Fallen Angel 07 Tanz der Rose
enttäuscht sein, wenn sich bald herausstellte, daß sie sich geirrt hatte. Nein, sie mußte abwarten, auch wenn es ihr noch so schwer fiel.
Verträumt lehnte sie sich auf dem Sofa zurück und wiegte Portia wie ein Baby in den Armen. Nachdem sie der Logik Tribut gezollt hatte, ließ sie jetzt ihrer Fantasie freien Lauf. Sie war schwanger und würde ein gesundes Kind zur Welt bringen... Stephen wünschte sich bestimmt einen Erben, und seinen Aussagen zufolge wäre sein Bruder Michael heilfroh, von der Bürde des Herzogstitels verschont zu bleiben. Doch sie selbst würde sich über eine Tochter genauso freuen.
Ein schwarzer Schatten fiel auf ihr Glück, als ihr zu Bewußtsein kam, daß Stephen aller Voraussicht nach die Geburt ihres Kindes nicht mehr erleben würde. Gleich darauf dämmerte ihr eine weitere Erkenntnis: Sie würde nicht zu ihrer Familie zurückkehren können, wenn tatsächlich ein neues Leben in ihr keimte. Ein Sohn wäre der künftige Herzog von Ashburton, eine Tochter eine reiche Erbin, und es würde Rosalinds Pflicht sein, Stephens einziges Kind in seinem Sinne zu erziehen. Das bedeutete, daß sie endgültig von der vertrauten Welt ihrer Kindheit und Jugend Abschied nehmen und statt dessen lernen mußte, sich in höchsten Adelskreisen zu behaupten.
Das würde ihr nur an der Seite ihres Mannes gelingen. Sie mußte diese wenigen Wochen in London ausnutzen, um Stephens Freunde kennenzulernen. Wenn man sie anerkannte, würde sie vielleicht auch nach seinem Tod offene Türen vorfinden.
Noch wichtiger war es, Kontakte zu seiner Familie zu knüpfen, denn als Mutter eines Kenyon-Kindes würde sie ein für allemal zu diesem Clan gehören. Beim Gedanken an die hochmütige ältere Schwester und den furchterregenden jüngeren Bruder hätte Rosalind fast laut gestöhnt. Selbst wenn Stephens Geschwister sich widerwillig mit ihr abfanden, würden sie vermutlich verlangen, daß sie alle Beziehungen zu ihrer eigenen unvornehmen Familie abbrach, was sie natürlich niemals tun würde. Und dann könnten die Kenyons versuchen, Druck auf sie auszuüben...
Seufzend schloß sie die Augen. Sollte es dazu kommen, hätte sie noch genügend Zeit, sich über diese Probleme den Kopf zu zerbrechen. Im Augenblick wollte sie sich darauf konzentrieren, in der Londoner Gesellschaft Fuß zu fassen. Dazu brauchte sie einige elegante Kleidungsstücke - am besten fließende Gewänder, die ihr auch bei fortschreitender Schwangerschaft noch passen würden. Um des Kindes willen mußte sie Stephens Freunde davon überzeugen, daß sie nicht >diese Schauspielerin war, >die sich den Herzog geschnappt hat, als er im Sterben lag<, sondern eine Frau, die es verdiente, in den besten Häusern empfangen zu werden.
Rosalind legte eine Hand auf ihren Bauch und lächelte glücklich. Die Zukunft würde nicht einfach sein, wenn sie tatsächlich ein Kind erwartete - aber sie war gern bereit, alle Schwierigkeiten auf sich zu nehmen.
23. Kapitel
Stephen lehnte sich seufzend in seiner Kutsche zurück. Es gab wohl kaum etwas Deprimierenderes als einen Vormittag beim Anwalt, dem man seinen Letzten Willen auseinandersetzen mußte. Und in den nächsten Tagen würden weitere Besprechungen erforderlich sein, denn der Erbbesitz der Ashburtons ging zwar automatisch an Michael über, aber sein beträchtliches Privatvermögen sollte in erster Linie Rosalind und ihrer Familie zugute kommen. Sterben war eine komplizierte Angelegenheit...
Immerhin hatte er die Tortur für heute überstanden und konnte zu seiner Frau zurückkehren, in deren Nähe er seine chronischen Magenschmerzen und seine Müdigkeit vergaß. Sobald er Ashburton House betrat, übergab er Hut und Mantel einem Lakaien und wollte sich auf die Suche nach Rosalind machen.
Doch bevor er dazu kam, klopfte es an der Tür, und der Diener ließ die Gräfin von Herrington ein. Stephen hätte die Begegnung mit seiner Schwester gern noch etwas hinausgeschoben, fand sich aber sehr schnell mit der Situation ab und begrüßte sie mit einem herzlichen Lächeln. »Guten Tag, Claudia. «
Wie immer perfekt gekleidet und frisiert, erklärte sie ihr unerwartetes Auftauchen, während sie ihn flüchtig auf die Wange küßte. »Ich freue mich, daß du endlich wieder nach London gekommen bist, denn in deiner abgeschiedenen Abtei kannst du keine standesgemäße Frau finden. Meine Zofe hat mir allerdings heute morgen eine unglaubliche Geschichte erzählt. Sie will von ihrer Kusine, die in einem der
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