Fallen Angels 02 - Der Dämon
mit Fäusten und Messern war er schon ein paarmal bearbeitet worden. Selbst ein oder zwei Kugeln waren dabei gewesen. Aber Sissy ...
Er schaffte es kaum noch rechtzeitig aufs Klo.
Unter Krämpfen würgte er, bis ihm vor Anstrengung die Augen tränten, es kam aber nur Galle.
Verdammt, Sissy hatte ihn so gesehen. Sexuell missbraucht, blutig, verprügelt ...
Noch mehr Würgen.
Er konnte nicht genau sagen, wann Adrian ins Bad gekommen war, denn Runde drei über der Schüssel kündigte sich fröhlich an, als ihm plötzlich einfiel, dass er gar nicht wusste, ob Sissy vor dem sicher war, was mit ihm gemacht worden war. Immerhin war sie eine Gefangene. Sie saß in diesem Drecksloch fest. Und Devina hatte reichlich Kreaturen, die männerähnlich waren.
»Hier.« Adrian reichte ihm einen kalten Waschlappen.
Jim konnte sich das Gesicht nicht abwischen, weil es zu sehr wehtat, also tupfte er nur und empfand die kühle Feuchtigkeit auf seinen glühenden Wangen und brennenden Lippen wie Balsam.
Als er den Kopf sinken ließ, stellte er fest, dass er frische Blutspuren auf den cremefarbenen Fliesen hinterlassen hatte, weil die Wunden an seinen Knien sich wieder geöffnet hatten.
Oh ja, unsterblich bedeutete nicht gleich konserviert; so viel war mal sicher.
Jetzt setzte Adrian sich neben ihn, sein Gesicht war viel zu bleich. »Soll ich dich unter die Dusche stellen? Mir hilft das immer, wenn sie ...«
Ihre Blicke begegneten sich, von Überlebendem zu Überlebendem.
»Ach, Scheiße ...« Jims Stimme klang rau, und seine Kehle fühlte sich an, als wäre sie mit einer Drahtbürste geputzt worden. »Sie hat mich so gesehen. Sissy ... sie hat das hier gesehen.«
Er konnte nicht fassen, dass er es ausgesprochen hatte, aber es für sich zu behalten war einfach ein Ding der Unmöglichkeit.
Länger allerdings konnte Jim den Blickkontakt nicht aufrechterhalten; er kniff die Augen zu und lehnte sich an die Badewanne. Während das Wasser hinter ihm in der Dusche wie liegen herabfiel und der harte Fußboden seinen Hintern malträtierte, flüsterte er: »Sie hat mich zerstört gesehen.«
Das war das Letzte, was er sagte, ehe er das Bewusstsein verlor.
Siebenunddreißig
Man würde nicht glauben, dass einem ein Haus von fünfhundertfünfzig Quadratmetern Fläche auf drei Etagen - vier, wenn man den Keller mitzählte - eng wie eine Schuhschachtel vorkommen könnte.
Aber als der Vormittag sich in die Länge zog und allmählich in den Mittag überging, hatte Grier das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen ... oder auch nur einen ungestörten Moment mit Isaac. Ihr Vater mit seinen Luchsaugen tigerte durch die Gegend und schien jeden Raum auszufüllen, selbst wenn er gerade gar nicht da war. Und Isaac war kein bisschen besser: Unentwegt auf den Beinen, linste er durch Fensterscheiben, stapfte vom Flur in die Küche und zurück.
Gegen zwei Uhr hielt sie es nicht mehr länger aus und ging ihren Schlafzimmerschrank aufräumen. Was lächerlich war, weil er sowieso schon picobello war - doch dem konnte schnell abgeholfen werden.
Nachdem sie eine Dreihundertsechziggraddrehung inmitten der nach Gattung sortierten Klamotten vollführt hatte, nahm sie jede einzelne Bluse, jeden Rock, jedes Kleid, jedes Kostüm und jede Hose vom Bügel und warf sie auf einen Haufen auf den Boden. Vorgeblich ordnete sie ihre Sachen neu; in Wirklichkeit brauchte sie eine Unordnung, die sie beseitigen und dadurch eine Spur von Kontrolle empfinden konnte.
Bügel um Bügel, Kleidungsstück für Kleidungsstück machte sie sich ans Werk.
Mein Gott ... lsaac.
Wenn sie unten in der Küche neben der Kaffeemaschine richtig gehört hatte ... dann hatte er gesagt, er liebe sie.
Jetzt komm schon ... natürlich hatte sie richtig gehört. Und seine unglaublichen Augen hatten bestätigt, was ihre Ohren Mühe gehabt hatten, zu verarbeiten.
Natürlich gab es diverse Abers, die die Anwältin in ihr darlegen wollte. Der Frau hinter der Strafverteidigerin aber war das völlig schnurz: Sie empfand etwas ähnlich Starkes.
Selbstverständlich riet ihr der Verstand, den Emotionen auf beiden Seiten nicht zu trauen, wies darauf hin, dass das alles etwas mit den Umständen, der Dramatik, der Anspannung, dem Sex zu tun hatte - du lieber Himmel, der Sex. Doch Griers Herz hatte eine ganz andere Theorie. Sie hatte den Funken zwischen ihnen sofort gespürt, bei ihrer allerersten Begegnung, und seine Entscheidung, auszupacken und im Hinblick auf seinen grundverdorbenen, gefährlichen Chef
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