Fallen Angels 03 - Der Rebell
keinen Sprung in der Schüssel.
Was für eine Erleichterung.
Vor der Abfahrt aus Caldwell hatte Veck im Gefängnis ange rufen – nicht unter der Nummer, die sein Vater ihm geschrieben hatte, sondern unter einer allgemeinen – und sich angekündigt. Zwar war jetzt überhaupt keine Besuchszeit, aber in Anbetracht seines Berufs und des Umstands, dass sein Vater im Laufe der kommenden achtundvierzig Stunden hingerichtet werden wür de, kam man ihm entgegen. Mit Sicherheit war da außerdem noch der Neugierfaktor, da machte Veck sich nichts vor: In Windeseile würde dieser Besuch am Totenbett überall Erwähnung finden … im Internet, im Fernsehen, im Radio.
Und wahrscheinlich wäre das Netz informiert, ehe er im Anschluss an seinen Besuch auch nur die Staatsgrenze Richtung New York überquert hätte.
Und sieh mal einer an.
Als er in die Auffahrt bog, die zu den hohen Gefängnis mauern führte, war zu beiden Seiten auf der Wiese eine kleine Armee versammelt.
Die Fans seines Vaters.
Es waren mindestens hundert, obwohl es schon acht Uhr abends war und stockdunkel und kalt. Allerdings waren sie gut vorbereitet, trugen Taschenlampen und Kerzen sowie Plakate mit Protestbekundungen gegen die Hinrichtung bei sich. Und sobald sie sein Fahrzeug entdeckten, rannten sie zum Straßenrand, riefen und brüllten, und der Lärm prallte gegen den Wagen, obwohl sie gar nicht so nah herankamen.
Offensichtlich waren sie geschult im zivilen Ungehorsam, trotz ihres Sex-Pistols-Klamottenstils und ihres fanatischen Auftretens. Niemand blockierte oder berührte sein Auto, und er ging nur vom Gas, weil er einen Blick auf sie riskieren wollte.
Schwerer Fehler.
Einer der Männer beugte sich zu Vecks Scheibe vor und erkannte ihn offenbar: Er johlte und gestikulierte, und bei der grauenhaften Verzückung auf seiner Miene hätte Veck am liebs ten das Fenster heruntergekurbelt und dem Sack ein bisschen Verstand in den Kopf geprügelt.
Aber das wäre eine solche Verschwendung von Fingerknöcheln. Der Vollarsch hatte sich das Zeichen für Anarchie in die Stirn geritzt. Mit so einem konnte man nicht reden.
»Er ist es! Er ist es!«
Die Menge drängelte sich um den Wagen.
»Was ist nur los mit diesen Leuten?«, murmelte Veck und trat aufs Gas. Er hätte kein Problem damit, sie in Kühlerfiguren zu verwandeln, wenn es nicht anders ginge.
»Das ist ihr Werk«, sagte Jim aus der Luft.
»Wer ist ›sie‹?«
»Genau das, was wir aus dir rauszuholen versuchen.«
Leider hatte er gerade keine Zeit, darauf näher einzugehen. Er bog in den Seitenweg, der für Vollzugsbeamte reserviert war, und hielt vor dem Pförtnerhaus an. Dann ließ er sein Fenster herunter und zeigte Dienstmarke und Ausweis. »DelVecchio, Thomas – jr.«
Im Hintergrund skandierte die Menge seinen Namen – beziehungsweise den seines Vaters. Was ja dasselbe war. Wie scheißpraktisch.
Der Pförtner musterte den Ausweis und dann wieder Vecks Gesicht. In seinem Blick lag ein gewisses Misstrauen, bestimmt hatte er in der letzten Woche hier die Stellung gegen diese Irren da draußen gehalten.
Trotz allem drückte er den Knopf für das Tor, und die Eisenstangen rollten zurück. »Halten Sie bitte an, sobald sie durch sind. Ich muss Ihren Wagen durchsuchen.«
»Kein Problem.« Gute Idee, das nicht draußen zu veranstalten. Wer wusste schon, wie lange die Bande dort hinter ihm sich noch zurückhalten würde.
Veck folgte der Anweisung, rollte aufs Gelände und stieg auf die Bremse, sobald die hintere Stoßstange jenseits der ersten Schranke war. Beim Aussteigen nahm er Herons Packung Zigaretten an sich und zündete sich eine an, während das Tor sich schloss und der Beamte mit einer Taschenlampe herumkroch.
Er wusste, dass die Engel nicht weit weg waren; er spürte sie in seiner Nähe, und er war froh, dass sie ihm Rückendeckung gaben – besonders, als er durch das Eisengitter die zusammengerotteten Verrückten betrachtete. Genau wegen der Energie dieser kranken Spinner war er froh über das Eisen, das sie von ihm trennte.
»Sie können weiterfahren«, erklärte der Pförtner jetzt etwas weniger abweisend. »Nehmen Sie die erste Abbiegung links und parken Sie vor der Tür für Sicherheitsmaßnahmen. Dort erwartet Sie ein Wärter.«
»Danke, Mann.«
»Im Gebäude ist Rauchen verboten. Insofern lassen Sie sich vielleicht lieber Zeit.«
»Guter Tipp.«
Zurück in den Pick-up. Kurze Pause am zweiten Tor. Und dann waren sie auf dem eigentlichen
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