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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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durcheinander.
    »Gedanken lesen! Der Teufel soll mich holen, wenn das hier mit rechten Dingen zugegangen ist!«, brummte der Zimmermann, doch sein Kommentar ging im allgemeinen Stimmengewirr unter. Kopfschüttelnd wandte er sich um und ging rasch davon.
    Tobias tauschte mit Jana einen verschwörerischen Blick. Er hätte vor Freude jubeln mögen. Doch er beherrschte sich, erlaubte sich nur ein selbstbewusstes Lächeln und rief: »Verehrtes Publikum! Ich denke, nach dieser eindrucksvollen Demonstration steht außer Frage, dass wir Ihnen nicht zu viel versprochen haben! Die kostenlose Vorstellung ist hiermit beendet!« Auf das Spiel mit den Zetteln verzichtete er, denn eine Steigerung war nach dem Vorfall mit dem Zimmermann nicht mehr möglich. Jetzt galt es, die Gunst des Augenblicks zu nutzen und die Bewunderung der Leute in klingende Münzen zu verwandeln.
    »Jana Salewa steht jetzt denjenigen von Ihnen zur Verfügung, die sich von ihr für den wahrlich bescheidenen Betrag von einem Kreuzer die Karten legen lassen wollen. Was immer Ihnen auf dem Herzen liegt und Sie von der Zukunft wissen möchten, Jana Salewas Karten werden Ihnen den Weg weisen. Also zögern Sie nicht! Nirgendwo ist Ihr Geld besser angelegt als hier.«
    Die Menge begann sich zu zerstreuen, doch elf der Zuschauer brannten darauf, sich von Jana im Zelt Fragen nach ihrer Zukunft beantworten zu lassen.
    Tobias kassierte bei den Männern und Frauen sofort ab, wie Jana es ihm geraten hatte. Denn wer bezahlt hatte, überlegte es sich nicht wieder, während er darauf wartete, an die Reihe zu kommen.
    »Na, wie war ich?«, fragte er voller Stolz, als Sadik zu ihm hinter den Wohnwagen trat und die Maske vom Gesicht nahm.
    »Dass Allah dich in seiner unergründlichen Güte großzügig beschenkt hat, als er die Begabung unter den Menschen verteilte, war mir bekannt. Aber von diesen verborgenen Talenten habe ich nichts geahnt, du Bauernfänger«, antwortete er mit freundschaftlichem Spott.
    Es dauerte mehr als eine Stunde, bis der Letzte das Zelt verlassen hatte. Dann kam Jana, mit Unsinn auf ihrer Schulter, strahlenden Blickes heraus und fiel Tobias vor Begeisterung um den Hals.
    »Mein Gott, Tobias! Du warst wunderbar! Und statt Prügel zu beziehen, haben wir elf Kunden gehabt! So viele hatte ich noch nie! Auch nicht, als ich mit Onkel Rene die Leute mit diesem Trick geködert habe! Wie hast du das bloß geschafft? Ich dachte schon, gleich fliegen die ersten Steine und Fäuste. Woher hast du denn gewusst, was das für eine Karte war? Du hast sie doch gar nicht sehen können?«, sprudelte sie überdreht vor Freude hervor.
    Er erzählte es ihr und sogar Sadik räumte ein, dass er diese riskante Situation bewundernswert gemeistert hatte. Eine halbe Stunde später stand er mit Jana und Sadik wieder auf dem Platz um die zweite Vorstellung des Tages zu geben. Sie verlief ohne Zwischenfälle und brachte immerhin fünf Kunden ins Tarotzelt.
    Als er seine erste Abendvorstellung im Schein von Fackeln gab, agierte er vor den staunenden Zuschauern so sicher in Wort und Gestik, als hätte es die nur wenige Stunden zurückliegende Verlegenheit und Angst zu versagen nie gegeben. Was er jetzt empfand, war eine Art Rausch, ein kontrollierter Höhenflug. Er genoss die Herausforderung, dieses nicht ungefährliche Spiel mit einer stets unberechenbaren Menge zu spielen, die Stimmungen früh genug zu erspüren und die Menschen vor ihm abzuschätzen, damit sich ein Vorfall wie der mit dem Zimmermann nicht wiederholte.
    Und als er wieder das andächtige Staunen auf den Gesichtern sah und die überraschten Ausrufe hörte, war das wie eine berauschende Droge. Er verstand nun, wieso Menschen wie Jana und Ursus diesem rastlosen Schaustellerleben verfallen waren wie andere dem Alkohol oder dem Opium. Und er musste unwillkürlich an das denken, was Jana ihm damals auf Falkenhof über ihresgleichen erzählt hatte.
    »Wir sind Könige und Bettler der Landstraße!«, hatte sie stolz und mit glänzenden Augen verkündet. Bei einer anderen Gelegenheit hatte sie zwar auch selbstkritisch eingestanden, dass das Leben der Schausteller nicht nur ein wunderbarer Regenbogen der Freiheit und des Frohsinns war. Doch Gedanken an die dunklen Seiten des Lebens auf der Landstraße waren Tobias zu dieser Stunde so fern wie der Mond. Er fühlte sich wie ein König!
     

 
Wegelagerer
     
    Am Sonntag ging es auf dem Jahrmarkt von Osthofen noch einmal hoch her und Tobias absolvierte seine Vorstellungen

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