Fallen Angel 07 Tanz der Rose
zu begrüßen.
Während Lord Cassell sich Rosalind vorstellte, reichte seine Gemahlin, eine große elegante Frau in den Fünfzigern, Stephen die Hand. »Ashburton, ich freue mich, daß Sie kommen konnten, denn ich sterbe vor Neugier, die neue Herzogin kennenzulernen. Alle reden über ihren Charme und ihre Schönheit. «
»Jedes Wort davon entspricht der Wahrheit. « Stephen küßte ihre Hand. »Entschuldigen Sie bitte unsere Verspä tung - eines der Pferde lahmte. Dürfen wir dem Konzert trotzdem lauschen? «
»Herzöge haben das Recht, zu spät zu kommen«, erwiderte die Gräfin mit trockenem Humor.
»Trotzdem macht es einen schlechten Eindruck. « Stephen drehte sich nach seiner Frau um, die über irgendeine witzige Bemerkung des Grafen lachte. »Darf ich dich mit unserer Gastgeberin bekannt machen, meine Liebe? «
Rosalind, die in einer bernsteinfarbenen Seidenrobe hinreißend aussah, lächelte strahlend. »Es ist ein Vergnügen, hier zu sein, Lady Cassell. Das Cembalo klingt einfach himmlisch. «
Die ausgestreckte Hand der Gräfin sank plötzlich hin ab, sie starrte Rosalind entgeistert an, wurde leichenblaß und fiel in Ohnmacht.
Stephen, der dicht neben ihr stand, konnte sie auffangen und verhindern, daß sie sich auf dem Marmorboden verletzte. »Anne! « rief Lord Cassell erschrocken und stürzte herbei, um seine Frau zu stützen.
Sie schlug die Lider auf. »Alles... alles in Ordnung, Roger«, flüsterte sie. »Hilf mir in die Bibliothek. Ashburton, kommen Sie bitte auch mit. « Ihr Blick schweifte zu Rosalind, wobei sie wie Espenlaub zitterte. »Und Ihre Gemahlin. «
Stephen führte die geschwächte Gräfin zusammen mit Lord Cassell in die Bibliothek, die zum Glück nicht weit von der Halle entfernt war, wo sie auf ein Sofa sank. Der Butler schenkte ein Glas Brandy ein und verließ sodann diskret den Raum.
Lady Cassell trank einen Schluck, und allmählich bekam ihr Gesicht wieder etwas Farbe. »Tut mir leid, Sie so erschreckt zu haben. « Sie schaute wieder Rosalind an. »Es ist nur... Sie sehen meiner jüngeren Schwester Sophia unglaublich ähnlich. Mein Mädchenname war Westley. Ist es möglich, daß wir miteinander verwand sind? «
Rosalind versteifte sich. »Das weiß ich nicht. Ich... ich bin ein Findelkind, das mit drei oder vier Jahren adoptiert wurde. « »Wann und wo? « fragte die Gräfin aufgeregt. Von jähem Schwindel erfaßt, nahm Rosalind hastig Platz und umklammerte die Stuhllehnen. »Ich wurde im Sommer 1794 im Londoner Hafenviertel aufgefunden. « Aus dem Salon waren die lieblichen Klänge einer Mozart-Sonate zu hören, während in der Bibliothek Totenstille herrschte.
»Mein Gott! « murmelte Lady Cassell nach längerem Schweigen. Eine Hand aufs Herz gepreßt, schaute sie zu ihrem Mann auf. »Glaubst du, daß es möglich ist? «
Rosalinds gehetzter Blick erinnerte Stephen an ein vom Fuchs in die Enge getriebenes Kaninchen. Er trat neben ihren Stuhl und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. »Erzählen Sie uns etwas über Ihre Schwester«, forderte er die Gräfin auf.
»Sophia hat einen Franzosen geheiratet - Philippe St. Cyr, Comte du Lac. Beide sind während der Schreckensherrschaft nach der Französischen Revolution ums Leben gekommen. Sie hatten eine Tochter, Marguerite, die damals etwa dreieinhalb Jahre alt war. Wir dachten, das Kind hätte jene Zeit ebenfalls nicht überlebt. « Lady Cassell beugte sich vor. »Sie sehen Sophia verblüffend ähnlich, Herzogin, nur daß Sie braune Augen haben - wie ihr Mann Philippe. Können Sie sich noch erinnern, wie Sie nach England gekommen sind? « »Nein! « Mit aschfahlem Gesicht schüttelte Rosalind heftig den Kopf. Stephen beobachtete sie besorgt, während er das wenige berichtete, was er wußte. »Sie wurde offenbar von einer älteren Frau über den Kanal gebracht, die jedoch gleich nach der Ankunft in London einem Herzschlag erlag. Rosalind schlug sich einige Wochen allein als Straßenkind durch, bis sie von einem Ehepaar namens Thomas und Maria Fitzgerald adoptiert wurde, Und ich habe vor kurzem festgestellt, daß sie im Halbschlaf Französisch versteht und spricht, obwohl sie die Sprache angeblich nie gelernt hat. «
Lady Cassell stellte ihr Brandyglas mit zittriger Hand ab. »Mrs. Standish, unsere alte Amme, bestand trotz ihrer Herzbeschwerden darauf, Sophia nach Frankreich zu begleiten, weil meine Schwester wollte, daß ihre Kinder auch Englisch lernten. « Ihre Stimme brach. »Im letzten Brief, den
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