Falkenmagie
ich, wie sich sein Griff um mich lockerte und schließlich löste. Jannis rutschte nach hinten und ich hörte, wie er sich in den Stand hochrappelte. »Kannst du aufstehen, Kyra?«, fragte er. »Ich möchte hier raus aus diesem Albtraum.« Er hielt mir die Hand hin und half mir dabei, mich mühsam an ihm hochzuziehen. »Ich möchte hier nie wieder sein.«
Ravez schaute uns zu und löste die Reste seines Umhangs von seinen Schultern. »Ich glaube nicht, dass du den wirklich noch haben willst, Jannis«, bemerkte er. »Aber ich möchte und muss auch dir danken. Kann ich dir etwas anderes dafür geben? Solange es in meiner Macht steht, werde ich es tun.«
Jannis stand aufrecht und unbewegt. »Ich habe keine Heimat mehr, in die du mich entlassen könntest, und du wirst jemanden brauchen, der Kyra wieder nach Hause bringt. Lass mich das für dich erledigen.«
»Es ist eine nicht-magische Welt«, erinnerte ihn Ravez. »Ich kann euch von hier aus dorthin entsenden, aber wir haben den Splitter nicht mehr, er ist wieder Teil der Kugel geworden. Du wirst deine Kräfte verlieren, sobald du dort angekommen bist, und du wirst nie mehr zurückkehren können. Ich kann dir dann nicht mehr helfen.«
»Das alles ist mir völlig klar.« Jannis’ Entschluss schien festzustehen. »Werden wir uns weiter verständigen können? Kannst du da etwas machen, Ravez?«
Der dunkelhaarige Mann sah ihn an. »Nichts wird die Erinnerung an diese Burg auslöschen können und auch nicht die Sprachbilder aus deinem Kopf. Diese Verbindung wird euch bleiben.«
Ich starrte von einem zum anderen. »Kann ich kurz … allein mit Jannis reden?«, fragte ich. Mein Mund fühlte sich trocken an, meine Knie zitterten immer noch, aber ich bemühte mich, nichts davon nach außen dringen zu lassen.
»Sicher«, meinte Ravez gelassen. »Ich gehe vor die Tür – sagt Bescheid, wenn ihr dann soweit seid.« Mit festen Schritten verschwand er nach draußen und Jannis blickte mich mit einem schiefen Lächeln an.
»Dir ist hoffentlich klar, dass er Mittel und Wege hat, uns auch von dort aus zuzuhören, wenn er will«, sagte er. »Du würdest dich nie an Magie gewöhnen, glaube ich.«
Aber mir war nicht nach Scherzen zumute.
»Jannis«, stellte ich klar und sah ihm fest in die braunen Augen. Verdammt, er hatte tatsächlich verbrannte Stellen in den Haaren, und ich musste mich zurückhalten, nicht nachzuschauen, ob er auch wirklich unverletzt war. »Du bist nun mal ein magisches Wesen, du kannst dieses Opfer nicht bringen. Ich weiß, wie viel dir das Fliegen bedeutet. Das kannst du nicht einfach aufgeben, es würde dir auf immer leidtun.«
Er hielt meinen Blick und die Wärme darin berührte mich tief. »Ich bin kein magisches Wesen, sondern ein Mensch«, betonte er leise. »Das habe ich dir schon einmal gesagt. Unsere Wege haben sich durch all das, was geschehen ist, verbunden und nicht einmal Ravez wäre in der Lage, diese Verknüpfung rückgängig zu machen. Ja, ich werde das Fliegen vermissen. Aber dafür werde ich dich in meiner Nähe haben – wenn du möchtest. Wenn nicht, habe ich wenigstens mein Wort eingelöst und dich zurückgebracht, und ich werde mir ein neues Leben in dem beruhigenden Wissen einrichten, dass es dir gut geht.«
»Ich weiß nicht, was ich möchte«, murmelte ich. »Oder doch, eins weiß ich schon. Ich möchte nicht, dass du das tust, weil du unter magischem Einfluss stehst. Ich möchte, dass du deine Entscheidungen aus freiem, klarem Willen triffst.«
»Oh«, sagte er und zog mich wieder an sich, »das ist es also. Dieser Raum macht dir noch immer zu schaffen?« Er streichelte sanft meinen Hinterkopf. »Nicht alles, was dort geschehen ist, hatte seinen Ursprung im Zauber. Gut, ohne ihn wäre ich wohl kaum so deutlich geworden, aber das, was du gespürt hast, war wahr. Ich kann es auch nicht mehr ungeschehen machen. Allerdings«, und hier merkte ich, dass er lächelte, »hatte ich auch nicht den Eindruck, dass es dir unangenehm gewesen wäre.«
»Das war jetzt nicht fair«, protestierte ich und hieb ihm verlegen gegen die Brust. Er nahm meine Hände und hielt sie fest.
»Außerdem wird jeder magische Rest verschwinden, sobald wir in deiner Welt angelangt sind«, gab er, jetzt wieder ernst, zu bedenken. »Dann sehen wir ja, was übrig bleibt. Wenn du dazu bereit bist.«
Ich atmete tief. »Ich bin bereit. Ich will hier nur fort.«
»Es wird eine harte Landung geben«, warnte er und drückte einen vorsichtigen Kuss auf meine Finger.
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