Fallen Angels 01 - Die Ankunft
hier bin. Und jetzt seien Sie nett zu Devina und schlafen Sie mal ein bisschen, ehe Sie noch zusammenklappen.«
Vin schüttelte nur den Kopf. »Fahren Sie vorsichtig.«
»Werd ich machen.«
Der Pick-up fuhr los, und Vin stieg die Stufen zur Lobby hoch. Mit einer Chipkarte öffnete er die Tür und betrat den roten Marmorfußboden. Der ältere Wachmann, der für die Nachtschicht zuständig war, blickte auf, sah Vins Gesicht und ließ seinen Stift fallen.
Die Schwellung hatte offensichtlich eingesetzt. Was auch erklären würde, warum eins von Vins Augen nicht mehr vernünftig blinzeln konnte.
»Mr diPietro … hatten Sie …«
»Ich wünsche eine ruhige Nacht«, sagte Vin, ohne stehen zu bleiben.
»Äh … Danke.«
Auf dem Weg nach oben konnte Vin sich ein ziemlich gutes Bild davon machen, warum der Wachmann seinen Stift verloren hatte. In den getönten Spiegeln des Aufzugs betrachtete er seine ramponierte Nase, den Kratzer auf der Wange und die Vorstufe eines blauen Auges, das er am nächsten Morgen ganz sicher haben würde.
Schlagartig begann sein ganzes Gesicht im Rhythmus seines Herzschlags zu pochen.
Er fragte sich, ob es das auch getan hätte, wenn er sich nicht im Spiegel betrachtet hätte.
Oben im siebenundzwanzigsten Stock stieg er aus dem Lift und zog den Haustürschlüssel aus der Tasche. Während er sich am Schloss zu schaffen machte, schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass nicht nur dieser College-Bubi, sondern auch sein Leben heute ein paar Schläge eingesteckt hatte. Alles fühlte sich schief an. Irgendwie ausgerenkt.
Hoffentlich wurde das jetzt nicht zur Gewohnheit.
Endlich bekam er die Tür auf, horchte kurz und spürte plötzlich eine Welle der Erschöpfung. Die Alarmanlage musste nicht deaktiviert werden, und von oben hörte er das Murmeln des Fernsehers. Sie war zu Hause. Wartete auf ihn.
Er machte die Tür hinter sich zu, drehte den Schlüssel im Schloss herum und ließ sich gegen die Wand sinken. Als er sich endlich dazu durchringen konnte, wandte er den Kopf der Treppe zu und sah das blaue Flimmern des Fernsehers über die seidenbezogenen Wände flackern.
Klang wie ein alter Film mit Ginger Rogers und Fred Astaire, oder irgend so einem hufeschwingenden Pärchen.
Dann musste er jetzt wohl nach oben gehen.
Aus dem Schlafzimmer drang der Sound der vierziger Jahre, und Vin stellte sich Devina auf dem Bett sitzend vor, in einem ihrer dünnen Chiffonnachthemden. Wenn er durch die Tür träte, würde sie sich zu Tode erschrecken und ihn umsorgen wollen - und sie würde sich für ihren Abgang aus dem Club entschuldigen, und zwar auf dieselbe Art und Weise wie für den vorhergehenden Abend, als sie nicht zu erreichen gewesen war.
Zumindest würde sie das versuchen. Er hatte heute allerdings keine Lust auf Sex.
Zumindest … nicht mit ihr.
»Shit«, murmelte er.
Zur Hölle mit ihm, aber er wollte zurück in diese Disco fahren - nicht, um Marie-Tereses Meinung von sich zu reparieren. Sondern um fünfhundert Dollar auf den Tisch zu legen und sich ein bisschen Zeit mit ihr zu erkaufen. Er wollte sie küssen und sanft gegen eine Wand drücken und mit den Händen über die Innenseiten ihrer Schenkel streicheln. Er wollte seine Zunge in ihrem Mund und seine Brust auf ihren Brüsten spüren, und er wollte sie keuchend und feucht. Er wollte sie nehmen dürfen.
Bei der Vorstellung wurde er sofort steif, was aber nicht lange vorhielt. Weder die heißen Bilder noch die Erektion.
Was dem Wunschtraum den Garaus machte, war die Erinnerung an sie in dieser übergroßen Jacke. Sie hatte so klein ausgesehen. So … zerbrechlich. Nicht wie ein Gegenstand, den man kaufen konnte, sondern wie eine Frau in einem brutalen Geschäft, die ihren Körper gegen Geld einsetzte.
Nein, auf diese Art wollte er nicht mit ihr zusammen sein.
Als ihn die nackte Erkenntnis, womit genau sie ihren Lebensunterhalt verdiente, wie ein Schlag traf, dachte Vin: Natürlich ist sie in Gefahr . Allein schon was heute Abend passiert war. Männern konnte man einfach nicht trauen, wenn ihr Unterleib im Spiel war, und er selbst hatte sich auch dieses schwanzgesteuerten Denkens schuldig gemacht. Gerade eben zum Beispiel.
Er brauchte dringend etwas zu trinken und ging zur Wohnzimmerbar. Devina hatte das Licht ausgemacht, aber der Elektrokamin brannte, und die unechten Flammen züngelten über die goldenen Wände, verliehen ihnen etwas Flüssiges und ließen die Schatten zucken, als verfolgten sie seine Schritte durch den
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