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Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken

Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken

Titel: Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
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genannt, weil sie gleich aussehen. Aber du wirst sie kennen lernen.«
     
    Sie fanden Jungfer Calborth in der Küche, wo sie die Zubereitung des Abendessens überwachte. Wer sie sah, konnte an ihrer Verwandtschaft mit dem Falkenmeister nicht den geringsten Zweifel hegen. Der Bart und die buschigen Augenbrauen fehlten ihr zwar und sie trug auch einen langen Rock, aber sonst sah sie ihrem Bruder so ähnlich und hatte auch die gleiche Gestalt, dass man sie tatsächlich beinahe verwechseln konnte. Alduin starrte sie völlig verblüfft an.
    »Sucht ihr was?«, rief sie ihnen zu.
    »Jungfer Calborth«, sagte Rael, »das hier ist Alduin. Der Meister lässt ausrichten ihr sollt ihm einen Schlafplatz zuweisen.«
    Auch die Frau ging mit dem seltsam federnden Schritt, den Alduin bei ihrem Bruder bemerkt hatte. Sie wischte ihre Hände an der Schürze ab und begrüßte die Jungen freundlich. »Ja, ich weiß Bescheid. Der Junge mit dem komischen Vogel. Bisschen jung bist du ja schon, aber du wirst trotzdem bei den älteren Jungen schlafen. Die Lehre machst du aber mit den Anfängern. Am Ende wirst du sämtliche Jungen besser kennen als der Meister!« Sie kicherte, als sei das besonders witzig.
    Dann winkte sie die Jungen mit sich und führte sie in einen Saal, der Alduin mindestens dreimal so groß erschien wie ihr einziger Wohnraum zu Hause. An der Stirnwand standen große Zuber, vor denen vier Frauen knieten und auf Waschbrettern die Bettwäsche rieben. Am anderen Ende des Raumes standen große Schränke mit Stapeln gefalteter Leintücher. Die Hausmutter nahm saubere Bettwäsche aus einem Schrank und legte sie Alduin in die Arme.
    »Im Schlafsaal sind noch zwei Betten frei, Rael. Alduin kann sich eins aussuchen. Die Wolldecke liegt auf dem Bett.«
    Bevor sie wieder zur Küche zurückging, schaute sie Alduin mit freundlichem, aber nachdenklichem Lächeln an. »Ist vielleicht alles ein bisschen viel auf einmal. Komm nachher in die Küche, dort gibt's was zu essen für dich. Und morgen früh im Speisesaal.«
    »Danke«, sagte Alduin. Offenbar war Jungfer Calborth nicht weniger weise als ihr Bruder.
     
    In dem Schlafsaal waren zehn Jungen untergebracht, in sehr einfachen Betten und durch schwere Wollvorhänge voneinander getrennt, sodass sie sich zurückziehen konnten, wenn sie allein sein wollten. Neben den Betten standen jeweils ein kleiner Nachttisch und eine Truhe. Alduin wählte das Bett, das direkt am Fenster stand, und bezog die Matratze mit dem Leintuch. Dann verstaute er seine Kleider und sonstigen Habseligkeiten.
    »Bestimmt kommt dir das alles ziemlich seltsam und verwirrend vor«, meinte Rael. »Hast du bisher in Lemrik gewohnt?«
    »Nein«, antwortete Alduin. »Unser Haus steht einen guten Tagesmarsch vom Dorf entfernt. Meine Mutter ist nur selten nach Lemrik gegangen, um einzukaufen, und ich musste meistens zu Hause bleiben und mich um das Vieh kümmern. Vor ein paar Tagen war ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder im Dorf.«
    »Na, ich hoffe jedenfalls, dass du dich hier wie zu Hause fühlen wirst. Komm ruhig zu mir, wenn du Hilfe brauchst.«
    »Danke.«
    Rael vermutete, dass Alduin allein sein wollte, und wandte sich zur Tür. »Ich gehe jetzt, im Moment brauchst du mich ja nicht. Bald gibt's Abendessen und ich kann dir sagen, dass ich halb verhungert bin. Findest du den Weg in die Küche allein?«
    »Die Treppe runter, im Hof nach links und durch die nächste Tür wieder rein?«
    »Genau. Bis später.«
    »Ja ... und danke noch mal.«
    Raels ernstes Gesicht verzog sich zu einem kurzen Lächeln, dann ging er. Alduin setzte sich auf das Bett. Dann trat er ans Fenster und sah hinaus. Er entdeckte, dass dieser Teil der Zitadelle direkt an die Wehrmauer angrenzte, sodass er von seinem Fenster in die Gasse hinunterblicken konnte, in der er gestern Abend sein erstes Abenteuer erlebt hatte. Selbst das schien eine Ewigkeit her zu sein. Jetzt hatte er das Gefühl, genau wie die anderen Jungen ein Recht darauf zu haben, hier zu sein; das würde er sich nicht vermiesen lassen, was immer die anderen auch sagen oder denken mochten.
    Er lehnte sich so weit wie möglich hinaus und ließ den Blick zum Horizont schweifen. Im Westen glühte das Abendrot, während im Osten die ersten Sterne zu blinken begannen. Ein Gefühl des Friedens senkte sich über Alduin; in die Küche zu gehen, wo jetzt viel Trubel herrschen würde, schien ihm plötzlich unerträglich. Wahrscheinlich würde er die Nacht auch ohne Abendessen überleben; er

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