Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
lange der Vorrat reichte, das Buffet aufzufüllen.
Es war ein gelungener Nachmittag. Aischa, Lavra, Irmi und ihre Gäste hatten sichtlich Spaß. Selbst Kater Bärendreck fand seine Fangemeinde, die ihm das Fell kraulte, wenngleich kichernd und mit zugehaltenen Nasen. Gegen acht Uhr am Abend fuhren die Letzten auf ihren Fahrrädern davon – die Großeltern hatten sich schon früher verabschiedet –, und Walcher, Irmi, Lavra, Aischa und Doro saßen ermattet auf der Terrasse.
Aischa und Lavra strahlten – auf dem Schoß hielten sie Sporttaschen, die ihnen die Großeltern als Abschiedsgeschenk überreicht hatten. Sie waren mit lauter Sachen, an denen Mädchen Spaß haben, gefüllt. Das Buffet war bis auf den letzten Krümel abgeräumt worden, deshalb gab es für Kommissar Brunner, der überraschend auftauchte, nur noch Flüssiges. Sicher lag es nicht nur am Besuch des Kommissars, dass sich plötzlich eine wehmütige Stimmung ausbreitete, vor allem bei den Kindern. In das eingetretene Schweigen erklärte Doro: »Wir brechen ja morgen in aller Herrgottsfrühe auf.«
Als wäre diese Feststellung auch gleichzeitig das Signal für die Mädchen gewesen, standen alle auf und verabschiedeten sich. Auch Doro schien in Gedanken schon beim nächsten Tag zu sein. Sie entschuldigte sich nach einem kurzen Austausch von Nettigkeiten mit dem Kommissar und ging ebenfalls ins Haus. Nun saßen nur noch Walcher und Brunner auf der Terrasse.
Die Luft war mild und duftete nach Allgäuer Sommer. Aus der beginnenden Dunkelheit waren die ersten Nachtfalter aufgetaucht, umschwirrten die Kerzen auf dem Tisch und erzeugten diffuse Schatten an der Hauswand. Walcher kannte Brunner schon so gut, dass er glaubte, die Anspannung des Kommissars zu spüren, auch wenn der sich bemühte, sie unter einer ruhigen Maske zu verbergen. Sicher war Brunner nicht nur zur Verabschiedung der beiden Mädchen herausgefahren.
»Ich beneide Sie um die Ruhe hier oben«, begann Brunner und wechselte dann sofort zu seinen eigentlichen Themen. Er hatte Verbindung zur französischen Dienststelle im Burgund aufgenommen und sich mit dem Leiter des Kommissariats für Sittlichkeitsvergehen getroffen. Der Kollege hatte ihm schwere Vorwürfe gemacht, erzählte er und zog dabei eine Trauermiene, als würde er sein Vorgehen wirklich bedauern. Aus allen Wolken gefallen sei der französische Kollege, Kommissar Neumann, als er von dem Menschenhandel in seinem Zuständigkeitsbezirk gehört habe. Brunner hatte mit ihm vereinbart, dass sie sich gegenseitig über jeden weiteren Schritt in der Sache informieren würden. Außerdem hatten sie sich darauf geeinigt, dass vorerst Walcher die Verbindung zum Comte halten sollte. Brunner hatte sich auch die Genehmigung von LKA und BKA geholt und war für diesen speziellen Fall als Koordinator in der Abstimmung zwischen Frankreich und Deutschland bestimmt worden. Seit dem Treffen der beiden wurde das Chateau nun rund um die Uhr observiert, ebenso der Comte und auch seine Angestellten.
»Am besten schicken Sie dem Comte eine neue Anfrage«, schlugBrunner vor, »damit wir etwas Tempo in die Angelegenheit bringen.«
Walcher nickte. »Was ist mit den Käufern? Ohne die Zusicherung, dass Ihr französischer Kollege den Laden hochgehen lässt und zwar mit den Käufern, muss ich mir so eine Versteigerung nicht noch einmal antun. Was inzwischen bekannt ist, müsste doch genügen, um den Laden nicht nur zu überwachen, sondern ihn zu durchleuchten und die Drahtzieher aus dem Verkehr zu ziehen, oder?«
»Selbstverständlich, verehrter Freund«, knurrte Brunner und hielt Walcher sein leeres Glas hin, »das hat man davon, wenn man einen Journalisten unterstützt.«
Die Uhr zeigte zwei Stunden nach Mitternacht, als sich Brunner verabschiedete und Walcher hundemüde endlich ins Bett gehen konnte.
Umso schwerer fiel ihm gerade mal vier Stunden später das Aufstehen. Doros Weckruf trieb ihn und auch die Kinder aus den Betten. Der Frühstückstisch war schon gedeckt und das meiste Gepäck bereits im Auto verstaut. Sosehr sich auch alle bemühten, die Stimmung aufzulockern, es wurde ein Frühstück mit bekümmerten Mienen und ein tränenreicher Abschied.
Als Dorothea Huber mit Lavra und Aischa vom Hof fuhr, rannte Rolli verzweifelt bellend hinter dem Wagen her. Da konnte Irmi ihre Tränen nicht mehr zurückhalten, und auch Walcher musste schlucken.
»Hätten wir sie hierbehalten sollen?«, flüsterte Irmi, schien aber keine Antwort erwartet zu haben,
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