Fallen Angel 07 Tanz der Rose
»Portia ist in dieser Hinsicht ein Naturtalent. «
Stephen nickte. »Vor eurer Vorstellung in Fletchfield, wo ich dich zum erstenmal sah, hatte ich zwei ältere Schwestern beobachtet, aus deren Unterhaltung hervorging, daß die seltenen Gelegenheiten, bei denen sie ein Theaterstück sehen konnten, ihnen Gesprächsstoff für Jahre lieferten. Den Menschen so viel Freude bescheren zu können gehört für mich zu den Dingen, auf die es wirklich ankommt. « Er warf die nächste Einladung mit einer Grimasse beiseite. »Hingegen wäre es vergeudete Zeit, einer Veranstaltung des gesellschaftlich ehrgeizigsten Mannes von ganz England beizuwohnen! «
Er überflog einen längeren Brief. »Mein Vetter Quintus in Norfolk schreibt, daß Mrs. Reese - so heißt Ellie Warden jetzt offiziell - sich mit ihrem Baby gut eingelebt hat und vom ersten Stallburschen hofiert wird. Quintus will wissen, ob ich etwas gegen eine Ehe zwischen den beiden einzuwenden hätte. «
Rosalind grinste. »Du hattest recht - dein Vetter vermutet wirklich, daß Ellie deine Geliebte war und daß das Baby dein unehelicher Sohn ist. Ich nehme an, daß du keine Einwände hast. «
»Im Gegenteil, ich freue mich für Ellie. Der Stallbursche ist ein braver Mann, und sie müßten gut miteinander auskommen. « Er öffnete die letzte Karte. »Lady Cassell veranstaltet einen Musikabend. Ich kenne sie nicht allzu gut, aber ich liebe Musik, und sie engagiert immer ausgezeichnete Leute. «
»Also ein Schaf! « entschied Rosalind. »Auch ich liebe Musik, und ein bißchen Spaß sollten wir uns sogar in der vornehmen Gesellschaft gönnen. «
Schmunzelnd legte Stephen die Karte zu den anderen angenommenen Einladungen. »Glaubst du, daß deine Eltern für einige Tage nach London kommen könnten, wenn ich ihnen eine Kutsche schicke? Bevor ich das Athenaeum kaufe, möchte ich wissen, was sie von meiner Idee halten. «
Es gefiel Rosalind, daß er die Fitzgeralds nicht einfach vor vollendete Tatsachen stellen wollte. »Zur Not kann die Truppe einige Tage ohne meine Eltern auskommen, wenn der Spielplan geändert wird. Soll ich in irgendeinem Gasthof hier in der Nähe ein Zimmer reservieren? «
Er hob die Brauen. »Werden sie sich weigern, unter meinem Dach zu wohnen? «
Nach kurzem Zögern entschied sie sich für die Wahrheit. »Sie werden dir bestimmt die Peinlichkeit ersparen wollen, zwei Schauspieler zu beherbergen. «
Stephen machte ein gequältes Gesicht. »Ich weiß, daß du mich für einen Snob hältst, aber ich wäre ein armseliger Gentleman, wenn ich mich meiner Schwiegereltern schämen würde. Außerdem freue ich mich auf Thomas und Maria. Ich habe sie in den letzten Wochen vermißt. «
»Also gut. « Rosalind war glücklich, daß London ihn nicht verändert hatte. »Wenn die Kutsche sie direkt vor Ashburton House absetzt, werden sie sich vermutlich überreden lassen, hier zu wohnen. «
Er griff nach einer Schreibfeder. »Ich werde auch mei nen Sekretär und Kammerdiener aus der Abtei nach Lon don kommen lassen. Sie wundern sich mit Sicherheit, wo ich abgeblieben bin. «
Rosalind starrte ihn verblüfft an. »Soll das heißen, daß du ihnen während der ganzen Zeit nie geschrieben hast? «
»So ist es. Ich wollte meine Ruhe haben, und ich wollte mir beweisen, daß ich auch ohne Kammerdiener zurechtkommen kann. Nachdem ich das tatsächlich geschafft habe, werde ich jetzt aber froh sein, wenn Hubble sich wieder um mich kümmert. «
Sie schüttelte lächelnd den Kopf. Verschiedene Welten...
»Grinse nicht so arrogant«, sagte Stephen streng. »Wir müssen auch für dich eine Zofe einstellen. Du wirst sie benötigen. «
Stöhnend stimmte Rosalind zu. Sie war zu allem bereit, um ihrem Kind den Weg in die vornehmsten Kreise zu ebnen. In den nächsten Wochen würde sie an Stephens Seite als Schauspielerin glänzen, wie sie es auf der Bühne nie getan hatte, und wenn er meinte, daß eine Herzogin eine Zofe brauchte, würde sie sich notgedrungen bedienen lassen.
Bald stellte sich eine gewisse Routine in ihrem Tagesablauf ein. Vormittags ging Stephen seinen Geschäften nach, die Nachmittage verbrachten sie lesend oder plaudernd zu zweit, und abends gingen sie aus. An Abwechslung fehlte es ihnen wahrlich nicht, und es war wirklich so, wie Rosalind ihrem Mann am Tag nach der Hochzeit prophezeit hatte: Sie kosteten nur die Sahne des Ehelebens. Sozusagen verlängerte Flitterwochen, die sie mit leichter Wehmut genossen, weil sie wußten, daß die Zeit
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