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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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hatte den Ballon als idealen Turnplatz entdeckt und dachte nicht daran, seinen Aufstieg abzubrechen.
    »Ich glaube, er klettert bis zum Pol hoch und auf der anderen Seite wieder hinunter«, sagte Tobias beunruhigt, als der Zwergaffe aus ihrem Blickfeld entschwand.
    »Wenn das alles ist, was er anstellt, würde ich ihn gewähren lassen«, erwiderte Heinrich Heller mit sorgenvoller Miene. »Aber wenn er oben auf der Hülle herumspringt und sich in die Seide krallt …«
    »Wir hätten ihn doch besser nicht mitgenommen.«
    »Scheint mir auch so. Tja, dann werden wir mal vorsichtshalber wieder zurückkehren.« Er seufzte, griff zur Laterne und gab das Lichtzeichen zum Einholen des Ballons. »Vielleicht bleibt noch Zeit, um etwas Gas nachzufüllen und einen zweiten Aufstieg zu unternehmen. Allmählich muss ich mit meinen Messungen beginnen.«
    Als der Falke wieder sicher auf dem Podest gelandet war, deutete Jakob mit einem breiten Grinsen auf die Spitze des Ballons. Unsinn saß tatsächlich hoch oben auf der Kuppe.
    »Du kommst jetzt sofort herunter, Unsinn! Sonst sind wir die längste Zeit Freunde gewesen!«, rief ihm Tobias zu.
    Der Affe neigte den Kopf, als würde er diese Warnung ernsthaft bedenken, kratzte sich dann die Brust – und kletterte tatsächlich am Netz nach unten. Als wollte er sich auch noch über Sadik amüsieren, hangelte er sich ausgerechnet vor dem verschlossenen Gesicht des Arabers am Zugseil hinunter.
    Mit drei, vier schnellen Sprüngen war er dann bei Tobias und ließ sich bereitwillig von ihm packen. Er schaute dabei so vergnügt drein, dass Tobias ihm gar nicht böse sein konnte. Mit welchem Recht auch? Was verstand ein Affe schon vom Ballonflug und der Empfindlichkeit von gasgefüllter Seide?
    »Geh nur zu Jana«, sagte Heinrich Heller zu seinem Neffen, der zögerte, ob er vorher nicht noch mit anpacken sollte. »Ich erledige das schon mit Sadik und Jakob.«
    Sadik sah sehr unzufrieden aus. Ihm war natürlich auch längst klar, dass die Krücken nicht das bewirken würden, was er sich von ihnen erhofft hatte.
    »Nimm es nicht so tragisch, Sadik«, sagte Tobias, als wolle er ihn trösten, doch in seinen Augen blitzte fröhlicher Spott. »Wie war das noch mal mit den Nüssen und Mandeln? Richtig! Allah gibt sie manchmal dem, der keine Zähne hat.«
    Sadik verzog das Gesicht. »Und unter der Herrschaft der Affen muss man zu einem Hund ›mein Herr‹ sagen«, erwiderte er missmutig.
    Tobias lief mit dem Affen auf seinem Arm ins Haus. Er rechnete fest damit, dass Jana nicht schlief, sondern sein Kommen erwartete.
    Seine Vermutung erwies sich als richtig. Sie saß zwischen ihren vielen Kissen im Bett, den »Ivanhoe« aufgeschlagen und die Krücken in Reichweite an die Wand gelehnt. Sie war hellwach, und ihr sprühender Blick sagte ihm gleich, dass es nicht leicht sein würde, sich mit ihr zu versöhnen.
    »Du hast mich angelogen!«, beschuldigte sie ihn auch sogleich. »Ich habe es gewusst!«
    »Das ist nicht wahr! Angelogen habe ich dich nicht«, erwiderte er und gab Unsinn frei, der sofort zu ihr aufs Bett sprang.
    »Und ob du gelogen hast! Von wegen Experimente mit Luft und astrologische Beobachtungen! Ihr seid mit einem Ballon aufgestiegen!«
    »Ich habe nur nicht die ganze Wahrheit gesagt«, räumte er ein. »Aber gelogen war es nicht, denn wegen dieser Experimente hat er sich den Ballon ja anfertigen lassen.«
    »Dennoch hast du mich für dumm verkaufen wollen!«, erklärte sie schroff.
    »Habe ich nicht! Außerdem erzählst du mir ja auch nicht alles«, entgegnete er. »Du bist doch von deiner Tante und diesem Rene weggelaufen.«
    »Ich brauche nicht wegzulaufen! Sie sind nicht meine Eltern, und deshalb kann ich tun und lassen, was ich will!«
    »Aber warum du dich von ihnen getrennt hast, hast du auch für dich behalten«, beharrte Tobias.
    »Das ist etwas anderes.«
    »Ist es nicht!«
    »Doch! Auf jeden Fall habe ich dich nicht angelogen!«
    Tobias sank neben ihr auf den Stuhl. Sich so zu streiten wie die Kesselflicker, brachte sie einer Versöhnung nicht näher. »Also gut, ich habe geschummelt und versucht dir etwas zu verheimlichen«, räumte er ein.
    »Aha!«, rief sie mit freudlosem Triumph. »Endlich gibst du es zu!«
    »Aber gelogen habe ich nicht, und tatsächlich wollte ich es dir schon gleich am ersten Tag erzählen«, fuhr er hastig fort, um ihr erst gar keine Gelegenheit für eine vorwurfsvolle Bemerkung einzuräumen. »Aber ich hatte Onkel Heinrich mein Ehrenwort gegeben, mit

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