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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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erwähnt. Ich tastete fassungslos nach einem Stuhl und setzte mich. Cromwell hatte allmächtig und unerschütterlich gewirkt und Befehle gebellt, doch vor den Dienstboten konnte man nichts geheim halten.
    Ich dachte an die Schwerter an den Gürteln der Gäste und an Cromwells Hand, die nach seinem gegriffen hatte, als die Kutsche sich näherte. An die Nachrichten, die Cromwell in der Faust zusammengeknüllt hatte, und daran, wie Cromwell Ireton gefragt hatte, ob es Neuigkeiten von Holles’ Empfang im Derby House gäbe. Ireton hatte erwidert, dass Lord Stonehouse’ Informant verhaftet worden sei. War er getötet worden? Oder saß er im Tower und wurde befragt?
    »Wart Ihr heute Abend im Derby House, Lucy?«
    »Natürlich. Ich halte mich gerne auf dem Laufenden.«
    »Was habt Ihr dort erfahren, das Euch hierhergeführt hat?«
    »Tom! Ihr versucht, mich auszuhorchen. Da müsst Ihr schon etwas geschickter vorgehen.«
    Anne legte mir eine Hand auf den Arm, aber ich schüttelte sie ab und drängte die Countess von neuem. »Was habt Ihr erfahren, Lucy?«
    Sie erwiderte fest meinen Blick. »Nur, dass die Dinge schlecht stehen und noch schlimmer werden. Ich war so besorgt, dass ich Anne und Luke meine Gastfreundschaft angetragen habe. Nun, ich darf nicht länger verweilen. Ich weiß, dass Ihr bei Tagesanbruch aufbrechen müsst.«
    Sie wusste es. Sie wusste von unserem Treffen mit Cromwell. Wahrscheinlich war sie besser als sonst irgendjemand in der Lage, die einzelnen Teile des Puzzles zusammenzufügen. Aber wem teilte sie mit, zu welchem Schluss sie gekommen war? War sie hier, um uns zu helfen – oder um etwas herauszufinden?
    Sie trank ihre Schokolade aus, nannte sie in Anbetracht der Umstände sehr gut, doch wenn die Dinge wieder ihren normalen Gang gingen, was, wie sie hoffte, bald der Fall sein würde, gäbe es in ihrem Lieblingsladen in der Börse wieder die beste Schokolade zu kaufen.
    Jane machte eben Anstalten, Lucy den Umhang umzulegen, als ich Annes und Lucys Abschiedsgeschnatter unterbrach.
    »Wie bald ist bald, Lucy?«
    Ihr Blick sagte mir, dass ich sie langweilte. Dasselbe sah ich auch in Annes Blick, was mir einen Stich versetzte und mich ärgerte. Zum ersten Mal zeigte Lucy einen Hauch von Gereiztheit. »Woher soll ich das wissen, Tom? Ich kann Euch nur sagen, was ich erhoffe. Dass der König bald zurückkehrt und wieder Anstand und Ordnung in dieser Stadt herrschen werden.«
    Anne nickte leidenschaftlich. Das war ihr Herzenswunsch. Ich wusste, was sie und Luke durchgemacht hatten. Doch während ich zusah, wie Jane Lucy in ihren Umhang half, dessen rotes Seidenfutter sich kräuselte, erkannte ich schockiert, wie vollkommen Anne unter Lucys Bann stand. Als der König noch an der Macht gewesen war, war Lucy die Mätresse jenes Mannes gewesen, auf dessen Rat der König am meisten gehört hatte, des Earl of Strafford. Nachdem Mr Pym Straffords Hinrichtung betrieben hatte und auf dem Weg zur Macht war, hatte sie eine Beziehung mit ihm begonnen. Ich hatte niemals darüber nachgedacht, aber ich vermutete, dass sein Tod eine Lücke hinterlassen hatte.
    Zufrieden richtete die Countess die mit Diamanten besetzte Spange an ihrem Umhang.
    »Anstand und Ordnung«, sagte ich. »Und gute Schokolade.«
    Sie lächelte. »Genau.«
    Es war die Selbstgefälligkeit dieses Lächelns. Die Worte kamen über meine Lippen, ehe ich es verhindern konnte. »Wessen Bett teilt Ihr heute Nacht, Lucy?«
    Ihr Lächeln gefror, aber nur für einen Moment, ehe sie sagte: »Meine Handschuhe, Jane? Danke.«

    Als Lucy gegangen war, zog Anne sich zurück, und kurz darauf klopfte ich an ihre Tür. Sie war abgesperrt. Das hatte sie noch nie zuvor getan. Erst als ich so laut klopfte, dass sie fürchtete, ich könnte Luke erneut aufwecken, öffnete sie mir.
    »Du bist genauso unflätig wie deine früheren Flugschriften, Sir.«
    Alles an ihr schien sich in heftiger Bewegung zu befinden: die Lippen, die Augen, das zurückgeworfene Haar. Sie hatte begonnen, sich zu entkleiden und zog ihr Hemdkleid wieder hoch, um ihre Brüste zu bedecken. Die Bewegung entflammte und erzürnte mich. Als ich nicht ging, zog sie ihren Hausmantel an, was mein Begehren nur noch verstärkte. Aber am schlimmsten war ihr verächtlicher Gesichtsausdruck. Mit genau diesem Blick hatte sie mich bedacht, als ich als Lehrjunge und ohne Stiefel ins Haus ihres Vaters gekommen war.
    »Bitte weck Luke nicht wieder auf.«
    Ich setzte mich auf das Bett und stütze den Kopf in die Hände.

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