Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
weiß, wo Rihscha abgestürzt ist. Die anderen Falken folgen ihm und können die ganze Gegend absuchen«, rief Twith und sprang auf. »Rael, Gandar, bewegt euch!«
Ein paar Minuten später trafen sich die Freunde hinter dem Falkenhaus wieder und kurz darauf schwangen sich drei Falken in die Lüfte und flogen über die Dächer und Mauern der Stadt auf die Ebene hinaus. Die Blicke der drei jungen Falkner wurden starr, als sie sich mit ihren Falken verbanden und mit ihnen flogen. Sie suchten die Gegend ab, in der Rihscha abgeschossen worden war, während die anderen sich bemühten, ihre Ungeduld zu zügeln und die Falkner nicht zu stören.
Die Zeit verging, das letzte Tageslicht schwand und Alduin zweifelte langsam, ob sie den Pfeil je finden würden. Ein Blick in die Gesichter der Mädchen zeigte ihm, dass auch sie die Hoffnung bereits aufgegeben hatten. Erilea drückte stumm seine Hand; Silya lächelte ihm aufmunternd zu, doch selbst sie schien nicht mehr auf einen Erfolg zu hoffen. Jetzt konnte sich Alduin nicht mehr länger beherrschen.
»Wir sind ...«, begann er.
»Kweel hat ihn gefunden!«, rief Gandar im selben Augenblick. »Er steckt tief in einem Busch, sodass er kaum zu sehen war. Aber Kweel kann ihn nicht herausholen, es ist unmöglich.«
»Wirst du die Stelle morgen früh wieder finden?«, fragte Alduin.
Gandar nickte und Alduin seufzte erleichtert. »Dann holt die Falken nach Hause.«
»Mir fiel der Pfeil nur auf, weil er einen geraden Schaft hat, während die Äste des Busches völlig wirr durcheinander wachsen«, erklärte Gandar. »Die Stelle liegt sehr nahe beim Absturzort. Wir werden den Busch morgen leicht finden können.«
»Sollten wir jetzt nicht Meister Calborth oder Bardelph Bescheid sagen?«, fragte Twith.
»Erst müssen wir uns den Pfeil selbst genau anschauen«, meinte Rael, »sonst bekommen wir ihn womöglich gar nicht zu sehen und können auch keine Schlussfolgerungen daraus ziehen.«
»Wir üben morgen früh auf der Ebene vor der Stadtmauer«, warf Silya ein. »Wenn du mir ungefähr sagst, wo die Stelle ist, werde ich versuchen den Pfeil zu holen.«
»Gut, dann wäre das abgemacht«, sagte Alduin. »Wir schauen uns morgen den Pfeil genau an und entscheiden dann, was wir machen werden.«
In diesem Augenblick kehrten Kweel und Astar zurück und landeten auf den Fäusten ihrer Gefährten. Als Sivella nicht unmittelbar danach eintraf, verband sich Rael noch einmal mit ihr.
»Sie hat etwas gefunden, in einer Ecke auf den Burgzinnen«, sagte er. »Es ist schon sehr dunkel dort oben, aber es könnte ein Bogen sein.«
»Kannst du sagen, auf welcher Zinne?«, fragte Silya, nachdem Rael die Bindung wieder abgebrochen hatte.
»Eigentlich nicht, aber sicher muss es eine Stelle sein, von der aus das Ziel gut zu sehen ist.«
Silya zuckte die Schultern. An ihrer Miene war klar abzulesen, dass sie den Bogen auf jeden Fall finden würde. »Ich werde mir alle Zinnen genau anschauen, von denen aus der Schütze einen guten Blick auf die Abschussstelle hat.«
Nachdem Sivella zurück war und die drei jungen Falkner ihre Tiere für die Nacht versorgt hatten, gingen die Freunde in die Küche zurück, um zu schauen, ob noch Reste vom Abendessen übrig geblieben waren. Sie hatten Glück; es gab dort einige Stücke Brot, Käse, Wurst und sogar noch Obst. Sie saßen noch eine Weile beisammen und zogen sich dann in ihre Schlafsäle zurück.
Alduin begleitete Erilea zu ihrem Schlafsaal. Nach all den Aufregungen dieses Tages fühlte er sich in ihrer Gegenwart plötzlich schüchtern und gehemmt. Sie spürte es, verstand aber selbst nicht, was mit ihnen los war. Um die Situation zu überspielen, sagte sie: »Was für ein Tag! Ich bin fix und fertig. Heute Nacht schlafe ich bestimmt wie ein Murmeltier.«
»Ich auch«, stimmte Alduin sofort zu und fuhr schüchtern fort: »Danke übrigens für alles ...«
»Du brauchst dich nicht zu bedanken«, fiel sie ihm ins Wort. »Dazu sind Freunde doch schließlich da.«
Plötzlich warf sie alle Vorsicht ab, stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen schnellen Kuss auf die Wange. Dann verschwand sie mit silberhellem Lachen durch die Haustür, während ihr Alduin wie vom Donner gerührt nachstarrte.
Alduin half Calborth am nächsten Morgen Rihschas Verband zu erneuern, als ein unerwarteter Besucher in den Raum trat: Malnar. Alduin begrüßte ihn freudig, doch fiel ihm auf, dass er nicht sehr gesund aussah. Malnars Gesicht war von
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