Falkensaga 02 - Im Auge des Falken
Seite.«
Bardelph überprüfte die Haltetaue und die Holzlatten auf seiner Seite, Alduin auf der anderen. »Bist du bereit?«, rief er in die Dunkelheit.
»Ja«, scholl es zu ihm herüber.
Bardelph kniff die Augen zusammen, doch sosehr er sich auch bemühte, er konnte in der Finsternis nichts erkennen. Das Zittern der Halteseile war ein sicheres Zeichen dafür, dass Alduin bereits auf der Brücke unterwegs war. Jetzt konnten sie nur hoffen, dass sie dem Gewicht standhalten würde. »Sei vorsichtig«, rief er.
»Keine Sorge«, erklang die Antwort. »Ein Unfall pro Tag reicht!«
Jetzt erst löste sich ein Schatten aus der Dunkelheit, und Bardelph zählte in Gedanken Alduins letzte Schritte mit.
»Wie schön, dich zu sehen, Junge!«, sagte er und packte ihn herzlich an den Händen.
»Und was für eine Erleichterung erst recht, dich zu sehen», erwiderte Alduin grinsend, bevor er rasch hinzufügte: »Und schön natürlich auch!« Der Raide lächelte dankbar und zeigte mit der Hand auf den Pfad. »Deine Mutter ist da unten und versorgt den Katauren. Sieht ziemlich schlimm aus mit seinem Fuß.«
Alduin konnte es nicht abwarten und stieg zu der Stelle hinunter, an der Aranthia Cardols Fuß behandelte. Das Gesicht des Mannes wirkte grau, dennoch gelang es ihm, Alduin ein mattes Lächeln zu schenken. Aranthia bemerkte es und wandte sich ihm zu.
»Alduin! Ich bin hier gleich fertig, dann will ich dich endlich umarmen!«
»Kann ich helfen?«
»Du könntest mit Bardelph eine Trage bauen. Der Mann darf seinen Fuß nicht belasten.« Bevor Alduin aufbrach, hockte er sich neben seine Mutter, legte seine Hand auf ihre Schulter und lächelte dem Katauren zu: »Ihr seid in guten Händen, Cardol. Sie ist eine der besten Heilerinnen der Gegend«, versicherte er.
»Ja, sie hat schon wahre Wunder gewirkt mit ihrem Wolfsfuß. Mehr als es ein Pferd verlangt ...«, antwortete der Kataure dankbar. »Doch jetzt könnte ich gut noch einen Schluck ...«
»Ich gebe Euch Jatamansi«, schnitt Aranthia ihm den Satz ab. »Das wird reichen. Etwas anderes braucht Ihr nicht«, fügte sie mit einem entschuldigenden Lächeln hinzu, das ihren Worten die Schärfe nahm.
»Wie Ihr meint, gute Frau«, gab Cardol sich mit so wehmütiger Miene geschlagen, dass Alduin grinsen musste.
»Ich sagte doch, Ihr seid in hervorragenden Händen«, wiederholte er und machte sich wieder auf den Weg nach oben.
»Ich habe ein kräftiges Stück Seil, und wir können ein paar Jungbäume für die Trage fällen«, schlug Bardelph vor. »Aber ich bin nicht sicher, ob wir Skip dazu bringen, einen Mann hinter sich herzuschleifen.«
»Wir haben doch zwei Pferde«, rief Alduin. »Sie warten auf der anderen Seite der Schlucht. Vielleicht brauchen wir gar keine Trage - das heißt, wenn ich sie wohlbehalten rüberschaffen kann.«
Bardelph runzelte zweifelnd die Stirn. Doch Alduin beachtete seinen skeptischen Blick nicht und lief schon wieder zurück zur Brücke. Kurze Zeit später kam er mit einem der Sättel unter dem Arm und einem Bündel über der Schulter zurückgewankt. Wortlos lud er die Fracht auf dem Boden neben Bardelph ab und rannte wieder los. Nach zwei weiteren Überquerungen hatte er die ganze Ausrüstung auf diese Seite der Brücke gebracht.
»Und jetzt die Pferde«, sagte er, und seine Augen blitzten herausfordernd. »Ich fange mit Fea Lome an. Sie ist kleiner und nicht so eigensinnig.«
Dennoch sträubte sich die Stute, auch nur einen Fuß auf die Brücke zu setzen. Sie suchte nach festem Untergrund. Die Dunkelheit in der Schlucht machte ihr Angst. Schnaubend, mit geblähten Nüstern und rollenden Augen wich sie immer wieder zurück. Alduin nahm kurz Verbindung mit Rihscha auf und rief den Falken zu sich. Seine Gegenwart schien die Stute zu beruhigen. Rihscha umkreiste sie einmal, kreischte ihr ermutigend zu und flog dann über die Brücke. Fea Lomes Blick folgte ihm.
»So ist's gut, Lome«, flüsterte Alduin der Stute ins Ohr. »Rihscha wird dich lenken. Dir wird nichts geschehen. Sieh einfach nicht nach unten.«
Rihscha flog ein paar Mal hin und her, während Alduin Fea Lome langsam über die Brücke lockte. Er konzentrierte sich mit aller Kraft auf das Tier. Den Gedanken, dass die Brücke unter ihnen einstürzen könnte, ließ er gar nicht erst zu. Wohlbehalten übergab er Bardelph die Stute. Und jetzt war Nachteule an der Reihe.
Der Hengst reagierte jedoch störrisch und weigerte sich, die Brücke zu betreten. So eindringlich Alduin ihm auch
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