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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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nicht? Mir ist bisher noch keine Gans begegnet, die sich nicht sofort auf ein Stück Brot gestürzt hätte, das man ihr vorgeworfen hat – allein schon aus Futterneid. Und so einen köstlichen Schlummerhappen werden sie sich erst recht nicht entgehen lassen.«
    »Und wenn doch?«
    Sadik zuckte mit den Achseln. »Dann verstehe ich die Gänsewelt nicht mehr«, antwortete er leichthin, als ginge es hier nur um einen fröhlichen Scherz. »Aber warten wir es ab. Wir werden es ja bald wissen.«
    »Himmel, du hast vielleicht Nerven!«, stöhnte Tobias leise auf und höhlte den Brotlaib völlig aus.
    »Zerschneide auch die Kruste, am besten in daumengroße Stücke. Je mehr sie von dem Brot fressen, desto eher wirft der Alkohol sie um.«
    »Wenn sie diese Branntweinbrotpampe wirklich hinunterwürgen, werden einige aus dem Rausch nicht wieder zu sich kommen«, fürchtete Tobias. »Das Zeug ist so stark, dass man schon vom Geruch benebelt wird.«
    Sadik hatte den Inhalt des Fässchens zu gleichen Teilen auf die vier Eimer verteilt und griff nun seinerseits zu einem Brot. »Aiwa, das mag sein. Doch wer seine Gabel bei Tisch in ein saftiges Stück Braten stechen möchte, darf den Schlächter nicht einen gefühllosen Menschen schimpfen. Auch für die Schuhe, die du trägst, hat ein Tier seine Haut zu Markte tragen müssen.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Tobias und fügte leise hinzu: »Und dennoch tun sie mir leid.«
    Sadik nickte nur und eine Weile hockten sie schweigend im Schutz des Gebüsches, zerfetzten die Brote und tunkten die Stücke in den Branntwein. In jeden Eimer kamen anderthalb große Laibe. Als sie mit dem Zerstückeln fertig waren, kneteten sie die feuchte Brotmasse noch einmal gründlich durch, bis sie den Alkohol völlig aufgesogen hatte.
    Danach zogen sie Hemd und Hose aus, wickelten sie in einen Sack und banden ihn auf ein breites Bündel Stroh, das sie in den Säcken mitgebracht hatten. Aus dem Rest fertigten sie ein zweites langes Strohgebinde. Zwischen die Stricke schob Tobias sein kostbares Florett. Ihre Schuhe nahmen sie nicht mit.
    »Alles fertig? Gut. Jetzt gilt es, unsere Schätze sicher und unbemerkt in die Nähe des anderen Ufers zu bringen. Sehen wir also zu, dass wir ins Wasser kommen«, sagte Sadik und gab nach kurzem Zögern das Zeichen zum Aufbruch.
    Tobias verzog das Gesicht. »Ich hasse es, in so einem Teich baden zu gehen – und dann auch noch bei Nacht!«
    »O doch! Ich kann es dir sehr gut nachempfinden!« Sadik warf ihm einen gequälten Blick zu. »Aber wir haben keine andere Wahl. Bringen wir es hinter uns!«
    »Meinst du nicht, dass wir viel zu früh sind?«
    »Aiwa«, sagte Sadik, griff aber zwei Eimer, »wenn es danach geht, sind wir auch in einer Woche noch viel zu früh. Nur zählt dieses Gefühl leider nicht.« Und ohne eine Antwort abzuwarten lief er geduckt am Gebüsch vorbei und watete ins Wasser. Er ging in die
    Hocke, so dass nur noch Schultern, Kopf und die beiden Holzeimer aus dem Wasser ragten.
    Tobias nahm die beiden Strohbündel, setzte sie auf das Wasser und schob sie Sadik zu, als er sich vergewissert hatte, dass sie auch wirklich sicher auf der Oberfläche schwammen. Dann holte er seine beiden Eimer und watete nun selber in tiefere Teichgewässer hinaus.
    Fast bis zu den Knien sackte er im Uferschlamm ein, der seine Füße wie eine schleimige Hand zu umfassen schien, so als wollte er sie nie wieder freigeben. Ihn ekelte vor dem Morast, der bei jedem Schritt unter seinen nackten Fußsohlen wegglitt, sich aber saugend an seine Haut heftete, wenn er den Fuß wieder heben wollte. Eine Gänsehaut kroch über seine Arme.
    »Bleib hinter mir«, raunte Sadik ihm zu.
    »Worauf du dich verlassen kannst«, gab Tobias zurück, legte sich das Bündel mit seinem Florett quer vor die Brust und schob die beiden Eimer mit der Hand vor sich her, während sie langsam und so nahe wie möglich dem Bogen des Teichufers folgten. Hier und da wuchs Schilf und bildete kleine Riegel, die ihnen einen idealen Schutz vor Entdeckung boten. Doch dazwischen lagen immer wieder vier, fünf Meter breite Stellen, wo es keine Deckung für sie gab. Dann tauchten sie bis zum Kinn unter, hielten ihr Strohbündel mit den Zähnen fest und schoben die Eimer mit den branntweingetränkten Brotstücken vor sich her.
    Es war eine überaus mühselige und anstrengende Methode, sich im morastigen Teich vorwärts zu bewegen. Meter um Meter näherten sie sich ihrem Ziel, einem Schilfgürtel am südwestlichen Rand der

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