Falkenmagie
erst nur ein kaum wahrnehmbarer Funke, dann immer deutlicher zu erkennen. Ich spürte, wie es sich hinter mir zusammenballte, die schmeichelnden Schatten zum Verstummen brachte. Geborgenheit und Zuversicht waren darin, in die ich mich gern hineingleiten ließ – und auch noch etwas anderes, weitaus Sinnlicheres, das ich fasziniert betrachtete. Ich hatte keine Angst oder Unruhe mehr, meine Gedanken trieben weit fort und machten Platz für bloßes Empfinden.
Wärme. Hitze. Sie umschloss mich und ich versuchte, in ihr erste Bilder zu erkennen, die die Flammen für mich formten. Blumen …?
Schau dich um, Kyra, so etwas Schönes. Ich wusste gar nicht mehr, dass es so etwas gibt.
Plötzlich waren sie da, rings um mich her, ich konnte sehen, was er meinte. Wir standen auf einer taufeuchten Wiese, in alten Bäumen rauschte der Wind, und überall um uns blühten Büsche, Sträucher und Blumen, üppig und betörend. Ihr Farbenspiel war überwältigend, doch noch berauschender war ihr Duft, der über allem lag. Ich konnte ihn selber nicht riechen, aber ich fühlte, was er bei Jannis bewirkte. Er wirkte völlig gelöst und glücklich und er drehte seinen Blick ein wenig, so dass ich in eine andere Richtung schauen konnte. Dort gab es einen Bach, der einen Teich speiste, von rosenartigen Gewächsen umgeben.
Er ist wie der Teich bei uns daheim. Meinst du, wir könnten darin baden?
Jannis? Wir können nicht …
Kyra, hier sind wir sicher, ich fühle es. Es ist so ein schöner Ort. Und er liegt außerhalb der Zeit, niemand würde uns vermissen. Wir könnten zurückkehren, wann immer wir wollen, und keiner hätte es mitbekommen.
Die Wärme um mich her verstärkte sich noch, hielt mich umschlungen, so dass ich mich nicht bewegen konnte.
Ich würde gern mit dir hierbleiben, Kyra. Du bist so wunderschön. Du hast gefragt, warum ich ausgerechnet dich entführt habe. Das war, weil du mir schon von oben als Falke aufgefallen bist. Ich musste eine Frau finden, die hübsch genug für Arik war und gleichzeitig auch mutig genug, um ihn für uns zu bekämpfen. Ich habe nach meinem Geschmack ausgesucht.
Ich war verwirrt. Was geschah hier? Etwas in mir wollte sich melden, aber die Wärme ließ es nicht durch. Sie intensivierte sich an meiner Halsbeuge. Es fühlte sich an wie ein sanfter Kuss.
Ich habe dich gern in der Wanne betrachtet, ich könnte dich immerzu anschauen. Und noch lieber möchte ich dich berühren, mit deinen schönen Haaren spielen, deine Haut an meiner spüren, erkunden, wie du riechst und schmeckst …
Der Kuss wanderte meinen Hals hinauf, erreichte die Schläfen und die Stirn, glitt dann langsam die Nasenwurzel hinunter. In meinen Adern pulsierte es, doch ich konnte mich noch immer nicht rühren.
Wir sollten nicht hier sein, flüsterte ich hilflos und wusste selbst nicht genau, was das bedeutete. Wir sollten das alles nicht tun. Oder?
Doch, genau hier sollst du sein, Kyra. Ich halte dich fest, spürst du das? Ich möchte dich nicht mehr loslassen. Und wenn ich dir gleichgültig wäre, würde es dir nicht gelingen, in meine Gedanken zu kriechen, wie du es tun kannst. Das passiert nur, weil du es willst, und weil es eine eigene, ganz besondere kleine Magie zwischen uns beiden ist.
Der Kuss war auf meiner Oberlippe angelangt und hielt kurz und abwartend inne, bevor er sich weiter vorarbeitete. Etwas ganz, ganz tief in mir wollte mich noch an etwas erinnern, das es wohl für wichtig hielt, doch es wurde endgültig durch eine Woge aus Emotionen überrollt und erstickt, bei denen nicht mehr auszumachen war, von wem von uns welche Anteile stammten. Mein gesamter Körper glühte, mein Mund öffnete sich wie von allein und drängte sich dem Kuss entgegen, der kam wie ein reinigender Gewittersturm. Ich verlor mich vollkommen darin und wollte nie wieder daraus auftauchen. Ich wollte in dieser Wärme bleiben, in diesem Kuss gefangen, für immer, wenn es sein musste, und ich wollte mehr, mehr … Heiß pochte es in meinem Unterleibund ich keuchte unter der Wildheit meiner Gefühle.
Als eine blitzende Axt den Sturm zerteilte, riss es mich hart auf den Boden zurück, und ich krümmte mich in körperlichem Schmerz.
Was um alles in der Welt …
Mühsam öffnete ich die Augen und begriff zunächst nicht, was ich sah. Ich lag in einem weißen Kleid auf dem Boden eines leeren Raums, vor mir Jannis, der sich wand wie ich selbst, und zwischen uns eine weitere Gestalt, der roter Zorn ins Gesicht geschrieben stand. Eine Gestalt in
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