Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
Hintern.‹«
Sadik konnte sich eines Lächelns nicht erwehren. »Aiwa, das hast du gut behalten. Und damit nun genug davon. Nur dem Toren werden zwei Ohrfeigen geschlagen. Mir genügt die eine, die Jana mir verpasst hat«, lenkte er humorvoll ein. »Wenn ihr bei eurer Vorstellung noch Verwendung für mich habt, lasst es mich wissen. Denn Jana hat schon Recht: Heute ein Huhn ist besser als morgen eine Ziege.«
»Du kannst meinen stummen, maskierten Diener spielen«, sagte Jana bereitwillig. »Das macht sich immer gut, auch wenn du mir und Tobias nur mit Handreichungen zur Seite stehst.«
»Stumme Handreichungen sind ganz nach meinem Geschmack«, sagte Sadik. »Denn es sind die kleinen Hölzer, die die großen anzünden.«
Jana und Tobias gingen unverzüglich an die Arbeit.
Zuerst diktierte sie ihm für das Kartenspiel die Redewendungen und Gesten. Für das Zahlen-Raten erstellten sie eine zweite Liste.
Es bereitete Tobias keine Schwierigkeiten, beide Listen im Handumdrehen auswendig zu lernen. Es war jedoch eine Sache, die einzelnen Satz- und Versatzstücke sowie die dazu passenden Gesten nacheinander zu rekapitulieren, so wie sie auf den Listen standen. Eine völlig andere Sache war es dagegen, aus dem Stand heraus aus den Dutzenden von verschlüsselten Wortwendungen und Handzeichen die beiden richtigen auszuwählen und so geschickt zu kombinieren, dass Bemerkungen und Gesten völlig willkürlich erschienen.
»Nicht so zappelig! Du musst deine Hände unter Kontrolle halten!«, ermahnte sie immer wieder. »Wenn du dir die Nase reibst und die Hand anschließend gedankenlos in die Hüfte stützt, habe ich die freie Wahl, ob ich nun Karo-Bube oder Herz-As sagen soll.«
Er sah sie entschuldigend an. »Natürlich, Hand auf die Hüfte bedeutet ja As. Tut mir leid. Es ist wirklich nicht so leicht, das alles so fix auf die Reihe zu bekommen. Aber es wird schon, das versprech’ ich dir.«
»Du machst wohl Witze, dich für deine Schnitzer zu entschuldigen! Wofür ich Wochen gebraucht habe, schaffst du in ein paar Stunden«, sagte sie voller Bewunderung. »Wenn du so weiterlernst, haben wir morgen schon unsere erste Vorstellung!«
»Nur nicht übertreiben«, bremste er sie in ihrer Begeisterung.
»Noch fühle ich mich himmelweit davon entfernt, vor ein Publikum zu treten. Werde mich beziehungsweise dich schon noch früh genug blamieren.«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte sie und zog eine neue Karte. Es war die Karo-Zehn. »Nun, Magier-Assistent Bostia?«
Tobias nahm die Karte mit einem breiten Grinsen in die rechte Hand und rief mit pathetischer Stimme: »Ich bitte um allergrößte Ruhe, verehrtes Publikum! Beachten Sie, dass es für Jana Salewa unmöglich ist, die Karte zu sehen. Ich halte sie hier vor meine Brust. Nur Sie, verehrtes Publikum, wissen, welche es ist«, und dabei ließ er die linke Hand gerade herabhängen.
»Fehlerfrei!«
»Ja, diesmal«, sagte er seufzend.
Sie übten fast den ganzen Tag, bis Tobias der Kopf rauchte und er meinte nur noch eine Marionette zu sein, die auf den Zug an unsichtbaren Fäden die Arme hob, senkte, vor die Brust legte und zu Nase und Ohren führte.
»Du kannst es. Ich begreife es nicht, wie man so ein kompliziertes System so schnell im Kopf behält, aber du hast es geschafft!«, staunte Jana am späten Nachmittag.
»Mir brummt der Schädel aber auch mächtig«, gestand er ein. Und um allzu hochgesteckte Erwartungen zu bremsen meldete er Zweifel an, ob er am nächsten Morgen wieder alles so fehlerlos bringen würde wie während ihrer letzten Übungsstunde.
»Warten wir es ab«, meinte Jana zuversichtlich. »Und jetzt kümmern wir uns um eure Kostüme. Ich habe da noch ein paar Sachen in der Kiste, mit denen ich euch herausputzen kann.«
Sadik wurde mit einer geheimnisvollen venezianischen Maske und einem schwarzen Umhang ausgestattet, während sie für Tobias eine bunt getupfte Pluderhose sowie eine kurze Jacke mit demselben farbenfrohen Muster aus der Kiste zutage förderte. Beides war ihm reichlich groß, doch Jana erwies sich auch mit Nadel und Faden als geschickt genug um rasch Abhilfe zu schaffen.
Während sich Sadik in den Koran vertiefte, verbrachten Jana und Tobias den Abend damit, sich wieder mit dem Falkenstock und Wattendorfs Gedicht zu beschäftigen.
»Wenn ich genau wüsste, dass diese seltsamen Markierungen und Zeichen auf dem Ebenholz nur Verzierungen und zu nichts nutze sind, würde ich den Knauf einfach abbrechen um zu sehen, ob der Stock ein
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