Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
Vom Netzwerk:
rasend, als sie beide meinen Fragen auswichen, und ging zur Tür. Die Countess hielt mich mit etwas zurück, das ich nie von ihr erwartet hätte. Mit Sanftmut. »Er braucht seinen Schlaf.«
    »Danke«, sagte ich verlegen zu Lucy, »dass Ihr sie bei Euch aufgenommen habt.«
    »Das ist alles?«, rief Anne ungestüm. »Du hast uns verboten, hierherzukommen. Du hast sie beleidigt. Oder hast du das vergessen?«
    Ich dachte an das Bild von Holles, das gerade im Salon aufgehängt wurde. Was ich an jenem Abend vor meinem Aufbruch nach Holdenby gesagt hatte, schien mir nur zu wahr zu sein. Sie war zu Holles übergelaufen, auch wenn sie vielleicht nicht das Lager mit ihm teilte.
    »Die … Art und Weise, in der ich mit Euch sprach, war unverzeihlich. Ich bedaure es zutiefst.«
    »Die Art und Weise? Du bedauerst es zutiefst? Du nimmst kein Blatt vor den Mund, Sir. Du nimmst nichts von dem zurück, was du gesagt hast?«
    »Genug, Anne«, sagte die Countess. »Bitte. Ich lasse Euch jetzt …«
    Sie machte Anstalten, zu gehen, aber Anne ergriff ihre Hand und zwang sie regelrecht, sich in den Sessel neben sie zu setzen. Vom Ärger waren ihre Wangen gerötet und die Haut gestrafft. Sie würde Lucys Hand nicht loslassen. Meine Dankbarkeit Lucy gegenüber, weil sie meiner Familie Zuflucht gewährte, schmolz dahin.
    »Es tut mir leid, aber ich kann nicht zurücknehmen, was die Wahrheit zu sein scheint. Jetzt, wo Holles London kontrolliert, stelle ich fest, dass Ihr sein recht schwülstiges Porträt aufhängen lasst.«
    Niemand sprach. Anne hob die Beine von der Chaiselongue und versuchte vorsichtig aufzutreten. Ich dachte, sie würde auf mich losgehen. Doch sie blickten einander an und begannen zu lachen. Lucy schenkte einen Stärkungstrunk ein, den sie mit Weißwein auffrischte. Als ich ablehnte, reichte sie Anne das Getränk, die mich über den Rand des Glases hinweg musterte – eine von Lucys Angewohnheiten. Sie begann sogar wie Lucy zu klingen.
    »Für einen Flugblattschreiber – ist es das, was du wieder bist? – bist du ausgesprochen schlecht informiert.«
    »Holles’ Porträt ist nicht schwülstig«, sagte Lucy. »Es ist widerlich. Und es wird nicht aufgehängt, sondern abgenommen.«
    Sie erklärte mir, die Aufstände seien eine zwecklose Geste der Stadt gewesen, da man die Vorstellung fürchtete und hasste, die Armee könnte die Kontrolle übernehmen. Die Aufrührer waren von Männern wie Sir Lewis irregeführt worden, der hinsichtlich der Anzahl derjenigen, die bereit seien, für die Presbyterianer zu kämpfen, gewaltig übertrieben hatte. Cromwell spielte seine Karten geschickt aus, er zeigte Stärke, setzte sie indes nicht ein. Sobald die Presbyterianer hörten, dass Cromwell nur zwölf Meilen entfernt war, schmolz ihre Schar wie Schnee im Frühling. Während ich mich von meinen Verletzungen erholt hatte, war bekanntgeworden, dass sich zur Stärke die Autorität gesellt hatte, nachdem der Speaker und eine Reihe geflüchteter Peers sich Cromwell angeschlossen hatten. Man rechnete damit, dass die Armee binnen weniger Tage einmarschieren und das Parlament wieder einsetzen würde.
    »Ich hoffe, Ihr habt Cromwells Porträt bei einem besseren Maler in Auftrag gegeben«, sagte ich zur Countess.
    »Cromwell?«, sagte Lucy, als hinterließe der Name einen schlechten Geschmack im Mund. »Ich habe noch ein altes von ihm. Weit wichtiger, ich habe meinen Van Dyck von Charles. Die Verhandlungen mit dem Parlament laufen gut, und im Herbst wird er auf den Thron zurückkehren. Lang lebe der König!«
    Sie hob ihr Glas. Anne starrte in ihres. Ihre Heiterkeit schien von äußerst kurzer Dauer gewesen zu sein. Zum ersten Mal sah sie mir direkt in die Augen, mit diesem alten Ausdruck der Verachtung, der mir nichts ausmachte, den ich sogar willkommen hieß, denn er war durchsetzt von Hunger und Begierde.
    »Was um alles in der Welt hast du da eigentlich an?«
    Anne musterte mich mit wildem Blick. Ihre Hand zitterte, und sie verschüttete etwas von ihrem Getränk. Ich nahm ihr das Glas aus der Hand. »Was ist los, Liebste?«
    Ich spürte mehr, als dass ich es sah, dass Lucy ihr Glas immer noch erhoben hatte, doch dann wurde ihre Anwesenheit so bedeutungslos wie die der Möbelstücke, während ich die Schluckbewegungen in Annes immer noch dünnem und zerbrechlichen Hals beobachtete, als sie zu sprechen versuchte. Kaum waren die Worte fast heraus, schluckte sie sie wieder herunter. Tränen stiegen ihr in die Augen, und ich zog sie an mich,

Weitere Kostenlose Bücher