Fallen Angels 03 - Der Rebell
Körper warf zwei Schatten. Zwei separate und ausgeprägte Schatten, einer zeigte nach Norden, einer nach Süden.
Der sichtbare Beweis für das, was er immer schon gespürt hatte – dass er aus zwei Hälften bestand, die auseinanderklafften, die ihn in gegensätzliche Richtungen zogen.
Achte auf deine Füße, Thomas DelVecchio … und dann melde dich bei mir, wenn du genug Angst bekommen hast.
Als Jim Herons Stimme ihm durch den Kopf schoss, musste er an Reilly denken. Er war so sicher gewesen, dass er sie vor jedem, der ihr Übles wollte, beschützen konnte, so verflucht sicher, dass er das sein konnte, was sie brauchte. Aber diese ganze Dicke-Hose-Nummer galt nicht für den Quatsch hier. Er verstand es ja selbst nicht; wie zum Teufel sollte er es also für sie bekämpfen?
Und Reilly war in Gefahr. Sonst hätte sie nicht vorgestern die gesamte Nacht mit einer Waffe in der Hand auf dem Stuhl in der Ecke ihres Büros gesessen.
Ich bin der Einzige, der dir helfen kann.
Heron hätte ihnen beiden längst etwas tun können, wenn er gewollt hätte. Doch er hatte ihnen im Steinbruch nur die richtige Richtung gewiesen … und war verschwunden.
Sobald die Entscheidung getroffen war, stürzte sich Veck geradezu auf sein Handy. Wegen der Anzeige, die er ursprünglich erstatten wollte, hatte er Herons Nummer in seinen Kontakten gespeichert, und als er sie jetzt wählte, betete er, dass der Mann, der keine Fußabdrücke hinterließ, den Hörer abheben würde … und ihm erklärte, was da zu seinen eigenen Füßen lag.
Das laute Klingeln eines Telefons hinter ihm schreckte ihn auf.
Jim Heron stand etwa einen Meter von ihm entfernt, als wäre er schon die ganze Zeit da gewesen – was wohl auch der Fall war.
Veck kniff die Augen zusammen und musterte den Mann eingehend. Er wirkte durchaus massiv in seiner Lederjacke und der Tarnhose. Und als er den Rauch seiner Zigarette ausstieß, wehte dieser herüber und kitzelte Vecks Schmachter.
Aber er war nicht real, oder?
Mit heftig pochendem Herzen drückte Veck auf Auflegen , und das Geräusch in Jims Brusttasche verstummte.
»Die Zeit wird knapp«, sagte der Kerl.
Und das erinnerte Veck an seinen Vater. Dieser Brief. Der Sand in der Sanduhr verrann, je näher die Hinrichtung rückte.
Sie stand kurz bevor.
Das war es, dachte er. Alles, seine gesamte Existenz hatte auf das hier zugeführt … was auch immer es war.
Als Veck dem Mann in die Augen sah, fühlte er sich, als wäre der Film seines Lebens die ganze Zeit unscharf gewesen, ohne dass er es auch nur bemerkt hätte. Der Kameramann aber war endlich aufgewacht und hatte seine Ausrüstung in den Griff gekriegt … und jetzt war es eine völlig neue Welt.
Vor allem da das schwindende Tageslicht von hinten auf Jim Heron fiel … und zu seinen Füßen nichts zu sehen war. Kein Schatten.
»Was zum Henker bist du?«, wollte Veck wissen.
»Ich bin hier, um dir den Arsch zu retten, das bin ich.« Der Kerl zog an seiner Zigarette und atmete langsam aus. »Bist du jetzt bereit, mit mir zu sprechen?«
Veck betrachtete seine zwei Umrisse auf dem Boden, beide in der Form seines Körpers. »Ja. Bin ich.«
Reilly saß am Steuer ihres Dienstwagens, als sie mit Bails zusammen ins St. Francis Hospital fuhr. Der Polizist neben ihr war still, während sie sich durch den dichten Verkehr schlängelte, an roten Ampeln stehen blieb und dann auf eine Umleitung traf, die sie in die völlig falsche Richtung führte.
»Man könnte ja fast glauben, jemand will nicht, dass wir mit Kroner sprechen«, murmelte sie.
Bails drehte nicht mal den Kopf. »Jupp.«
Weiteres Schweigen folgte. Sie war schon kurz davor, ihn aufzufordern, endlich alles rauszulassen: Diese Art von Anspannung konnte sie echt nicht gebrauchen, wenn sie beide bei diesem Killer waren.
Doch Bails sprach zuerst. »Tut mir leid, dass ich so stumm bin. Ich weiß nur einfach nicht, was ich machen soll.«
»Weswegen?« Sie warf ihm einen schnellen Blick zu. Der Mann trommelte mit den Fingern an die Autotür und starrte durch die Windschutzscheibe, als suchte er in dem Glas nach Antworten.
»Ich weiß, dass Sie meine E-Mail gelesen haben«, sagte sie nach einer Weile.
»Wenn das nur das große Problem wäre.« Als sie ihn erneut kurz ansah, zuckte er die Achseln. »Sie wissen, dass Veck und ich befreundet sind, oder?«
»Ja.«
»Und Sie wissen, dass ich immer zu hundert Prozent hinter ihm stand. Bis in den Tod. Er ist mein Junge.«
Als er sich mit der Faust aufs Herz
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