Falkenmagie
seine Feuerspielchen zusammen, doch ich bemühte mich, mir auch weiterhin nichts anmerken zu lassen.
Und dann ging auf einmal alles ganz schnell.
Ein ängstlicher Diener erschien mit einem Krug, aus dem es eigenartig duftete, und schenkte uns beiden in Gläser ein, die im Fackellicht blutrot funkelten. Gleichzeitig meinte ich für einen Moment, Ravez’ verhüllte Gestalt im Eingang gesehen zu haben, doch dann war er auch schon wieder verschwunden. Arik hob die Hand mit dem Kelch, als wollte er einen Toast aussprechen – und erstarrte mitten in der Bewegung.
Alles war plötzlich wie eingefroren. Die Diener, die Gefolgsleute, selbst die Flammen knisterten nicht mehr. Rasch zog ich meinen Arm unter Ariks erstarrter Hand hervor und blickte mich verwundert um. Die ganze Halle war zu einem Standbild geworden.
Alle, bis auf zwei Gestalten, die sich auf mich zu bewegten – die eine klein und verhüllt aus der Richtung der Tür, die andere groß von der Wand hinter mir.
»Ravez«, entfuhr es mir verblüfft. »Was ist hier gerade geschehen?«
Er blickte angestrengt vor sich hin. »Jannis wird es dir erklären. Nehmt die Tür nach hinten hinaus, ich werde versuchen, sie so lange aufzuhalten, wie ich kann. Na los, macht schon!«
Jemand griff nach meinem Arm und zog mich mit sich, und ich ließ mich durch den hinteren Teil der Halle zerren, wobei ich eine Sandalette verlor. »Warte«, keuchte ich und schüttelte auch die zweite ab. »So geht es bedeutend besser.«
Jannis achtete nicht darauf und öffnete eine Tür im Hintergrund, durch die er mich mit sich zog. Erst als sie hinter uns wieder ins Schloss fiel, blieb er stehen – so abrupt, dass ich fast in ihn hineingestolpert wäre.
»Nun schau sich einer das an«, sagte er.
Ich blickte mich verwirrt um, sah aber nichts weiter als einen leeren Raum mit einem ausrangierten Stuhl an der Wand und einem weiteren Ausgang am anderen Ende.
»Was?«, fragte ich. »Was ist los, Jannis? Und was hat Ravez gerade gemacht?«
Er blinzelte und schüttelte den Kopf. »Ravez kann die Zeit anhalten, um sich dazwischen zu bewegen. Das schafft er nicht lange, aber es reicht, um unbemerkt irgendwohin zu kommen. Für die anderen ist es so, als wäre nichts geschehen, wenn die Zeit danach wieder weiterläuft.« Er musterte seine Umgebung noch immer mit Erstaunen und ich begann mich langsam zu fragen, ob dieses Zeitanhalten vielleicht auch Nebenwirkungen hatte.
»Aber liegt diese Burg nicht außerhalb der Zeit? Und was, verdammt noch mal, findest du eigentlich so spannend daran, hier in dieser Rumpelkammer zu stehen, anstatt zu machen, dass wir fort kommen?«
Jannis drehte sich zu mir um, als würde er mich erst jetzt wirklich wahrnehmen. »Ja, wir bewegen uns außerhalb der Zeit, und deshalb ist sie auch manipulierbar. Ravez kann es jedenfalls. Kyra, du kannst es nicht sehen, nicht wahr? Du kannst all das hier nicht erkennen, weil es durch Magie erschaffen wurde?«
»Nein«, bestätigte ich und schaute mich noch einmal um. »Hier ist nichts, wirklich. Sollten wir nicht …«
»Aber das musst du gesehen haben!« Er ließ sich einfach nicht aufhalten. »Komm, versuch es durch meine Augen. Du hast das schon einmal geschafft.«
»Ich habe geschlafen!«, protestierte ich. »In wachem Zustand geht das nicht!«
»Doch«, drängte er, »ich weiß, dass du es kannst, wenn du es wirklich willst und entspannt genug bist. Du hast auch im Zuber gemerkt, dass ich da war.«
»Im …« Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Dann war das keine Einbildung? Was hast du dir dabei gedacht, mich einfach …«
»Ich hab doch gesagt, dass ich wiederkomme. Ich konnte doch nicht wissen, dass du gerade badest.«
Dazu fiel mir jetzt auch nichts mehr ein. »Komm, versuch es einmal«, bettelte er. »Entspann dich und schließ deine Augen. Nur für einen kurzen Moment.«
Es kam mir immer noch unpassend vor, aber da er keine Ruhe gab, bevor ich ihm den Gefallen nicht tat, hoffte ich inständig, dass Ravez noch eine Weile durchhalten würde, während ich tief durchatmete und meine Lider schloss.
Dunkelheit umgab mich, Stille – und noch etwas anderes, Diffuses, das ich um mich herum wahrnahm, ohne es wirklich greifen zu können. Es war wabernd und mächtig und schmeichelnd, doch es konnte nicht an mich heran. Unbehaglich suchte ich nach anderen Eindrücken, nach etwas, das von Jannis kam.
Langsam atmen, ein und aus. Versuchen, alles auszublenden, alles andere abzustreifen. Etwas Warmes näherte sich mir,
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