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Falkensaga 02 - Im Auge des Falken

Falkensaga 02 - Im Auge des Falken

Titel: Falkensaga 02 - Im Auge des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
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Alduin halb Wunand, halb Raide war, fürchtete sie nicht, eine der beiden Gottheiten zu beleidigen.
    Sie beendete ihr Morgenritual mit einem wortlosen Gesang, der keiner bestimmten Melodie folgte, und ließ all das heraus, was in ihr aufstieg. Es klang wie ein unbeschwertes, verspieltes Lied, das an das Zwitschern von Vögeln im Wald erinnerte. Dann wieder sprachen aus der Melodie Sehnsucht und Ernsthaftigkeit, die ihr etwas Erhabenes verliehen. Sie verlor jegliches Zeitgefühl, bis der Gesang sein Ende fand.
    »Emo«, flüsterte sie schließlich, öffnete die Augen und war bereit für einen neuen Tag. »So sei es.«
    Als Erilea zu ihrem Unterschlupf aus Ästen und Buschwerk zurückkehrte, fand sie die Raubkatze hellwach vor. Das Tier gähnte gedehnt und musterte sie mit aufmerksamem Blick. Erleichtert stellte Erilea fest, wie klar seine Augen waren. Noch am Vorabend schienen sie wie von einem leichten Schleier verhangen. Sie atmete tief auf. Von nun an musste sie nicht mehr um das Überleben des Tieres fürchten.
    »Bist du hungrig?«, fragte sie und griff nach den Peerifleischbrocken, die sie in Dökblätter gewickelt und zwischen den Ästen aufbewahrt hatte. »Was für eine Frage! Bestimmt bist du völlig ausgehungert«, murmelte sie und warf der Wildkatze geschickt ein Stück zu, das sie gierig verschlang.
    »Würdest du wohl kauen! Du holst dir noch einen Magen ...«
    Mitten im Wort brach sie ab, als die Katze abermals gähnte und sich mühelos erhob. Kaum vorstellbar, dass das Tier so schwer verletzt gewesen war. Die abgefallenen Dökblätter gaben einen Blick auf die Narbe frei. Die Wunde war sauber verheilt. Nur gut, dass die Pfeile der treffsicheren Wunand-Amazonen keine Widerhaken hatten.
    »Bald solltest du wieder selbst jagen können«, sagte Erilea zuversichtlich. »Aber bis dahin kannst du noch genießen, dass ich für dich sorge.«
    Sie warf die letzten Fleischbrocken vor den Eingang.
    Mit anmutigen Bewegungen glitt die Raubkatze aus der Höhle und verschlang den Rest des Morgenmahls. Erilea folgte ihr und hockte sich neben dem Tier auf den Boden. Ein Knurren klang aus der Kehle der Raubkatze, jedoch schien es für Erilea keine Bedrohung. Behutsam entwirrte sie die Lederriemen und rieb die getrockneten Überreste der Heilsalbe ab. Das Tier ließ es über sich ergehen.
    Erilea selbst fastete jeden Tag bis zum Sonnenuntergang. Das Fasten zählte zu einer der auferlegten Aufgaben des Parna und sollte Wahrnehmung und Bewusstsein schulen. Die ersten zwei Tage hatte sie schwer gegen den Hunger angekämpft, doch allmählich fiel es ihr viel leichter. Trotz allem verbrachte sie den ersten Teil eines jedes Tages damit, Nahrung für den Abend zu suchen, und heute würde sie auch wieder für die Raubkatze jagen müssen. Vielleicht zum letzten Mal.
    Nachdem die junge Wunand-Amazone ihre wenigen Habseligkeiten geordnet hatte, griff sie nach ihren Waffen. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel und kündete einen sengend heißen Tag an. Sie warf noch einen Blick auf das Tier, das mittlerweile den letzten Fleischbrocken verspeist hatte, im trockenen Gras lag und sich zufrieden die Pfoten leckte.
    »Ich gehe auf Jagd«, sagte sie leise, beugte sich zu ihm hinab und streichelte sanft über das goldene Fell. »Du kannst hier draußen warten. Hier solltest du sicher sein.«
    Zu ihrer Überraschung folgte ihr die Arekkatze. Geräuschlos auf samtenen Pfoten lief sie neben ihr her. Erilea sah sie von der Seite an, dann setzte sie ihren Weg fort. Ein Lächeln legte sich über ihre Züge. Welchen Sinn hätte es schon, einem wilden Tier Befehle zu erteilen? Ebenso gut könnte man einen Fluss bitten, stromaufwärts zu fließen.
    Der Bach, den sie über einen schmalen Pfad schon sehr bald erreichte, mündete etwa eine Wegstunde von hier östlich in den Mangipohr. Erilea hatte wenig Hoffnung, dass die Burak- oder Peeriherden jetzt noch dort saufen würden, dafür stand die Sonne bereits viel zu hoch. Doch wollte sie ohnehin ihre Fischreusen überprüfen.
    Am Ufer beugte sie sich ins Wasser und begutachtete die Netze. Tatsächlich zappelten darin ein paar Brillits in beachtlicher Größe, und zum Glück waren die Netze unbeschädigt. Erilea ließ die Fische für den Rückweg dort, krempelte ihre Hose hoch und watete stromaufwärts durch das knietiefe Wasser. Die Raubkatze folgte ihr am Ufer entlang und ließ sie nicht aus den Augen. Die Strömung war stark, und Erilea schloss die Augen. Sie genoss das Gefühl des Wassers auf ihrer

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