher schwebte. Er schwärmte ihr von dem Gefühl des Losgelöstseins, der Freiheit und der Stille vor, ohne sich bewusst zu werden, dass er jetzt fast so überschwänglich klang wie sein Onkel bei ihrem ersten Aufstieg.
»Hast du denn keine Angst gehabt?«
Tobias war im ersten Moment versucht, ihre Frage nachdrücklich zu verneinen, als wäre Angst etwas, das doch ihn nicht befallen könnte. Aber er wollte sie nicht belügen.
»Na ja, am Anfang war mir doch schon etwas mulmig zu Mute«, und zu seiner Ehrenrettung fügte er schnell hinzu: »Ich glaube, Sadik und Jakob wussten noch nicht so recht mit den Winden umzugehen und haben die Seile ganz schön schnell abspulen lassen. Aber das hat sich rasch gelegt, das mulmige Gefühl. Jetzt wird es kaum wieder auftreten.«
Sie nickte verständnisvoll. »Ich glaube, ich hätte auch ein ganz schön flaues Gefühl, wenn ich in so einer Ballongondel stehen und so schnell nach oben steigen würde. Aber dennoch würde ich keine Sekunde zögern.«
»Vielleicht lässt dich mein Onkel ja mal mitfahren«, sagte Tobias spontan.
Zweifelnd sah sie ihn an, doch ihre Stimme hatte einen aufgeregten, hoffnungsvollen Klang: »Meinst du wirklich?«
»Natürlich
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