Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
Weg mitgegeben: »Das Gleiche gilt übrigens auch für dich.«
Frankfurt
Susanna bewohnte ein Zimmer im Haus ihrer Freundin in Frankfurt-Maintal. Mit dem Stadtplan auf dem Schoß, weil Walcher sich weigerte, für zwei oder drei Suchfahrten im Jahr ein GPS anzuschaffen, suchte er den Weg und war beeindruckt, als er vor der gesuchten Hausnummer stand.
Mächtige Douglaskiefern standen in dem weitläufigen Garten – fast schon ein Park zu nennen –, geschützt von einem hohen schmiedeeisernen Zaun. Durch die ausladenden Äste hindurch leuchtete ein klinkerroter Jugendstilbau, der eindrucksvoll den Wohlstand des Erbauers verriet. Das Tor stand zwar offen, trotzdem drückte Walcher auf den Rufknopf der modernen Klingelanlage in der Torsäule.
Da hörte er Susanna auch schon rufen und sah sie durch den Garten kommen. Mit einem Strahlen im Gesicht umarmte sie ihn. »Schön, dass du da bist … du Journalist, du.«
Dann löste sie sich von ihm, nahm seine Hand und führte ihn um das Haus herum zur Rückseite und dort drei Stufen hoch auf eine große Terrasse. Dort standen weiße Gartenmöbel im Stil eines englischen Landguts und ein Teewagen mit einem Imbiss.
»Vielleicht magst du eine Kleinigkeit essen«, lud Susanna ihn ein und deutete auf den Wagen. »Zu trinken gibt’s auch, was das Herz begehrt, sogar einen extratrockenen Sherry habe ich besorgt.«
Walcher war heiß und kalt gleichzeitig, eher etwas mehr heiß. Susanna sah phantastisch aus, eine begehrenswerte und elegante Erscheinung, und er hatte nichts weiter im Gepäck als den Vorschlag, ihre Beziehung vorerst auf Eis zu legen.
»Herrlich, einen Sherry nach der Fahrt, sehr gerne«, nahm er ihre Einladung auf ein Gläschen an.
Sie überbrückten die ersten Minuten mit Smalltalk, redeten über Irmi und wie es ihr ging, über Bärendreck und Rolli und über Susannas bevorstehenden Umzug nach Basel, wo sie in Kürze ihre Stelle als Flötistin im klassischen Ensemble am Opernhaus antreten würde. Deshalb hatte sie in Basel gerade eine kleine Wohnung angemietet. Sie plauderten über den Sherry, der hervorragend schmeckte, und dass die Villa in Maintal um 1900 von einem vermögenden Banker erbaut worden war. Dann unterbrach Susanna ihren Bericht und sah Walcher mit einem schwer zu deutenden Blick an.
»Na komm, mein Allgäuer, deck die wahren Gründe deines Besuchs auf. Nein, halt, lass mich sagen, was mich mein Instinkt und mein Gefühl vermuten lassen. Du bist hier, um mir Lebewohl zu sagen. Richtig?«
Walcher trank erst einmal einen Schluck von dem Sherry, seine Kehle fühlte sich plötzlich sehr trocken an.
»Es jährt sich bald der Todestag jener Frau, die ich eigentlich heiraten wollte«, begann er zögernd und sah Susanna an. »Anders als die Presse berichtete, ist sie nicht mit dem Auto verunglückt, sondern wurde umgebracht … weil mich ihre Entführer zwingen wollten, eine CD mit wertvollen Informationen herauszugeben, die mir anvertraut worden waren. Eine Geschichte, die ich dir gern ein andermal erzähle.«
Walcher machte eine Pause und suchte nach einer Überleitung zu seinem eigentlich Thema. »Ein andermal – womit ich dir sagen möchte, dass ich sehr auf ein anderes Mal, auf eine gemeinsame Zeit für uns beide hoffe. Aber es stimmt, ich bin hier, um dich um … um Aufschub, um Zeit zu bitten. Ich hoffe, du verstehst mich und dir liegt etwas an mir. Ich hätte es dir gleich am Morgen nach unserer ersten gemeinsamen Nacht sagen sollen und auch, dass ich dich sehr mag und schätze und glaube, dass wir gut zusammenpassen … aber die Bilder in meinem Kopf von Lisa sind immer noch zu übermächtig.«
Susanna stand auf, beugte sich über ihn, nahm seinen Kopf in ihre Hände und küsste ihn. »Ich denke«, sagte sie in einer Pause, »wir sollten uns die Zeit geben.«
Krugers Vermutung
Commander Krugers Vermutung über die Stelle, an der die Russen an Land gehen wollten, erwies sich als richtig. Drei Hubschrauber waren aufgestiegen, um den Küstenabschnitt bei Rehoboth Beach abzusuchen. Sie sollten nach Bussen, Lieferwagen, Campingwagen und sonstigen Fahrzeugen Ausschau halten, die an ungewöhnlichen Stellen standen. In einem Gebiet, das von unzähligen Urlaubern besucht wurde, eine fast unmögliche Aufgabe, denn auf und an den Küstenstraßen wimmelte es von derartigen Fahrzeugen. Doch schließlich kam den Männern der Küstenwache ein Zufall zu Hilfe.
Funksprüche auf Russisch wurden empfangen, die sich in kurzen, regelmäßigen Abständen
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