Fallen Angels 03 - Der Rebell
nicht.« Und das war die Wahrheit. Denn sie hatte natürlich nicht ganz unrecht. »Hey, äh … der Obduk tionsbericht über Sissy Barten ist da. Den musst du dir ansehen.«
»Gut.« Handtasche beiseitegelegt. Mantel aus. »Irgendetwas Überraschendes?«
»An dem Fall ist alles überraschend.« Veck warf ihr einen Seitenblick zu. »Und ich will mit Kroner sprechen.«
Sie sah ihm direkt in die Augen. »Dafür kriegst du niemals die Genehmigung.«
»Ich hatte nicht vor, darum zu bitten.«
Reilly fluchte innerlich. So hatte sie sich ihre Begrüßung eigentlich nicht vorgestellt. Nachdem Veck gefahren war, hatte sie lange geduscht, alles rasiert, was ihr vor die Klinge kam, und sich dann kopfüber in ihre neue Victoria’s-Secret-Sammlung gestürzt.
Die schwarz-rote Unterwäsche, die sie jetzt trug, erinnerte sie an jedes mit Veck ausgetauschte Lecken, Saugen und Streicheln – und weckte in ihr die Lust auf Nachschlag, und zwar so bald wie möglich. Also war ihr Plan an sich gewesen, ins Büro zu kommen, sich ganz professionell zu verhalten und ihm irgendwie diskret einen Wink zu geben, was sie unter ihren Sachen trug.
Stattdessen war sie mitten in einen Autoritätskonflikt geraten.
Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. »Einfach kopflos draufloszustürmen ist auch keine Lösung. Und falls du die Absicht hast, das durchzuziehen, bringst du mich in eine unmögliche Lage.«
»Sissy Barten ist das, was hier wichtig ist. Keine bürokratischen Regeln. Ich wurde an dem Abend bei dem Motel von dem Fall Kroner abgezogen – weißt du noch? Du selbst hast es angeordnet.« Er setzte sich vor. »Kroner aber hat Sissy nicht umgebracht, und das weißt du genauso gut wie ich. Serienmörder ändern ihren Stil nicht – manchmal werden sie schlampig oder brechen vorher ab, wenn sie gestört werden. Aber jemand, der sich bisher Trophäen seiner Opfer mitgenommen hat, ritzt nicht plötzlich Symbole in seine Haut oder blutet es aus. Was ich herausfinden muss, ist, woher dieser Mann wusste, dass die Leiche im Steinbruch liegt, und warum sich dieser beschissene Ohrring in seiner Sammlung befand. Wir übersehen hier irgendetwas.«
Dagegen konnte sie kaum etwas einwenden; nur seine Methode war das Problem. »Die Fragen könnte ihm jemand anderes stellen.«
»Du?«
»Ja.«
In der folgenden Stille dachte Reilly: Tja, wenigstens hatten sie eine harmonische Nacht und den Morgen danach zusammen gehabt. Schade, dass es nicht lange vorgehalten hatte. Er würde sich ihr in dieser Sache widersetzen, und sie würde sauer werden, und dann wäre alles, was sie vor und nach dieser blöden Pizza erlebt hatten, für den …
»In Ordnung«, sagte er. Als Reilly zurückzuckte, presste er die Lippen zusammen. »Du brauchst gar nicht so überrascht zu schauen. Aber nimm dieses Mal Bails mit. Oder de la Cruz. Die Vorstellung, dass du mit diesem Mann allein bist, selbst wenn er in einem Krankenhausbett liegt und du gut schießen kannst, bereitet mir Kopfschmerzen.«
Mein Gott, am liebsten hätte sie sein Gesicht zwischen ihre Hände geklemmt und ihn geküsst, weil er so vernünftig war.
Doch sie lächelte nur und holte ihr Handy aus der Tasche. »Ich rufe sofort de la Cruz an.«
Noch während des Telefonats öffnete sie ihre E-Mails – und verlor völlig den Gesprächsfaden. Veck hatte ihr eine Nachricht geschickt, und sie klickte sie an, während sie durch die Leitung auf den neuesten Stand in Sachen Kroner gebracht wurde.
Da standen nur drei Worte: Ich liebe dich .
Sie riss den Kopf herum. Aber Veck war schwer mit seinem Computer beschäftigt.
»Hallo?«, fragte de la Cruz.
»Entschuldigung. Was?«
»Gehen Sie doch mit Bails zusammen.«
»Ist gut.« Sie ließ Veck nicht aus den Augen, während er auf seinen Bildschirm starrte. »Von mir aus können wir jederzeit los.«
Es wurden noch andere Dinge gesagt, aber sie hatte keinen Schimmer, was. Und als sie auflegte, wusste sie nichts zu sagen. Da stand kein Ich glaube vor dem Ich liebe dich . Kein albernes Foto von einer Katze und einem Hund mit computergenerierter Zuneigung in den Augen. Keine sonstige Möglichkeit, den Satz falsch zu deuten.
»Ich wollte nur, dass du Bescheid weißt«, sagte Veck halblaut.
Es war keine bewusste Entscheidung, auf Antworten zu drücken oder die Finger über die Tastatur fliegen zu lassen. Es passierte einfach …
»Was ist hier los?«
Mit einem schnellen Klick schloss Reilly die Bildschirmmaske und schwenkte den Bürostuhl herum. Vor ihr stand Bails,
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