Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
Tobias auf Ablehnung. Stundenlang im nassen Unterholz zu kauern reizte ihn wenig – zumal er fest davon überzeugt war, dass dazu überhaupt kein Anlass bestand. »Ich denke, du siehst Gespenster, wo gar keine sind. Deshalb werde ich jetzt da hinuntergehen.«
»Und was ist, wenn Sadik nun doch Recht hat?«, fragte Jana, die nun auch Bedenken hatte. »Wenn Zeppenfeld und seine Männer im Gasthof auf euch warten, bist du geliefert. Wie sollen wir dir dann helfen?«
Sadik nahm die Gelegenheit wahr um sofort in diese Kerbe zu schlagen. »Den Falkenstock und sein Geheimnis wirst du dann für immer verlieren, denn Zeppenfeld wird ihn mir abpressen. Es mag sein, dass du mit dem Leben davonkommst, mein Junge. Aber Stenz und Tillmann werden dich gewiss nicht ziehen lassen ohne sich an dir gerächt zu haben.«
»Tobias, bitte! Verfahren wir so, wie Sadik vorschlägt! Ein paar Stunden mehr oder weniger fallen nicht ins Gewicht! Geh nicht hinunter!«, bat Jana ihn und ihr Blick war so eindringlich wie ihre Stimme.
»Ist deine Ungeduld wirklich so unbezähmbar, dass du dafür dieses Risiko eingehen willst? Und vergiss nicht, dass du nicht nur dich in große Gefahr bringst, sondern auch Jana und mich. Also überleg es dir gut«, fügte Sadik mahnend hinzu.
»Schon gut, ich gehe nicht. Warten wir bis zur Dunkelheit«, sagte Tobias und nickte. »Aber wenn du Recht hast und Zeppenfeld uns dort unten wirklich eine Falle zu stellen versucht, dann haben sie unter Umständen schon Jakob in ihrer Gewalt.«
Sadik nickte. »Nicht unter Umständen, sondern mit Sicherheit«, korrigierte er ihn. »Sollte Zeppenfeld mit seiner Bande im Gasthof sein, können sie dorthin nur gelangt sein, indem sie Jakob gefolgt sind. Und dann befindet er sich in ihrer Gewalt – wie auch der Patron und seine Frau.«
»Angenommen, es verhält sich so: Wie können wir sie befreien?«,
fragte Tobias. »Der Gasthof steht doch so frei, dass wir ihm uns gar nicht unbemerkt nähern können. Nicht mal im Schutz der Nacht. Die Ersten, die Alarm schlagen werden, sind die Gänse!«
Jana nickte. »Gänse sind wachsamer als scharfe Hunde.«
»Aiwa, das ist in der Tat ein großes Problem«, gab Sadik zu, schaute mit gefurchter Stirn zur Gänsewiese am Teich hinüber und sagte dann mit einem Lächeln: »Aber auch dafür gibt es eine Lösung.«
Tobias sah ihn überrascht an. »Sag bloß, du hast schon eine Idee?«
Sadik nickte. »Kommt, wir müssen schnellstens zurück nach Furtwipper! Was wir brauchen um die Gänse friedlich zu stimmen, erhalten wir nur dort. Doch wir müssen uns beeilen um wieder rechtzeitig zurück zu sein.« Auf dem Weg zurück zum Wagen erzählte er ihnen, was ihm eingefallen war.
Sadiks Schlummerhappen
Wie ein dunkles Tuch lag die Nacht über Hof und Teich sowie Wäldern und Wiesen rund um den Gasthof Zur Goldenen Gans. Der Himmel war bedeckt und ein schwacher Sommerwind wehte aus Nordosten von den grünschwarzen Höhen des Schwarzwaldes.
»Besser hätten wir es gar nicht treffen können«, raunte Sadik zufrieden, nachdem er die Windrichtung noch einmal geprüft hatte.
»Ein Gasthof ganz ohne Gänse und ohne Zeppenfeld wäre noch besser gewesen«, antwortete Tobias leise und noch außer Atem. Schweiß bedeckte sein Gesicht und das Hemd klebte ihm am Körper, während ihm sein Mund so ausgetrocknet erschien wie ein oberägyptisches Wadi im Hochsommer.
Es war schon dunkel gewesen, als sie aus Furtwipper in den Wald jenseits vom Krähenberg zurückgekehrt waren. Nach einer letzten Besprechung mit Jana waren sie dann losgezogen, Sadik und er, schwer beladen wie die Packesel. Sie hatten einen großen Bogen um den Gasthof geschlagen um auf die andere Seite des Anwesens und des Teiches zu gelangen. Und da sie mit ihrem äußerst unhandlichen und auch nicht eben leichten Gepäck möglichst schnell und zugleich doch auch so leise wie möglich vorankommen mussten, waren sie gehörig ins Schwitzen geraten.
Sie kauerten jetzt hinter einem Gebüsch, das in unmittelbarer Nähe des Ufers wuchs und einen intensiven, schweren Blütenduft verströmte. Vor ihnen lag die dunkle, glatte Fläche des Teiches. Bis ans andere Ufer waren es gut und gern fünfzig Meter. Licht fiel aus den hinteren Fenstern auf die Gänsewiese ohne jedoch mehr als ein paar Meter des eingezäunten Geländes zu erhellen. Ganz anders sah es auf der Vorderfront des Gasthofes aus, den sie jetzt nicht mehr einsehen konnten. Doch als sie sich vor anderthalb Stunden in der
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