Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
nachdenklich.
»Außerdem würde ein Mann wie Zeppenfeld doch nicht solche Anstrengungen unternehmen, wenn es nicht um etwas Außergewöhnliches ginge!«
»Richtig, nur ist auch jemand wie Zeppenfeld nicht davor gefeit, einer Spur zu folgen, die letztlich doch nur im Reich blumiger Legenden versandet.«
Heftig schüttelte Tobias den Kopf. »Wattendorf muss auf dieses verschollene Tal gestoßen sein! Ein Tal, das seinem Wiederentdecker unsterblichen Ruhm einbringen wird, das schreibt er ja auch in seinem Brief an meinen Vater. Aber welchen Weg weist der Falke? Und was bedeutet das mit dem Gang des Skarabäus?«
»Vielleicht ist das ein Hinweis auf versteckte Königsgräber«, überlegte Sadik. »Aus Angst vor Grabräubern haben die Erbauer viele Pharaonengräber und deren Schatzkammern häufig mit komplizierten Labyrinthsystemen und Fallen gesichert.«
»Und du meinst, der ›Gang des Skarabäus‹ führt an den Fallen vorbei zur Grabkammer?«
»Eine Möglichkeit, nichts weiter.« Sadik wollte sich nicht festlegen.
»Aber wo sind die Papyrusschwingen, auf denen der Weg eingebrannt ist?«
»Vielleicht steckt eine Karte im Stock.«
»Nein, unmöglich«, sagte Tobias. »Als mein Vater ihn mir gegeben hat, habe ich ihn gleich genau untersucht. Ich dachte erst auch, dass sich der Falkenkopf abschrauben ließe. Aber es funktioniert nicht.«
»Vielleicht warst du nicht gründlich genug?«
»Versuch’s doch selber.«
Sie blieben stehen, Tobias holte den Stock hervor und Sadik prüfte ihn eingehend. Er versuchte den Kopf abzuziehen. Erfolglos. Auch ließ er sich weder nach rechts noch nach links schrauben. Er rührte sich nicht von der Stelle, wieviel Kraft er auch anwandte.
»Nichts. Sitzt wie festgegossen«, stellte er fest.
»Wie ich gesagt habe!«
»Er kann aber dennoch hohl sein. Ich kann ihn ja mal durchbrechen. Dann wissen wir es.« Sadik schaute ihn fragend an, ob er es tun sollte.
Tobias zögerte. »Besser nicht. Denk an die Zeichen und Markierungen auf dem Holz. Das hat bestimmt etwas zu bedeuten. Vielleicht ist er so etwas wie ein Schlüssel, der zerbrochen nichts mehr nutzt. Dieses Risiko sollten wir nicht eingehen.«
Sadik zuckte mit den Achseln. »Auch möglich.«
»Außerdem steht im Gedicht, dass sich der Vogel seine Beute nur durch einen mutigen Vorstoß entreißen lässt. Den Stock übers Knie zu brechen ist damit garantiert nicht gemeint.«
»Vielleicht gibt es einen verborgenen Mechanismus«, murmelte Sadik und tastete den Falkenkopf ab. Gefieder, Schnabel, Augen, Zunge. Er riss, zerrte und drückte. Doch nichts passierte. Nichts bewegte sich. »Auch nichts.« Er klang enttäuscht.
»Ich verstehe nur nicht, dass Wattendorf meinem Vater ein Rätsel aufgegeben hat«, sagte Tobias. »Aus dem Brief geht doch eindeutig hervor, dass er seinen schändlichen Verrat bereut hat und ihn wiedergutmachen wollte. Aber wenn er das so kompliziert verpackt, ist es doch sinnlos.«
»Wattendorf war ein merkwürdiger Mann, schon bevor ihn die Wüste zerbrach und um den Verstand brachte«, berichtete Sadik. »Er hegte zudem schon immer eine Vorliebe für derartige Rätsel und selbstverfasste Gedichte.«
Sie setzten ihren Marsch fort, während sie sich den Kopf darüber zerbrachen, was Wattendorf in seinem Gedicht versteckt haben mochte. Doch schließlich gaben sie es auf.
»Erzähl mir eines von deinen arabischen Rätseln«, bat Tobias ihn um sich auf andere Gedanken zu bringen. »Deine gefallen mir zehnmal besser als die von Wattendorf.«
Sadik, der ein ebenso ausgezeichneter wie leidenschaftlicher Erzähler war, ließ sich nicht zweimal bitten.
»Sperr deine Ohren gut auf, denn es ist ein vielleicht nicht minder schweres Rätsel als das von Wattendorf: ›Ich frage dich nach einem Reiter. Zwei Kamele reitet er – doch ist der Reiter nur einer; sie lassen keinen anderen drauf; alle anderen Reittiere werden müde, diese aber nie.‹ So, nun überlege gut und vergiss nicht, dass ein Beduine dieses Rätsel stellt.«
Tobias zog die Stirn kraus. »Das klingt wirklich schwer. Er reitet zwei Kamele, doch der Reiter ist nur einer«, wiederholte er nachdenklich.
Schweigend legten sie ein Stück Weges zurück.
»Puh, da fällt mir nichts dazu ein«, gestand Tobias schließlich. »Reittiere, die niemals müde werden, die könnten wir jetzt verdammt gut gebrauchen. Nur ich komm’ nicht auf diese Fabelwesen!«
Sadik schmunzelte. »Es sind keine Fabelwesen. Du kennst sie sehr gut, denn du ›reitest‹
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