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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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die Höhle zu kriechen und sie zu untersuchen, schwangen sich wieder auf ihre Kamele und ritten von dannen. Nach drei Tagen wagten sich der Prophet und Abubakr aus der Höhle und erreichten unangefochten Medina.«
    »Eine schöne Geschichte«, sagte Jana lächelnd. »Erinnert mich irgendwie an Moses und die Teilung des Roten Meeres.«
    »Nichts gegen die Geschichte«, meinte Tobias müde und unterdrückte mühsam ein Gähnen. »Aber was haben die Höhle und die Spinne mit dem Falkenstock zu tun? Deshalb hast du sie uns doch erzählt, nicht wahr?«
    Sadik nickte. »Gar nichts und zugleich doch sehr viel. Du willst das Rätsel unbedingt lösen …«
    »Natürlich«, gab Tobias zu.
    »Aber du versteifst dich zu sehr darauf. Du willst die Lösung erzwingen statt zu warten, dass sie zu dir kommt.«
    Tobias blickte skeptisch drein. »Ich wüsste nicht, wie die Lösung zu mir kommen soll.«
    »Alles, was du im Augenblick wissen kannst, weißt du. Du kennst das Gedicht in- und auswendig, könntest den Stock im Schlaf bis ins kleinste Detail beschreiben und bist auch über Wattendorf und die katastrophale Expedition deines Vaters vor zwei Jahren gut unterrichtet«, erklärte Sadik geduldig. »All das arbeitet in dir, Tobias, auch wenn du mit ganz anderen Sachen als dem Falkenstock-Rätsel beschäftigt bist, ja es arbeitet im Unterbewusstsein von uns allen. Und irgendwann wird sich dieser Knoten, den wir zur Zeit trotz aller Anstrengungen nicht lösen können, ganz von selbst entwirren. Die Lösung wird uns wie eine Idee, wie ein Gedankenblitz einfallen, aus heiterem Himmel und wenn wir es am wenigsten erwarten.«
    »Meinst du wirklich?«, fragte Tobias gedehnt. Stimme und Miene drückten starke Zweifel aus.
    Sadik nickte. »Ich bin fest davon überzeugt – wie Mohammed, der nicht daran zweifelte, dass Allah ihnen beistehen würde. Geduld und der Glaube auf göttlichen Beistand, wenn einem die Situation ausweglos erscheint, sind mehr als nur platte Spruchweisheiten. Sie geben Kraft und Zuversicht jedes Problem zu lösen – zu seiner Zeit. Habe etwas Geduld mit den unreifen Trauben, später wirst du reife essen. Noch ist das Geheimnis um den Falkenstock so eine unreife Traube. Doch auch sie wird reifen, dessen bin ich ganz gewiss.«
    »Dein Wort in Allahs Ohr«, sagte Tobias mit einem schiefen Grinsen.
    »Sadik hat Recht. Das Geheimnis mit dem Falkenstock läuft uns nicht weg«, pflichtete Jana ihm bei, »ganz im Gegensatz zum Schlaf. Ich finde, es wird langsam Zeit für die Koje. Morgen wird ein anstrengender Tag. Du musst ausgeruht und hellwach sein, Tobias. Ich möchte morgen schon die erste Vorstellung geben.«
    »Unmöglich«, wehrte Tobias erschrocken ab.
    »Ich weiß, dass du es kannst. Und wenn man schwimmen lernen will, muss man irgendwann ins Wasser springen, oder?«
    Tobias verzog das Gesicht. »Sag mal, bist du vielleicht auch bei Scheich Abdul Kalim in die Schule gegangen?«
    »Die einzige Schule, die ich kenne, ist die der Landstraße«, antwortete sie und zog die Decken hervor. »Und nun lass uns schlafen.«
    Die stundenlangen Proben, die stärkste Konzentration von ihm verlangt hatten, waren nicht spurlos an Tobias vorbeigegangen. Er fühlte sich erschöpft wie nach einem beschwerlichen Marsch vom Morgengrauen bis in den Abend. Kaum hatte Jana die Flamme hinter dem Glaszylinder ausgeblasen und er sich in seiner schmalen Bettstelle ausgestreckt, da trug ihn auch schon der Schlaf hinfort – dem Tag entgegen, an dem er sich als Gaukler bewähren sollte.
     

 
Als Gaukler unter Gauklern
     
    Sonderbare Träume suchten ihn in der Dunkelheit heim. Sie stiegen aus seinem Unterbewusstsein auf wie wirre Nebelgebilde aus dunklen Waldungen im Dämmerlicht zwischen Tag und Nacht. Und sie trugen all die Fragen, Zweifel und Ängste mit sich, die auf dem tiefen Grund seiner Seele lagen.
    Es war schon gegen Morgen, als ihn die Alpträume in den Kerker nach Mainz verschleppten. Er fand sich in einem katakombenähnlichen Gewölbe wieder. Das grauschwarze Gestein der mächtigen Quader, aus denen Mauer und Decken errichtet waren, glänzten nass im Schein rußender Fackeln. Ein eisiger Windzug aus irgendeinem fernen Gang oder Gitterfenster fegte immer wieder durch das mächtige Gewölbe, in das noch nie ein Sonnenstrahl gefallen war. Dann neigten sich die lodernden Flammen der Fackeln.
    Tobias jedoch schwitzte, den wiederkehrenden Eiswinden zum Trotz. Er schwitzte aus allen Poren und glaubte ersticken zu müssen. Voller

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