Falkensaga 02 - Im Auge des Falken
auf.
»Jetzt ist sie ziemlich weit im Süden, ein paar Wegstunden landeinwärts kurz vor der letzten großen Biegung des Flusses.«
Aranthia und Calborth entging es nicht, dass er für einen Moment erstarrte. Es musste etwas geschehen sein.
Sie musterten ihn voller Sorge, doch keiner wagte es, die Verbindung zwischen ihm und seinem Falken zu stören. Angstvoll harrten sie der Dinge. Die Zeit verging unerträglich langsam, und noch immer stand Rael wie in Trance vor ihnen. Plötzlich stieß er einen lauten Seufzer aus und öffnete die Augen.
»Sivella hat Erilea gefunden!«, rief er aus. Ein erleichtertes Lächeln legte sich über seine Züge.
Aranthia konnte ihre Enttäuschung nur schwer verbergen. Wenngleich ihr die junge Wunand-Amazone sehr ans Herz gewachsen war, so hatte sie doch gehofft, etwas über ihren Sohn zu erfahren. »Das ... das ist ja wunderbar ...«, sagte sie so verbindlich wie es ihr nur möglich war. »Nur was ist mit Alduin?«
Rael sank in sich zusammen. »Wenn wir Erilea nur irgendwie zu verstehen geben könnten, dass Alduin vermisst wird.« Er legte die Stirn in Falten. »Sie könnte uns eine große Hilfe bei der Suche sein.«
Bardelph war wieder zurückgekehrt und stand im Türrahmen. Plötzlich platzte er heraus. »Dieses sinnlose Warten und Nichtstun halte ich einfach nicht länger aus! Ich fühle mich so völlig nutzlos. Wir müssen etwas unternehmen, uns selbst auf die Suche machen.«
Alle richteten ihren Blick auf ihn. »Aber sag, wo sollen wir anfangen, Bardelph? Er könnte überall sein.« Aranthia konnte die Tränen nicht mehr unterdrücken. »Die Strömung ist so stark. Sie hat ihn sicher längst schon zum Meer getrieben!«
Meister Calborth schüttelte den Kopf. Was er bisher nur gedacht hatte, sprach er jetzt aus. Er wählte seine Worte sorgsam.
»Aranthia, du selbst weißt nur zu gut, was es bedeutet, so lange im Fluss zu treiben.« Sie schwieg.
»Ich weigere mich zu glauben, dass er tot ist«, antwortete Bardelph statt ihrer. »Sein Falke ist so unglaublich klug ... und da ist noch der Bund. Ich glaube, Aranthia hat recht, dass Alduin wohlauf ist. Doch aus unerklärlichem Grund kann uns Rihscha kein Zeichen geben.«
Bardelphs Worte gaben Aranthia neue Zuversicht. Sie holte tief Luft, schloss die Augen und horchte in sich hinein. Erst nach einer Weile flüsterte sie:
»Genau wie ein Teil von mir immer wusste, dass Cal nicht tot sein konnte ... Ich bin mir jetzt sicher, dass Alduin noch am Leben ist. Was geschehen ist, wissen wir nicht. Aber ich vertraue auf meine innere Stimme und bete, dass Emo und Gilian über ihn wachen mögen.«
Langsam ließ sie ihren Blick über die drei Männer schweifen und fuhr fort. »Ich werde wie gewohnt meiner Arbeit nachgehen, Salben und Tinkturen bereiten. Ich sorge für Cal und Cardol. Ich ... Ich werde mich einfach ablenken und geduldig abwarten.«
»Soll ich bei dir bleiben?«, fragte Bardelph. Er ging unsicher einen Schritt auf sie zu und nahm mit großer Enttäuschung hin, dass sie sein Angebot kopfschüttelnd ablehnte.
»Besser nicht, Bardelph. Ich fürchte, du verlierst den Verstand, wenn du noch länger so tatenlos hier in der Stadt herumsitzen musst.« Für einen Augenblick hielt Aranthia inne. »Nimm Skip und geh zurück zu unserer Hütte. Dort kannst du den Flusslauf absuchen. Besser, wenn jemand zu Hause ist. Vielleicht taucht Alduin dort auf und braucht Hilfe.«
Bardelphs Blick hellte sich auf. Ihr Vorschlag schien vernünftig und gab ihm endlich die Gelegenheit, etwas zu tun. Er streckte die Hand aus, strich ihr eine lose Haarsträhne aus der Stirn und streichelte ihre Wange.
»Du wirst sehen, wir werden ihn finden. Du darfst nur die Hoffnung nicht aufgeben.« Sie blickte auf den Boden und versuchte, die Tränen zu verbergen. Doch er hob ihr Kinn, sah ihr liebevoll in die Augen und küsste sie. »Alles wird gut. Die Götter sind mit ihm!«
Sie nickte und antwortete mit einem unsicheren Lächeln. »Ich weiß, ich weiß.«
Er umarmte sie ein letztes Mal, verbeugte sich vor Meister Calborth und Rael und verabschiedete sich. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
Für eine Weile war es still im Raum, bis Rael seine Gedanken aussprach: »Es ist ein gutes Zeichen, dass Sivella Erilea gefunden hat. Ich will mich so schnell wie möglich auf den Weg zu ihr machen.« Der junge Falkner legte zum Zeichen der Ehrerbietung seine Faust an die Brust und verließ die Bruthalle, ohne eine Antwort abzuwarten.
Aranthia sah den
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