Fallen Angel 07 Tanz der Rose
Benehmen... und ich erinnere mich an ihre herrlichen Stickereien. «
Rafe hob skeptisch die Brauen. »Hat sie ihren Mann glücklich gemacht? «
»Das weiß ich nicht. Sie waren jedenfalls sehr höflich zueinander. «
»Nach einer dynamischen Ehe hört sich das nicht an«, erwiderte Rafe trocken. »Auch wenn ein Ehepaar sich in der Öffentlichkeit ganz korrekt benimmt, spürt man normalerweise immer, ob es sich wirklich zugetan ist oder nicht. Wenn das bei deinem Bruder nicht der Fall war, hat er vielleicht einfach notgedrungen das Beste aus einer Vernunftehe gemacht, obwohl er sich in Wirklichkeit eine ganz andere Frau wünschte. «
»Aber eine Schauspielerin aus einer viertklassigen Truppe? « protestierte Michael.
»Ich habe eine Spionin geheiratet, Nicholas eine Lehrerin, die auch noch Methodistin war, Lucien eine Diebin, der eine Karriere als Komödiantin prophezeit wurde, und du eine skandalumwitterte Witwe! « Rafes graue Augen funkelten amüsiert. »Warum sollte Stephen keine Schauspielerin heiraten? «
Michael zügelte mühsam sein Temperament, weil er spürte, daß sein Freund ihn aufs Glatteis geführt hatte. »Das ist eine unfaire Beschreibung von Catherine und den anderen Frauen. Sie mögen unkonventionell sein, aber trotzdem sind sie Damen. «
»Und woher willst du wissen, daß Stephens Frau keine Dame ist? «
Seufzend fuhr Michael sich mit den Fingern durch die Haare. »Diese ermüdende Suche hat offenbar mein Begriffsvermögen stark beeinträchtigt. Vielleicht könntest du mir klipp und klar sagen, wie ich mich deiner Ansicht nach verhalten soll. «
»Du hast einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, wenn es um deinen Bruder geht«, antwortete Rafe freundlich, »aber du kannst einen erwachsenen Mann nicht vor Torheiten bewahren. Es könnte katastrophale Folgen haben, wenn du wie ein Berserker tobst und Stephens Frau als berechnende Nutte beschimpfst. Als Gentleman muß er sie sogar dir gegenüber verteidigen, und sollte er wirklich verliebt sein, was ich fast vermute, würde er dir deine unbedachten Äußerungen verständlicherweise sehr verübeln. Es käme zwangsläufig zu einer neuen Entfremdung, und du würdest dir dein Leben lang Vorwürfe machen, wenn er stirbt, ohne daß ihr euch versöhnt habt. «
Rafes Worte trafen Michael mit der Wucht eines Hammerschlags. »O Gott, ich lerne wohl nie dazu, stimmt's? « murmelte er zerknirscht. »Wie oft hast du mir im Laufe der Jahre weise Ratschläge gegeben? «
»Unzählige Male. «
»Und wie oft habe ich sie befolgt? «
Rafe überlegte. »Schätzungsweise zu fünfzig Prozent. «
»Die heutige Standpauke kannst du ebenfalls als Erfolg verbuchen. « Michael starrte wieder aus dem Fenster auf den wolkenverhangenen Himmel hinaus. »Sollte ich der neuen Herzogin begegnen, werde ich ausnehmend höflich zu ihr sein - ob sie es nun verdient oder nicht! « Er war heilfroh, daß sein Freund ihn wieder einmal davor bewahrt hatte, aus Jähzorn einen verhängnisvollen Fehler zu begehen. Wenn Stephen wirklich nur noch kurze Zeit zu leben hatte, sollte er tun und lassen können, was immer er wollte.
22. Kapitel
Rosalind schaute aus dem Kutschfenster auf die belebten Straßen hinaus. »Ich bin seit meiner Kindheit nicht mehr in London gewesen und dachte immer, meine Erinnerungen wären verzerrt, aber das stimmt nicht. Die Stadt ist noch größer und geschäftiger, als ich sie im Gedächtnis hatte. «
Stephen lächelte. »London wird von Jahr zu Jahr hektischer. «
»Und es stinkt«, fügte Rosalind naserümpfend hinzu, bevor sie sich wieder zurücklehnte und nach der Hand ihres Mannes griff. Sie verspürte ein absurdes Verlangen, ihn so oft wie möglich zu berühren, solange er noch bei ihr war, und glücklicherweise schien er das genauso zu genießen wie sie selbst.
Trotz des wechselhaften Herbstwetters hatten sie herrliche Flitterwochen erlebt, fröhliche Tage und Nächte voller Leidenschaft, wobei das Wissen, wie wenig Zeit ihnen blieb, alles mit besonderer Intensität erfüllte. Manchmal weinte Rosalind, weil die Stunden viel zu schnell verrannen, doch sie tat es immer nur heimlich.
Stephen hatte einige weitere Anfälle erduldet, sich jedoch jedesmal schnell erholt, so daß sie meistens so tun konnten, als wäre alles in bester Ordnung, und Rosalind hatte sich notgedrungen auch mit der kaum merklichen Distanz abgefunden, die ihrem Mann offenbar als Schutzbarriere diente.
Anstatt sich über unlösbare Probleme den Kopf zu zerbrechen, hatten sie
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