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Falkenmagie

Falkenmagie

Titel: Falkenmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katjana May
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»Erinnere dich an das letzte Mal. Ich kann nicht garantieren, dass es besser wird.«
    Prickelnde Wärme breitete sich von meinen Fingerspitzen her durch meinen Körper aus, bis es tief in meinem Innern glühte. »Alles wird besser«, erklärte ich. »Komm, lass uns jetzt Ravez holen.«
    Es gab keine großen Abschiede. Einige der fremden Kreaturen drückten sich um die Ecken herum, verwirrt, weil sie nicht verstanden, was vor sich ging, doch niemand wagte es, uns zu stören. Merlon habe ich nicht wieder gesehen. Ich hoffe, sie ist glücklich geworden.
    »Fertig?«, fragte Ravez ruhig, die Hände über die Kugel gelegt, die wieder harmlos und matt pulsierte. »Ich gebe euch so viel Energie auf den Weg, wie es nur irgend möglich ist. Sie wirkt natürlich nur auf Jannis, doch wenn er dich festhält, kann er dich auch jetzt wieder mittransportieren. Lebt wohl.«
    »Ich lass nicht los, egal, was passiert«, versicherte Jannis und umschlang mich mit festem Griff. »Vertrau mir.«
    Und noch ehe ich etwas sagen konnte, zu ihm oder zu Ravez oder auch nur in Gedanken zu mir selbst, wurden wir Teil eines Wirbelsturms, der uns und die Burg und alle Erinnerungen darin hinwegfegte, bis uns nur noch das Chaos umkreiste und mir mein eigener Schrei in den Ohren gellte. Ich klammerte mich an die Wärme, die mich hielt und die Jannis war, und ich kroch tief, tief in sie hinein, bis ich nichts anderes mehr spürte.
    Als wir wieder zu uns kamen, lagen wir im Park auf der Wiese, ziemlich genau bei jener Stelle, von der aus wir damals gestartet waren. Sogar meine Tasche stand noch unberührt dort. Ob hier keine Zeit vergangen war? Hatte sich wirklich nichts verändert? Der Himmel über uns war immer noch gewittrig und ein Windhauch strich über uns hinweg.
    Ich drehte mich zu Jannis neben mir um und sah, dass er mich beobachtete. »Alles gut überstanden?«, fragte er und bewegte vorsichtig seine Hand. Er sah erschöpft und müde aus, doch ansonsten unversehrt.
    »Ja«, bestätigte ich erleichtert und rollte mich näher an ihn heran. »Aber versprich mir, dass wir das nie wieder tun müssen. Nie wieder.«
    Er lächelte und griff nach meinen Haaren. »Versprochen. Es gibt wirklich Besseres, was wir tun könnten.«
    »Oh«, machte ich und rückte noch näher. Mit einem letzten Rest aufflackernder Unsicherheit schaute ich in seine Augen, die mich so warm willkommen hießen, dass ich jeden Zweifel auf immer begrub. Hier gab es keine Restmagie, hier gab es nur noch Aufrichtigkeit.
    »Ja«, sagte er und zog meinen Kopf zu sich herunter. »Wie hatte Arik so schön gesagt: Ich habe noch andere Vorzüge. Wenn er das wohl auch anders gemeint hat, magst du sie vielleicht doch gern herausfinden.«
    »Gute Idee«, flüsterte ich und konnte meinen Blick noch immer nicht von seinen tiefen Augen lösen. »Fangen wir an.« Ich drückte meine Lippen auf seine, vorsichtig und behutsam, weil ich nicht wusste, wie verletzt oder erschöpft er wirklich war. Erfreut nahm er den Kuss entgegen – ganz ohne Magie, doch dafür er selbst, zum ersten Mal von einem Körper zum anderen. Ich öffnete den Mund, um seine Zunge einzulassen, und spürte die Hitze, die in uns beiden aufstieg.
    Ein lautes Donnern brachte mich unfreiwillig in die Realität zurück und ich brachte alle Anstrengung auf, mich wieder aus dem Kuss zu lösen. Erste Tropfen platschten uns kalt und unfreundlich auf die Stirn.
    »Ich habe eine Wohnung, weißt du«, erklärte ich, als er mich wieder zu sich herunterziehen wollte. »Wir müssen uns nicht nass regnen oder vom Blitz erschlagen lassen. Kannst du aufstehen?«
    Der Regen wurde heftiger, ein Blitz zuckte auf, dicht gefolgt von Donnergrollen. Unwillig schüttelte Jannis die Tropfen aus seinem versengten Haar, dann richtete er sich langsam auf und ließ sich von mir emporhelfen.
    »Aber nur, wenn wir dann da weitermachen, wo wir gerade aufgehört haben«, protestierte er. »Das war so ein vielversprechender Anfang.«
    Ich nahm meine Tasche auf und drückte mich an seine Seite, während er einen Arm um meine Schultern legte.
    »Einverstanden«, bekräftigte ich. Und dann eilten wir durch den Regen nach Hause, zwei Menschen in seltsam unpassenden Gewändern, um gemeinsam eine neue Welt zu erschaffen.

© Birgit Otten
    Katjana May , Jahrgang 1964, lebt seit ihrer Geburt im Ruhrgebiet, ohne bisher den Weg nach Oz gefunden zu haben. Darum arbeitet sie auch noch in der Stadtverwaltung, statt fremde Welten zu erforschen und romantische Abenteuer zu

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